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"Viele verlassen sich auf ihre Männer" Wie Frauen Altersarmut vermeiden

Was nun? Szene aus der US-amerikanischen Comedy "Grace and Frankie" mit Jane Fonda und Lily Tomlin.

Was nun? Szene aus der US-amerikanischen Comedy "Grace and Frankie" mit Jane Fonda und Lily Tomlin.

(Foto: graceandfrankie/twitter)

Rückt der Ruhestand näher, müssen besonders Frauen häufig feststellen, dass sie ihre Altersvorsorge vernachlässigt haben. Doch selbst nach Scheidung, 50. Geburtstag und mit prekärem Job - sie können immer noch etwas machen.

Nichts ist so paradox wie das Alter: Keiner will alt sein, aber alle wollen so alt wie möglich werden. Um fit zu bleiben, unternehmen junge Menschen - insbesondere der weibliche Part - eine Menge: Sport, gesunde Ernährung und eine ausgewogene Work-Life-Balance waren noch nie so angesagt wie heute. Leider sorgt die gleiche Gruppe noch nicht einmal in halbwegs ähnlichem Maß finanziell für ihren zweiten Lebensabschnitt vor.

Besonders für Frauen ist das gefährlich. Trotzdem kümmern sich 30-Jährige immer noch kaum um ihre Altersvorsorge. Und wenn, dann legen sie häufig auch nur kleine Summen an. "Dabei hätten sie jetzt noch genug Zeit", sagt Renate Kewenig, Vermögensverwalterin von Frauinvest. Aber bei vielen Frauen stünden andere Themen wie Kinder und Konsum im Vordergrund.

Eine Umfrage des Hamburger Weltwirtschaftsinstituts mit dem Versicherer R+V ergab, dass 70 Prozent der Frauen gar nichts oder weniger als 50 Euro monatlich zurücklegen. Und viele würden sich immer noch auf ihre Männer verlassen, aus dem Job aussteigen oder nur Teilzeit arbeiten. Helma Sick, die mit der SPD-Politikerin Renate Schmidt das Buch "Ein Mann ist keine Altersvorsorge" geschrieben hat, bemängelt, dass es sogar einen Rückschritt gebe: "Die jungen Frauen könnten alles anders machen als die älteren Frauen. Aber sie wählen immer öfter ein Leben, das dem ihrer Mutter oder gar Großmutter gleicht."

Auch über 50 gibt es Hoffnung

Dabei ist es ein enormer Fehler, sich auf die gesetzliche Rente zu verlassen. Die Versorgungslücke ist beträchtlich und wird vermutlich nicht mehr geringer werden. Laut einem Bericht des Ministeriums für Arbeit und Soziales zur Alterssicherung aus dem Jahr 2012 liegt das Durchschnittseinkommen ab 65 Jahren bei etwa 1800 Euro. Aber: Während Männer über 128 Prozent des Durchschnittseinkommens aller Personen verfügen, haben Frauen lediglich 78 Prozent.

Doch auch wer bereits über 50 Jahre ist, braucht nicht den Kopf in den Sand zu stecken. Kewenig, deren Kunden zu einem Drittel weiblich sind und nicht mehr lange bis zum Ruhestand haben, meint, es lohne immer noch, eine Altersvorsorge aufzubauen: "Immerhin ist dann ganz klar, wie hoch die Versorgungslücke ist", sagt sie. Allerdings sei die Summe, von der die Frauen glauben, sie zu erhalten, erfahrungsgemäß nur halb so groß wie das, was sie real zu erwarten haben.

"Jede zweite Frau zwischen 50 und 60, die zu uns kommt, erzählt die gleiche Geschichte", sagt Helma Sick. Lange Ehe, frühzeitig aus dem Beruf ausgestiegen, um sich um die Familie zu kümmern. Nun hat der Mann eine Neue und kein Interesse mehr daran, die Ex-Frau abzusichern. "In der Regel haben sich diese Frauen nie um Geld gekümmert." Sick rät deshalb solchen Frauen, sich besonders bei Ehekrisen das Vermögen des Mannes anzuschauen, bevor es mit dem Gatten verschwindet.

Ein weiteres Problem der Generation 50 plus: Sie ist die erste Generation, die sich überhaupt damit beschäftigen muss. Die Rentenreform 2004/05 brachten mit dem Alterseinkünftegesetz und dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz weitreichende Einschnitte. Zwar werden die gesetzliche und betriebliche Altersvorsorge sowie Instrumenten wie die Riester-Rente steuerlich gefördert, doch die Privateinlage des Einzelnen ist zu einer bedeutenden dritten Säule geworden.

So wird die Versorgungslücke berechnet

Die Frauen, die zu Renate Kewenig kommen, haben bereits eine Ahnung davon, wie sie dastehen. "Die mit den größten Problemen kommen erst gar nicht", sagt sie. Egal, wie viele kämen, es seien derzeit definitiv zu wenige. Dabei sei es auch für Frauen mit einem geringeren Einkommen sinnvoll, sich Hilfe zu suchen. Erschwinglich ist es in der Regel auch: Die Beratungskosten starteten bei 150 Euro.

Zunächst stellt Kewenig mit ihren Kundinnen die Vermögensituation auf. Welche Ausgaben hat die Kundin jetzt und später? Mit welchen Zuwendungen kann gerechnet werden? Sind Lebensversicherungen abgeschlossen worden? Könnte da noch ein Erbe kommen? Gibt es darüber hinaus Zuverdienstmöglichkeiten? Kewenig erstellt daraus eine Einnahmen-Ausgaben-Rechnung, in die auch die prognostizierte Inflation mit einberechnet wird. "Daraus ergibt sich der fehlende Betrag und dann überlegen wir, wie er gefüllt werden kann", sagt Kewenig.

Sparen sei immer lohnend. Schon 10.000 Euro seien für einige ein Zugewinn. "Wir sind spezialisiert auf Investmentfonds", sagt Kewenig. Und erklärt auch gleich, warum: "Zinsanlagen sind Schall und Rauch, aber hinter den Fonds steht ein Sachwert. Das ist real." Bei Anleihen etwa, die ebenfalls als sichere Anlage gelten, sei dies nicht der Fall. Aber dennoch mischt Kewenig mit ihrem Team die Portfolios der Klientinnen. "Je weniger Zeit zum Sparen bleibt, umso geringer sollte etwa der Aktienanteil sein, aber 30 Prozent sind durchaus sinnvoll", sagt sie.

Quelle: ntv.de

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