Wirtschaft

Die Schlacht am Ölmarkt beginnt Saudis bereiten Rückkehr Irans vor

Das Soroush-Ölfeld: Ein iranisches Offshore-Ölfeld im Persischen Golf.

Das Soroush-Ölfeld: Ein iranisches Offshore-Ölfeld im Persischen Golf.

(Foto: REUTERS)

Die Öl-Schwergewichte Iran und Saudi-Arabien pumpen bald wieder um die Wette. Der Kampf um zukünftige Marktanteile hat bereits begonnen. Ihren ersten Kampf führen die Erzfeinde vom Golf um die europäische Kundschaft.

Saudi-Arabien ist nicht bekannt dafür, Konkurrenten kampflos das Feld zu überlassen. Ob der Feind Fracking oder Iran heißt, Riad verteidigt seine Marktanteile auf dem weltweiten Ölmarkt bis über die eigenen Schmerzgrenzen hinaus - über die Fördermenge und den Preis.

In wenigen Monaten wird die Europäische Union voraussichtlich die Wirtschaftssanktionen gegen den Iran aufheben. Der vermeintliche Gottesstaat darf dann sein Öl wieder ungehindert in der ganzen Welt verkaufen. Welche Folgen das für den Ölmarkt haben wird, wird unter Experten heftig diskutiert. Der Iran gehört zu den potenziell größten Ölförderern der Welt. Das Land besitzt die global viertgrößten Reserven, außerdem ist der Iran immer noch siebtgrößter Förderer - und das trotz der verhängten Wirtschafts- und Handelssanktionen.

Vermutlich wird Teheran versuchen, seine früheren Kunden in Europa zurückgewinnen. Spanien und Italien deckten bis zum Beginn der Sanktionen im Jahr 2012 volle 16 beziehungsweise 13 Prozent ihrer Öleinkäufe durch den Iran. Saudi-Arabien tut alles, um ein Wiederaufflammen dieser alten Geschäftsbeziehungen zu verhindern. Es hatte nach den Sanktionen zusammen mit anderen Staaten die Öllieferungen übernommen. Um sich die Treue der europäischen Kundschaft zu sichern, wirbt Riad jetzt mit regelrechten Kampfpreisen.

Öl zu Kampfpreisen

Iran-Sanktionen

Die Sanktionen gegen den Iran sollen im Laufe des ersten Halbjahrs 2016 gelockert werden. Die Internationale Atomaufsichtsbehörde muss dafür zunächst bestätigen, dass der Iran seinen Verpflichtungen zum Rückbau des Atomprogramms nachgekommen ist. Der "Implementation Day" wird ab Mai erwartet.

Laut "Wall Street Journal" (WSJ) senkte der staatliche Förderer Saudi-Aramco seinen Preis für die Februar-Lieferungen für europäische Mittelmeerstaaten um 0,20 Dollar, für Nordwesteuropa sogar um 0,60 Dollar pro Barrel – das ist der höchste Rabatt seit 2009. Das Land versucht die Kunden offenbar über den Preis an sich binden. Die Nachfrage aus Europa soll steigen und der saudische Anteil am Gesamtmarkt so gefestigt werden. "Die Saudis bereiten sich auf die Rückkehr Irans vor", zitiert das WSJ Mohamed Sadegh Memarian, der bis vor kurzem Chefanalyst im iranischen Ölministerium war. Saudi-Arabien ist das wirkliche Schwergewicht am Ölmarkt. Es besitzt die zweitgrößten Erdölreserven der Welt. Außerdem ist das Land der zweitgrößte Erdölproduzent und der größte Ölexporteur der Welt.

Das Königreich will offenbar mit seinem jüngsten Schachzug auch potenzielle Investoren im Iran verunsichern. Grundsätzlich kann im Iran zu den gleichen Preisen gefördert werden wie in Saudi-Arabien. Aber welcher Investor investiert in neue Quellen, wenn der Ölpreis ständig von der Konkurrenz unterboten wird? Hinzu kommt, dass der Iran nach der Aufhebung der Sanktionen ein Unsicherheitskandidat bleibt. Niemand weiß, ob die EU nicht doch wieder Sanktionen verhängt.

Die zunehmend unsichere politische Lage zwischen den beiden Erzfeinden in der Golf-Region macht Prognosen zusätzlich schwierig. Die jüngste Preisrunde folgte unmittelbar nach großen politischen Spannungen zwischen beiden Staaten. Der seit langem schwelende Konflikt zwischen dem schiitischen Iran und dem Königreich eskalierte nach der Hinrichtung eines schiitischen Geistlichen im sunnitischen Saudi-Arabien. Haid Hosseini, Präsident der iranischen Union der Öl-Exporteure, erwartet deshalb einen umso härteren Konkurrenzkampf zwischen den Ländern. Am Ziel wird es seiner Ansicht nach nichts ändern: "Der Iran wird nach Europa zurückkehren", möglicherweise durch bessere Kreditbedingungen oder durch den Tauschhandel Öl für Waren.

Iran ist ebenfalls in der Spur

Denkbar ist, dass sich der Iran auf den Preiskrieg einlassen und ebenfalls mit Niedrigpreisen um Kunden werben wird. Zumindest symbolisch hat Teheran seine Preise für Nordwesteuropa im vergangenen Jahr um 27 Prozent reduziert – und das, obwohl es gar kein Öl in die EU liefern kann.

Beobachter sehen die wachsenden Spannungen in der Region mit Besorgnis. Der Nahe Osten ist das wichtigste Fördergebiet für den Rohstoff Öl. In der Region rund um den Persischen Golf werden knapp 30 Prozent des globalen Ölangebots gefördert. Eine gemeinsame Linie der beiden Opec-Mitglieder in der Ölpolitik ist unwahrscheinlich. Die Prognosen, welchen Kurs der Ölpreis einschlagen wird, gehen deshalb weit auseinander.

Die Frage ist auch, wie lange der Iran braucht, um seine Ölproduktion hochzufahren. Schnell wird dies nicht möglich sein. Die Ölproduktion ist dramatisch eingebrochen. Das Land fördert nur noch 2,8 Millionen Barrel am Tag. Das sind gut 20 Prozent weniger als vor drei Jahren und nur noch die Hälfte dessen, was in den 70er Jahren gefördert wurde. Viele Produktions- und auch Transportanlagen liegen brach. Sie müssen instand gesetzt werden. Dabei müssten ausländische Firmen mit ihrem Knowhow helfen. Kurzfristig könnten 30 Millionen Barrel auf den Markt geschwemmt werden, heißt es. Diese Menge soll in Lagern und auf Schiffen vorhanden sein und bisher noch nicht verkauft worden sein.

Der Preis bleibt heiß

Allem Anschein nach wird das Überangebot an Öl fortbestehen – nicht nur wegen des Wettlaufs zwischen Saudi-Arabien und dem Iran, sondern auch weil andere große Anbieter wie Russland so viel Öl pumpen. Goldman Sachs prognostizierte im Dezember, der Preis könnte auf Werte von 20 Dollar je Barrel abrutschen. Gleichzeitig schwächelt aber auch die Nachfrage des Großverbrauchers China. Zudem dürften die USA in absehbarer Zeit weniger Öl auf den Weltmarkt bringen, weil die Frackingindustrie auf Dauer nicht dem Preisverfall standhalten kann. Das verringert das Angebot.

Insofern gibt es auch deutlich optimistischere Stimmen: Die Experten von Sanford C. Bernstein spekulieren, 2017 sei mit einer Unterversorgung des Marktes mit Öl zu rechnen. Für das laufende Jahr sehen sie einen durchschnittlichen Ölpreis von 50 Dollar; für 2017 sogar 70 Dollar. Im Laufe des Jahres 2018 wird ihrer Auffassung zufolge der Preis sogar auf bis zu 80 Dollar steigen. Der Ölpreis bleibt demnach eine große Wette.

Quelle: ntv.de

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