Wirtschaft

Egal, was die Opec tut Der Ölpreis kann nicht steigen

Ein Ölarbeiter der venezulanischen Staatsfirma PDVSA. Die größte Erdölgesellschaft Lateinamerikas fördert Erdöl vor allem im ölreichen Orinoco- Gürtel.

Ein Ölarbeiter der venezulanischen Staatsfirma PDVSA. Die größte Erdölgesellschaft Lateinamerikas fördert Erdöl vor allem im ölreichen Orinoco- Gürtel.

(Foto: REUTERS)

Der niedrige Ölpreis wird zu einem unlösbaren Problem für die Opec. Drosselung oder Reduzierung der Fördermenge sind für viele Mitglieder keine Option. Und selbst wenn das Ölkartell drosseln würde, hätte es ein Problem.

Die Katze ist aus dem Sack: Die Mitgliedstaaten des Ölkartells konnten sich bei ihrem Treffen in Wien nicht auf neue Obergrenzen für die Förderung einigen. Damit bleibt der Ölpreis ein Problem. Nicht für die Verbraucher, aber für die ölexportierenden Staaten, die sich jahrzehntelang auf die stetig sprudelnden Einnahmen verlassen haben. Zwar haben sich die Ölpreise etwas stabilisiert, aber auf niedrigem Niveau.

Das Opec-Treffen ging damit aus wie erwartet. Das Kartell ist tief zerstritten, jetzt muss es weiter darauf setzen, dass Angebot und Nachfrage durch die Marktkräfte allmählich in ein Gleichgewicht kommen. Das könnte noch ein langer Weg für die Länder werden. Schon im April hatten die Opec-Staaten unter dem wachsenden Druck durch den Ölpreisverfall mit Nicht-Mitgliedern - darunter Russland - versucht, die Ölfördermenge auf dem Januar-Niveau zu deckeln. Eine Einigung scheiterte jedoch vor allem an den Differenzen zwischen Saudi-Arabien und dem Iran.

Saudi-Arabien verlangte, dass ein Einfrieren der Fördermenge auch für den Iran gelten müsse. Teheran, das gerade erst wieder auf dem Ölmarkt zurückgekehrt ist, wollte sich auf solche Zugeständnisse jedoch nicht einlassen. Iran verfolgt das Ziel, seine Ölproduktion nach dem Wegfall der westlichen Sanktionen auf das Niveau anzuheben, das es vor der Verhängung der Strafmaßnahmen im Sommer 2012 hatte. Auch aus anderen Opec-Staaten sind inzwischen Stimmen gegen eine Obergrenze laut geworden. Das Opec-Mitglied Libyen signalisierte vor dem Treffen in Wien ebenfalls, dass ein Einfrieren der Öl-Produktion mit ihm nicht machbar sei.

Iran fordert individuelle Quoten

Der Iran produzierte nach eigenen Angaben im vergangenen Monat gut zwei Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) Öl am Tag. Das Ziel, die Menge auf vier Millionen Barrel am Tag zu erhöhen, werde sehr bald erreicht, heißt es. Um die Produktion hochzufahren, braucht die Islamische Republik Geld für die Modernisierung. Das heißt, das Öl wird auch so schnell wie möglich verkauft, um Liquidität für die nötigen Investitionen zu haben.

Wenn eine Deckelung mit dem Iran schon nicht möglich war, kam eine Reduzierung der Fördermenge für die Regierung in Teheran gar nicht in Frage. Das machte Ölminister Bidschan Namdar Sanganeh vor dem Treffen unmissverständlich klar: Eine Drosselung hätte "keinen Vorteil" für sein Land - genauso wenig wie für die anderen Mitglieder der Organisation. Sanganeh favorisiert die Rückkehr zu individuellen Förderquoten: Die Opec könne das Gebaren der einzelnen Staaten nur kontrollieren, wenn es individuelle Länder-Förderquoten gebe, sagte er.

Nicht nur für den Iran, auch für Saudi-Arabien ist eine Förderkürzung indiskutabel. Oberstes Ziel ist es, den alten Feind Iran zu schwächen - und nicht sich selbst. Der staatliche Öl-Konzern Aramco fördert täglich mehr als zehn Millionen Fass Öl, drei Mal so viel wie der derzeit größte börsennotierte Ölkonzern Exxon Mobil.

Die Lage der Opec-Ölförderer ist aber nicht nur wegen der alten Feindschaft zwischen dem Iran und Saudi-Arabien vertrackt. Selbst wenn sich die Mitglieder in Wien zu einer Drosselung durchgerungen hätten, hätte es ihnen nicht geholfen. Egal, wie das Kartell entscheidet, die Ölpreise können nicht steigen. Der Grund ist: Bei Preisen um 50 Dollar je Barrel erhebt der alte Widersacher in den USA das Haupt. Für viele Fracking-Unternehmen in Amerika rechnet sich auf diesem Niveau die Ölförderung wieder.

Alles auf Anfang?

Durch den Preisabsturz ist die Zahl der Bohrtürme in Amerika zwar von 1900 im Jahr 2014 auf 400 gesunken. Die Produktion ist trotz der deutlichen Reduzierung aber nur von 9,6 Millionen auf 8,8 Millionen Barrel pro Tag geschrumpft. Die Produktion könnte bei entsprechenden Preisen schnell wieder hochgefahren werden. Außerdem könnten aus 3000 Bohrlöchern, die angefangen und nicht zuende gebaut wurden, schnell zusätzliches Öl sprudeln. Die Fracking-Industrie lauert nur auf ihre nächste Chance. Je höher die Preise, desto aktiver wird die zwischenzeitlich ausgebremste junge Öl-Industrie auch wieder. Selbst eine Reduzierung der Ölfördermenge durch die Opec hätte die Ölschwemme auf dem Weltmarkt also nicht beendet. Insofern ist die Entscheidung der Opec auch keine Überraschung.

Am Ölmarkt steht auf diesem Preisniveau langsam alles wieder auf Anfang: Frackingöl- und Wüstenöl-Produzenten kämpfen um ihre Marktanteile am Ölmarkt. In der ersten Runde versuchte Saudi-Arabien, die Frackingöl-Produzenten mit hohen Förderquoten vom Markt zu fegen. Damit begann der Krieg zwischen junger und alter Ölindustrie. Steigt der Ölpreis jetzt wieder, könnte es eine zweite Runde geben. Was nun?

Saudi-Arabien hat zwar versprochen, den Markt nicht zu fluten. Beobachter befürchten aber trotzdem, dass Riad seine Förderung hochfahren könnte, um anderen Produzenten Marktanteile abzunehmen. Saudi-Arabien verfolgt mit Vehemenz seine eigenen Interessen.

Damit hat die Opec ein Problem. Niedrigere Förderquoten werden es nicht lösen. Die Interessen innerhalb des Kartells driften gefährlich weit auseinander. Den strauchelnden ölfördernden Staaten helfen keine Durchhalte-Parolen. Sie müssen sich auf eine Zukunft mit dauerhaft niedrigeren Preisen einstellen. Das Königreich Saudi-Arabien baut mit dem Programm "Vision 2030" vor, das den Staat unabhängiger von den Einnahmen aus dem Ölgeschäft machen soll. Eine Möglichkeit, für die allerdings nicht jedes Öl-Land die Ressourcen und die politischen Voraussetzungen mitbringt.

Quelle: ntv.de

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