Wirtschaft

Trump lässt die Märkte zittern Wie schlimm wird der Ölpreisschock?

Gasfackeln einer Ölfplattform auf den Ölfeldern von Soroush im Persischen Golf, südlich der Hauptstadt Teheran.

Gasfackeln einer Ölfplattform auf den Ölfeldern von Soroush im Persischen Golf, südlich der Hauptstadt Teheran.

(Foto: REUTERS)

Iran zählt zu den führenden Ölproduzenten. Macht Donald Trump seine Sanktionen wahr, droht die Quelle für den Weltmarkt zu versiegen. Das Spiel mit der Angst treibt den Preis Richtung 100 Dollar. Dabei gibt es wenig Grund zur Panik.

Die drohenden US-Sanktionen gegen den Iran haben den Preis für ein Barrel der Nordseesorte Brent erstmals seit 2014 auf über 80 Dollar getrieben. Das sind drei Prozent mehr als noch vor einer Woche. Droht der Welt nun der nächste Ölpreisschock?

"Ich wäre nicht überrascht, wenn die Preise für ein Barrel Öl in den kommenden Monaten 100 US-Dollar erreichen würden", heizt Total-Chef Patrick Pouyanné die Befürchtungen an. Auch die Analysten der HSH Nordbank halten einen Anstieg "auf mehr als 80 Dollar je Barrel" für wahrscheinlich. "Für kurze Zeit könnte der Ölpreis sogar auf mehr als 100 Dollar steigen", prognostizieren sie.

Noch vor einem Jahr war dieselbe Menge Öl für knapp die Hälfte zu haben. Dank günstigerer Bohrmethoden, dem sogenannten Fracking, war der Preis seit 2014 immer weiter gefallen - runter bis auf rund 30 Dollar. Die Ölschwemme ließ die Krisen der 70er Jahre vergessen. Und die Verbraucher profitierten an der Zapfsäule.

Für viele gibt es nun ein böses Erwachen. 80 Dollar pro Fass, da sind sich die Experten einig, sind ein kritischer Punkt. Total-Chef Pouyanné, die Internationale Energiebehörde IEA ebenso wie der indische Ölminister warnten diese Woche bereits vor den Folgen für die Nachfrageseite.

Indien zum Beispiel ist der drittgrößte Ölverbraucher nach den USA und China. Eine Preisexplosion würde die Finanzen des Schwellenlands schwer belasten. Hinter den Kulissen glühen angeblich bereits die Telefondrähte. Saudi-Arabien habe versichert, für ausreichende Lieferungen an Indien zu sorgen - zu angemessenen Preisen, sagte der indische Ölminister Dharmendra Pradhan der US-Finanzagentur Bloomberg.

Den Schuldigen für die Preispeitsche hat man im Weißen Haus in Washington ausgemacht. Auch der Energieminister der Vereinigten Arabischen Emirate, Suhail Al Mazrouei, ließ zuletzt wissen: Die jüngsten Ölpreisverschiebungen seien durch die Geopolitik getrieben. Iran hat seine Ausfuhren seit Beginn des Atom-Abkommens von 1,5 Millionen Fass je Tag auf zwischen 2,5 und 2,7 Millionen Fass gesteigert. Nun heißt es zurück auf den Stand vor dem Atom-Deal. Um den Preisauftrieb zu dämpfen, müsste ein Ölproduzent die Menge, die in den kommenden Monaten ausfallen könnte, kompensieren.

Trump, die brummende Weltwirtschaft und die Autofahrer

Doch niemand drängelt sich, in die Bresche zu springen. Von der Opec, mit Saudi-Arabien an der Spitze, ist keine große Hilfe zu erwarten. Genauso wenig von Russland. Die großen Ölförderer haben in den Jahren niedriger Ölpreise unter klammen Staatskassen gelitten. Sie freuen sich, dass die Einnahmen wieder sprudeln und haben keinen Grund mehr zu pumpen.

Auch die US-Frackingindustrie, die in den vergangenen Jahren für eine regelrechte Ölschwemme und niedrige Preise gesorgt hat, fällt für zusätzliche Produktionsmengen aus. Ihr fehlt es an Infrastruktur, Pipelines, Lagestätten ebenso wie an Arbeitskräften, um die Produktion weiter hochzufahren.

Und Donald Trumps Iran-Sanktionen sind nicht die einzigen Preistreiber. Die Weltkonjunktur brummt. Die Nachfrage nach Öl ist so hoch wie lange nicht. Der Preis steigt deshalb schon seit Monaten. Hinzu kommt ein relativ schwacher US-Dollar, der den Preis in den vergangenen Monaten ebenfalls kräftig angefeuert hat. Rohstoffe werden in der Regel in der US-Währung gehandelt. Ist sie schwächer, wird der Öleinkauf für diejenigen billiger, deren Heimatwährung nicht der US-Dollar ist. Für ärmere Länder wie Indien ist das ein Segen.

Alles in allem sieht es danach aus, als dürfte es für Autofahrer in den kommenden Monaten an der Zapfsäule teurer werden. Nach einer Faustregel klettert der Benzinpreis um fünf bis sechs Prozent, wenn der Ölpreis um zehn Prozent steigt. Doch eine neue Krise sieht deshalb noch lange kein Experte heraufziehen.

Opec will 80 Dollar - nicht mehr, nicht weniger

Letztlich sind alle Vorhersagen zum jetzigen Zeitpunkt viel zu vage. Politische Kehrtwenden sind bei Trump an der Tagesordnung. Bisher ist er in vielen Verhandlungen wieder zurückgerudert. Dass der US-Präsident den Iran-Deal killen würde, war absehbar, so dass der Markt einen Großteil dieser Auswirkungen bereits einpreisen konnte.

Dafür, dass der Preis nicht unbedingt viel stärker steigen dürfte, sprechen auch andere Faktoren. So erwarten Marktbeobachter zum Beispiel nicht, dass das Angebot dramatisch schrumpfen wird, wenn der Ölexport aus dem Iran sinkt. Der Gottesstaat produziert zwar zwölf Prozent des Opec und ist nach Saudi-Arabien und dem Irak drittgrößter Exporteur des Kartells. Aber die wichtigsten Abnehmerländer sind China, Indien und die Türkei. Und diese Länder dürften sich von den US-Sanktionen deutlich weniger beeindrucken lassen oder versuchen, sie zu umgehen, prognostizieren Bebachter. Unklar ist dagegen, was aus den 500.000 Fass werden wird, die der Iran täglich der EU liefert. Oder den 250.000 Fass für Südkorea und den 100.000 Fass für Japan.

Einem stabilen Ölpreis dürften sich letztlich auch Saudi-Arabien und die anderen Opec-Länder verpflichtet fühlen, heißt es am Ölmarkt. "Ich schätze, dass sie 80 Dollar je Fass sehen wollen", zitiert die US-Finanzagentur Bloomberg den Rohstoffstrategen Daniel Hynes von der Australia & New Zealand Banking Group. Offizielle Verlautbarungen bestärken den Eindruck, dass Riad nicht viel weniger, aber auch nicht deutlich mehr abkassieren will. 

Kein Engpass in Sicht

"Saudi-Arabien fühlt sich der Unterstützung stabiler Öl-Märkte zum Wohle von Produzenten und Verbrauchern sowie der Nachhaltigkeit des weltweiten Wachstums nach der Entscheidung verpflichtet", ließ bereits ein Vertreter des saudischen Energieministeriums wissen. US-Finanzminister Steven Mnuchin deutete darüber hinaus an, dass "verschiedene Gespräche" mit mehreren Parteien laufen, die einspringen könnten, wenn die Ölausfuhr Irans deutlich sinkt. Groß müsste die Quelle wie gesagt ohnehin nicht sein, um den Export des Gottesstaates auszugleichen. Ein Engpass ist also nicht absehbar. Das sollte den Preisauftrieb drosseln.

Grenzen nach oben sind dem Ölpreis auch durch die Geldpolitik gesetzt: Wenn die US-Notenbank Fed wegen der höheren Inflation die Leitzinsen schneller anhebt, würde der US-Dollar aufwerten. Das wiederum würde die Nachfrage nach dem Rohstoff drücken. Außerdem gibt es erste Anzeichen für ein Abkühlen der Weltkonjunktur. Auch das dürfte die Ölpreise deckeln.

Und sogar Trump hat kein Interesse an hohen Ölpreisen - auch wenn er sie durch seine Iran-Sanktionen befeuert. In diesem Jahr stehen Zwischenwahlen an und die "Driving Season" in den Sommerferien steht bevor. Hohe Benzinpreise dürften dem US-Präsidenten in der Wählergunst schaden.

Trump hat bereits vor Wochen wissen lassen, dass er die Versuche der Opec, den Ölpreis durch eine Deckelung der Förderquoten für sie günstig zu beeinflussen, nicht gutheißt. Saudi-Arabien hat kein Interesse, es sich in diesen politisch explosiven Zeiten im Nahen Osten mit dem US-Präsidenten zu verscherzen. Es wäre nicht das erste Mal, dass die Öl-Monarchie helfen würde, emporschnellende Ölpreise zu verhindern: Bei den Irak-Kriegen zu Beginn der neunziger Jahre und nach der Jahrtausendwende entschied der Wüstenstaat ebenfalls zugunsten höherer Interessen.

Quelle: ntv.de

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