Wirtschaft

Neue Anlageregulierung "Diese Aktie bitte nicht kaufen"

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(Foto: imago/Ikon Images)

Das neue Jahr startet mit einem Regulierungsdurcheinander. Die dazugehörige Richtlinie soll Anleger schützen. Herausgekommen ist ein kompliziertes Konstrukt - mit unerfreulichen Auswirkungen.

Die neue Finanzmarktrichtlinie mit dem sperrigen Namen MifFID II hat in den ersten Wochen des Jahres nicht nur Anleger, sondern auch Emittenten und Bankberater ins Schwitzen gebracht. Deutlich mehr Vorschriften als bisher sind zu beachten. Die wichtigsten Änderungen werden deutlich, wenn sie mit anderen Geschäften verglichen werden - etwa einem Apple-Store.

Man stelle sich vor, einen Apple-Store zu betreten, und direkt neben dem Eingang steht transparent aufgestellt ein Schild. Auf dem ist nicht nur der tagesaktuelle Preis eines neuen iPhones zu sehen. Detailliert aufgeschlüsselt steht dort auch die Marge des jeweiligen Storebetreibers, die Gewinnmarge von Apple und am besten noch die Marge der Lieferanten. Undenkbar, weil geschäftsschädigend? In der Tat.

Ein Konzern wie Apple würde niemals seine Margen herausgeben. Höchstens aus dem quartalsmäßigen Börsenbericht lässt sich erahnen, wie viel der Konzern an einem iPhone womöglich verdient. Was bei Tech-Konzernen undenkbar ist, ist in der Bankenwelt Wirklichkeit geworden. Die Regulierungsanordnung MiFID II, in der Eurozone in Kraft seit der ersten Januarwoche, verlangt von jedem Bankinstitut, das Finanzprodukte vertreibt, offenzulegen, welche Gebühren und Margen beim Verkauf eines Finanzproduktes anfallen. Wer in den letzten Tagen eine Order bei einem der gängigen Onlinebroker wie Degiro, Flatex oder Comdirect platziert hat, konnte feststellen, welche Auswirkungen dies nun hat.

So müssen beispielsweise die Anbieter von Zertifikaten, wie unter anderem HypoVereinsbank oder Deutsche Bank, aufzeigen, wie viel sie an einem Bonuszertifikat oder einer Aktienanleihe verdienen. Das Problem daran: Anleger können kaum einschätzen, ob die Margen bei einem Finanzprodukt angemessen, zu hoch oder zu niedrig sind. Denn die Produkte sind selten identisch, und sind damit auch durch die Angabe von Gebühren und Margen nicht miteinander zu vergleichen.

Ständige Warnhinweise

Trotzdem sind die Margen nun einzusehen, und Anleger werden das entsprechend einordnen wollen. Das ist manchmal durchaus möglich. Ein Beispiel: Die in den letzten Jahren häufig verkauften Express-Zertifikate der Sparkassen und Landesbanken bieten einen Kupon von vier oder fünf Prozent pro Jahr an, dagegen fallen gerne Gebühren in ähnlicher Größenordnung an - zu viel für ein ausgewogenes Chance-Risiko-Verhältnis.

Doch nicht immer ist es so einfach. Hinzu kommt: Mitunter bekommen erfahrene Anleger, die sich etwa mit Hebelprodukten gut auskennen, stündlich Warnhinweise, dass ihr Investment deutlich ins Minus rutschen könnte. Offenbar sind selbst einige Institute durch die neue Gesetzgebung verunsichert und wollen mit ihren Hinweisen auf Nummer sicher gehen, erreichen aber eher das Gegenteil.

Verunsichert werden Anleger schon, wenn sie eine Bankfiliale betreten. Denn je nach persönlicher Bonität, Risikoneigung, Alter und einem üppigen Fragenkatalog, darf der Bankberater unter Umständen nicht einmal dem Kauf einer einzelnen Aktie zustimmen. Da kann es schon mal passieren, dass das Investment in McDonalds, Coca Cola, Apple oder BASF mit der Begründung abgewiesen wird, das passe nicht in das persönliche Risikoumfeld.

Offensichtlich traut der Gesetzgeber Bankkunden nicht zu, eigenständig zu entscheiden, welche Aktien er kaufen will. Fest steht: Anleger, die fürs Alter vorsorgen oder einfach Aktien oder andere Wertpapiere kaufen wollen, weil sie von den Aussichten überzeugt sind, sollten sich durch MiFID II nicht beirren lassen. Die Richtlinie hilft bei der Bewertung eines Wertpapiers und beim Anlegerschutz nur bedingt.

Quelle: ntv.de

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