Marktberichte

Kalte Windstöße am Aktienmarkt Dax schließt mit vollen Segeln

Fröhlich und unbeschwert rauscht der deutsche Aktienmarkt in den Feierabend: Wen kümmern die Schrecken der Tiefe, wenn die Winde so prächtig durchstehen?

Fröhlich und unbeschwert rauscht der deutsche Aktienmarkt in den Feierabend: Wen kümmern die Schrecken der Tiefe, wenn die Winde so prächtig durchstehen?

(Foto: picture alliance / dpa)

Die freudige Rekordstimmung bleibt den Anlegern am deutschen Aktienmarkt erhalten: Nach einem windigen Handelstag mit mehreren Ausflügen in die Verlustzone lässt sich der Dax mit Rückenwind aus den USA weiter in Richtung Allzeithoch tragen.

Unterkühlte Konjunktursignale aus Europa und den USA haben die Rekordjagd am deutschen Aktienmarkt zur Wochenmitte ins Stottern gebracht: Nach einem freundlichen Start und einem neuen Allzeithoch aus dem frühen Verlauf bei 8368,06 Zählern bewegte sich der Leitindex über weite Strecken in einer engen Spanne. Am Abend ging der Dax dann allerdings mit leichtem Rückenwind von der Wall Street mit einem Plus von 0,28 Prozent bei 8362,42 Punkten aus dem Handel.

Der MDax hielt sich ebenfalls in Rekordhöhe und übersprang erstmals die Marke von 14.000 Punkten. Mit plus 0,60 Prozent bei 14.055,53 Punkten ging er mit sicherem Abstand zu dieser historisch hohen Kursmarke in den wohlverdienten Feierabend. Der TecDax gewann 0,41 Prozent auf 966,69 Punkte und schloss damit immerhin auf dem höchsten Stand seit Dezember 2007.

Insgesamt schienen Anleger den überraschen schwachen BIP-Daten aus dem Euroraum trotzen zu wollen. Die Details zum Wirtschaftswachstum in Ländern wie Deutschland, Frankreich, Italien und der Eurozone insgesamt hätten kaum etwas an der positiven Grundstimmung geändert, hieß es. Viele Investoren glaubten offenbar, dass die Europäische Zentralbank nun weitere Konjunkturstimuli erwägen könnte.

Auch die gemischt ausgefallenen US-Konjunkturdaten rückten im Handelsverlauf in den Hintergrund. "All diese Daten interessieren aktuell nicht wirklich und weiterhin geht es nur darum, dass billiges Notenbankgeld in den Markt strömt und Anlagemöglichkeit sucht", sagte Händler Thorsten Engelmann von der Equinet Bank.

Auf Unternehmensseite neigt sich Quartalsberichtssaison ihrem Ende zu: Im Dax berichteten Thyssenkrupp und RWE über ihr abgelaufenes Jahresviertel. Nach Kursgewinnen von zeitweise mehr als 5 Prozent gingen die Papiere von ThyssenKrupp mit minus 1,69 Prozent aus dem Handel. Die Zahlen zum zweiten Geschäftsquartal waren zwar gut aufgenommen worden, doch Aussagen des Industriekonzerns am Nachmittag über eine mögliche Kapitalerhöhung in den kommenden sechs bis neun Monaten lösten Schrecken aus.

Die Aktien des Energieversorgers RWE litten unter schrumpfenden Gewinnen und sanken um 0,74 Prozent. Analysten sprachen von einem insgesamt guten Quartalsbericht, verwiesen aber gleichzeitig auf Unsicherheiten mit Blick auf 2014.

Im Blick der Anleger standen erneut auch die Aktien der Commerzbank, die seit dem Morgen ex Bezugsrecht gehandelt werden. Bis Börsenschluss kosteten die Titel 7,792 Euro und die Bezugsrechte 3,15 Euro. Angesichts dieser Kurse ergibt sich in der Summe von Aktie und Bezugsrecht somit ein rechnerisches Plus von rund 17,5 Prozent.

Händler begründete die kräftigen Aufschläge damit, dass die Platzierung der Commerzbank-Papieren durch den Bankenrettungsfonds Soffin gut gelaufen sei und Leerverkäufer, die keine Stücke mehr erhalten hätten, sich mit Aktien hätten eindecken müssen. Zudem äußerte sich Merrill Lynch positiv zur Aktie.

Im MDax sprangen die Anteilsscheine von Tui mit einem Aufschlag von 4 Prozent an die Index-Spitze. Vor allem die mittelfristigen Unternehmensziele wurden am Markt positiv aufgenommen. Die Papiere des Windkraftanlagen-Herstellers Nordex büßten trotz eines guten Jahresauftakts 8,63 Prozent ein. Börsianer verwiesen auf die sehr starke Kursentwicklung seit Jahresbeginn um rund 120 Prozent.

Der Eurostoxx50 stieg um 0,50 Prozent auf 2809,58 Punkte. In London und Paris legten die Börsen ebenfalls zu. Auch in den USA zeigten sich die Börsen freundlich und die Rekordjagd im Leitindex Dow Jones Industrial und dem marktbreiten S&P 500 setzte sich fort.

Am deutschen Rentenmarkt verharrte die Umlaufrendite börsennotierter Bundeswertpapiere weiter bei 1,11 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,03 Prozent auf 134,90 Punkte. Der Bund Future stieg um 0,24 Prozent auf 144,68 Punkte. Der Kurs des Euro sank. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,2864 (Dienstag: 1,2977) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,7774 (0,7706) Euro.

Angesichts der schwachen Konjunkturdaten markierte der Euro-Kurs im Handelsverlauf ein Sechs-Wochen-Tief bei 1,2842 Dollar. Da zudem der Dollar auch gegenüber anderen Währungen zulegen konnte, gerieten die Preise an den Rohstoffmärkten ebenfalls ins Rutschen: Kupfer verbilligte sich um 0,7 Prozent, Brent-Öl um 0,6 Prozent. Der Preis für Gold markierte mit einem Abschlag von 2,1 Prozent bei 1395 Dollar pro Feinunze den niedrigsten Stand seit vier Wochen. Rohstoffe werden in der US-Devise abgerechnet und damit für Käufer aus anderen Währungsräumen weniger attraktiv, wenn der Dollar aufwertet.

Gefragt war zudem das britische Pfund: Im Vereinigten Königreich stimmte der scheidende britische Zentralbankchef Mervyn King optimistische Töne in Bezug auf die Konjunkturentwicklung an. Die Prognosen für Wachstum seien etwas höher, die für die Teuerung etwas niedriger als zuletzt angenommen, sagte King. Das Pfund Sterling kletterte auf bis zu 1,5272 Dollar und stieg auch zum Euro. King wird Anfang Juli vom aktuellen Zentralbankchef Kanadas, Mark Carney, abgelöst.

Am Vormittag noch hatten die Daten zur wirtschaftlichen Entwicklung im Euroraum zwischenzeitlich für reichlich Ernüchterung gesorgt: Die Eurozone durchlebt im ersten Quartal weiter eine Rezession. Das gemeinsame Bruttoinlandsprodukt (BIP) der 17 Euro-Länder schrumpfte im ersten Quartal um 0,2 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Das teilte die europäische Statistikbehörde Eurostat mit. Zu Jahresbeginn hat sich die Konjunktur dabei etwas erholt: Im vierten Quartal 2012 hatte das Minus noch 0,6 Prozent betragen. Seit Ende 2011 befinden sich die Länder mit Gemeinschaftswährung in der Rezession. Besonders schlecht ist die Lage in den südeuropäischen Krisenländern wie Griechenland, Spanien und Zypern.

Knapp an der Rezession vorbei

Wenige Stunden zuvor hatten BIP-Daten aus den wirtschaftsstärksten Euro-Ländern bereits leicht negative Impulse für den Aktienhandel ausgesandt: Sowohl in Deutschland wie auch in Frankreich blieb das BIP-Wachstum im ersten Quartal unter den Erwartungen. Während es in Deutschland immerhin noch ein leichtes Wachstum zu verzeichnen gab, ging das Bruttoinlandsprodukt in Frankreich abermals leicht zurück. Das erste Quartal sei wichtig für den Fortgang des Jahres, merkte Frederic Ducrozet von der Credit Agricole an. Folglich dürften die Reaktionen auf die Zahlen an den Finanzmärkten stärker sein als bei den anderen Quartalen.

Mit Blick auf die Perspektiven am deutschen Markt äußerten sich Börsianer insgesamt zuversichtlich: "Der Dax wird in einem der steilsten kurzfristigen Aufwärtstrends seiner Geschichte gehandelt", sagte Michael Riesner, Marktanalyst der UBS. Trotz der überkauften Situation hält er aber einen weiteren Ausbau der Gewinne Richtung 8480 Punkte für möglich. Dieses Ziel errechne sich aus dem Rücksetzer vom März und April.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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