Wirtschaft

Was steckt dahinter? Brent und WTI kosten gleich viel

Das US-Öl WTI ist günstiger als die Nordseesorte Brent. Diese jahrelang geltende Regel ist nun überholt. Über die Gründe streiten Experten - auch über die Folgen.

Erstmals seit vier Jahren liegen die Preise für die beiden wichtigsten Ölsorten der Welt gleichauf. US-Leichtöl der Sorte WTI kostet aktuell genau soviel wie das globaler gehandelte europäische Referenzöl der Sorte Brent. Während der WTI-Preis aktuell um 0,9 Prozent auf 36,44 Dollar steigt, zieht Brent um ebenfalls 0,9 Prozent auf 36,44 Dollar je Fass an. Nach den Mehrjahrestiefs beider Rohölsorten fällt die Erholung aber weiterhin bescheiden aus.

Dass WTI, das in der jüngeren Vergangenheit stets günstiger als Brent zu haben gewesen war, nun aufgeschlossen hat, wird im Handel als weiterer Beleg für eine globale Ausweitung der Ölflut gesehen. Denn den eigentlichen Ursprung der Ölschwemme lokalisieren Händler in den USA, wo der Boom der US-Schieferölindustrie zu einer Überversorgung geführt hat.

Globaler Konkurrent

Analysten führen den Umstand, dass WTI zu Brent aufgeschlossen hat, auf die Aufhebung des seit 40 Jahren bestehenden Exportverbots für US-Öl zurück. In der vergangenen Woche hatte der US-Kongress das Verbot gekippt, dass ursprünglich die Erdölreserven in den USA schützen sollte. Die Aussicht auf einen globalen Handel mit WTI stützt den Preis, während der von Brent darunter leidet. Denn mit WTI erwächst nun eine globale Konkurrenz für Nordseeöl.

Die Überversorgung des US-Marktes hält die Lagerbestände für Rohöl dort seit Monaten auf oder zumindest in der Nähe von 80-Jahreshochs. Die Kosten, um US-Rohöl per Eisenbahn von der Mitte des Kontinents zu den Raffinerien an den Küsten zu transportieren, lässt Analysten jedoch skeptisch werden. Es sei günstiger, Öl aus Westafrika zu verwenden, heißt es.

Fracking-Boom in den USA ruft Opec auf den Plan.

Fracking-Boom in den USA ruft Opec auf den Plan.

(Foto: REUTERS)

Dies betreffe letztlich auch die Exportaussichten. "Nichts von den Exportpotenzialen kann realisiert werden, solange die Zahlen nicht stimmen", sagt Energieanalyst Daniel Ang von Phillip Futures.

Es geht um nackte Politik

Ohne eine signifikante Senkung der Förderung dürfte das chronische Problem der Überversorgung weiter anhalten und die globalen Preise auch im nächsten Jahr drücken. Dies gelte umso mehr, da iranisches Rohöl in den kommenden Monaten verstärkt auf die Märkte strömen werde, heißt es weiter. Das Erdölkartell Opec pumpt seit Monaten billiges Rohöl in die Märkte, um die US-Schieferölkonkurrenz aus dem Markt zu drängen.

Einige Analysten sehen in der Parität zwischen den beiden wichtigsten Ölsorten allerdings ein Signal für eine Erholung der Ölpreise. US-Förderunternehmen dürften wegen der niedrigen Preise ihre Produktion herunterfahren, während die Nachfrage weiter stark bleibe. Der nationale Ölausstoß in den USA ist seit seinem Höchstwert im Juni kontinuierlich gesunken. Im Oktober 2011 hatte die Preisdifferenz zwischen WTI und Brent noch bei 28 US-Dollar gelegen. Die nun erlangte Parität beider Ölsorten könnte eine Wendepunkt darstellen, denn sie deute auf eine fallende US-Förderung hin, sagt Rohstoffanalyst Francisco Blanch von Bank of America-Merrill Lynch. "Das ist das erste Zeichen eines wiedergefundenen Gleichgewichts".

Allerdings glauben viele Analysten nicht an eine nachhaltige Erholung des Ölpreises. "Es ist ja nicht so, dass WTI zu Brent aufgeschlossen hat. Vielmehr ist Brent auf das Niveau von WTI gefallen", sagt Marktstratege Todd Gross von Qeri.

Quelle: ntv.de, bad/DJ

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