Wirtschaft

Comeback der Fracker Zweites US-Ölwunder bringt Opec in Nöte

Auch im von Landwirtschaft geprägten Nord Dakota bohren US-Produzenten nach Schieferöl.

Auch im von Landwirtschaft geprägten Nord Dakota bohren US-Produzenten nach Schieferöl.

(Foto: REUTERS)

In den USA sprudeln die Ölquellen wie lange nicht mehr. Dank steigender Preise und sinkender Kosten klettert die Produktion zuletzt auf den höchsten Stand seit fast 50 Jahren. Für die Opec und Russland droht ein Horrorszenario wahr zu werden.

Manchmal wiederholt sich Geschichte doch: In den USA erlebt der Öl-Boom eine Renaissance. Die dortigen Produzenten pumpen in einem derart steigenden Tempo Schieferöl und Gaskondensat aus dem Boden, dass Beobachter sich die Augen reiben. Die Internationale Energie-Agentur (IEA) spricht in ihrem aktuellen Monatsbericht zum Ölmarkt von einer "außergewöhnlichen" zweiten Wachstumswelle. Diese könnte in der Tat das erste US-Förderwunder der Jahren 2014 und 2015 in den Schatten stellen – und zu einem ernsthaften Problem für Länder wie Saudi-Arabien und Russland werden.

Zu den Fakten: Die tägliche US-Rohölproduktion stieg laut IEA im Januar um 1,3 Millionen Barrel gegenüber dem Vorjahr. Bereits im vergangenen November hatte der tägliche Gesamtausstoß laut der U.S. Energy Information Administration erstmals seit 1970 die Marke von 10 Millionen Barrel pro Tag überschritten. Nach ihrer Januar-Schätzung würde mit im Schnitt 10,2 Millionen Barrel pro Tag sogar ein neuer Rekord aufgestellt. Damit fördern die USA inzwischen so viel Erdöl wie Saudi-Arabien. Sollte das Wachstum anhalten, prophezeit die IEA, könnten die Vereinigten Staaten in diesem Jahr "auch Russland überholen und zum Weltmarktführer werden".

Das ist ärgerlich nicht nur für Russland, sondern auch für das Ölförderkartell Opec, zu dem Saudi-Arabien gehört. Eine der größten Sorgen dieser Länder ist, Marktanteile an die USA zu verlieren. Bereits im November 2014 – im Angesicht der damaligen US-Schieferöl-Revolution - hatte das Ölkartell Maßnahmen ergriffen, um seinen Marktanteil zu sichern. Damals waren die Ölpreise aufgrund des weltweiten Überangebots auf dem absteigenden Ast. Stark von ihren Öleinnahmen abhängige Opec-Länder wie Iran und Venezuela, aber auch Russland und Saudi-Arabien setzte der Preisverfall zu.

Doch statt wie üblich die Preise mit einer Produktions-Deckelung in Schach zu halten, ließ die Opec das Öl weiter sprudeln. Das Kartell verfolgte die Strategie, mit dem weiter steigenden Überangebot und den sich weltweit füllenden Öllagern den Ölpreis am Ende so weit in den Keller zu drücken, dass viele Produzenten in den USA ihre vergleichsweise kostenintensive Produktion einstellen müssen. Ein Plan, der zunächst aufging.

Dann folgte der zweite Streich: Als die US-Produktion Ende 2016 wieder spürbar gesunken war, versuchte die Opec, diesmal gemeinsam mit Russland, mit einer Drosselung der Produktion die Preise wieder in annehmbare Sphären zu treiben. Auch das gelang: Seit Anfang 2017 hielten die Opec und Russland rund 1,8 Million Barrel pro Tag zurück und die Rohölpreise kletterten in der zweiten Jahreshälfte um mehr als 50 Prozent in die Höhe.

Alles auf Anfang?

Also Problem erkannt, Problem gebannt? Mitnichten. Nach dem ganzen Hin und Her könnten die Opec und Russland nun wieder vor derselben Herausforderung stehen wie vor mehr als drei Jahren. Denn mit den zuletzt steigenden Ölpreisen wurde auch die Schieferölproduktion in den USA wieder rentabel – und dank mittlerweile kostengünstigerer Verfahren effizienter denn je.

Das könnte laut IEA sogar dazu führen, dass das weltweite Angebot noch in diesem Jahr die Nachfrage einholt. Auch die Opec selbst rechnet mit einem Gleichgewicht bei Angebot und Nachfrage, allerdings erst zum Ende des Jahres. Gleichzeitig haben die Opec und Russland ihre 2016 beschlossene Förderbremse für 2018 verlängert. Sie müssen also womöglich mit ansehen, wie die Bedarfslücke von den USA geschlossen wird – und ihnen Marktanteile verloren gehen. Zugleich dürfte der Preisanstieg der vergangenen Monate sich vorerst wieder umkehren. Das zeichnet sich zuletzt auch ab: Vergangene Woche sanken die Preise um zehn Prozent auf um die 60 Dollar je Barrel. Ende Januar hatte der Brentpreis mit über 70 Dollar noch den höchsten Stand seit Ende 2014 erreicht. Das Horrorszenario der Opec und Russland droht langsam wahr zu werden.

Quelle: ntv.de

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