Wirtschaft

EZB sind die Hände gebunden Die Zinswende fällt aus

Führt die EZB: Mario Draghi.

Führt die EZB: Mario Draghi.

(Foto: imago/ZUMA Press)

Steigende Zinsen scheinen so sicher wie das Amen in der Kirche. Doch es kommt womöglich ganz anders. Anleger müssen deshalb auch das Ausbleiben der Zinswende einkalkulieren.

Für die Mehrheit der Marktteilnehmer ist es eine ausgemachte Sache: In diesem Jahr wird die Zinswende kommen. Denn die Weltwirtschaft wächst robust, und die Inflation zieht an - zumindest etwas. Da Zinsen nichts anderes als der Preis für die Überlassung von Geld sind, dürften mit der steigenden Teuerungsrate auch die Renditen anziehen. So kautet die gängige Argumentation.

Tatsächlich ist jüngst die Rendite von fünfjährigen deutschen Bundesanleihen das erste Mal seit mehr als zwei Jahren wieder auf null Prozent gestiegen - zumindest nominal, also ohne Berücksichtigung der Inflation. Bundesanleihen mit zehnjähriger Restlaufzeit rentieren sogar schon wieder im Bereich von 0,7 Prozent. Das könnte es mit der vielfach angekündigten Zinswende aber schon gewesen sein.

Grundsätzlich sollte es Anlegern immer zu denken geben, wenn das Gros der Marktteilnehmer ähnliche Einschätzungen trifft. Denn eine solche Mehrheitsmeinung wird oft von bereits getätigten Positionierungen begleitet, sodass das nötige Pulver für ein weiteres Marschieren in der erwarteten oder erhofften Richtung knapp wird. Dreht dann der Markt, müssen entsprechende Positionen in Windeseile geschlossen werden, was zu heftigen Bewegungen in die Gegenrichtung führt.

Ein Beispiel ist der Dollar Anfang 2017. Für einen Euro gab es damals nur noch 1,05 US-Dollar. Der Gleichstand der beiden Währungen, die sogenannte Parität, schien nur noch eine Frage der Zeit zu sein. Doch es kam anders. Der Dollar wertete nicht weiter auf, sondern verlor immer mehr an Wert. Heute gibt es für einen Euro rund 1,25 Dollar - und von einer möglichen Parität spricht niemand mehr.

Ein ähnliches Konterkarieren der Mehrheitsmeinung könnte es in diesem Jahr bei den Zinsen geben. Die mittlerweile schon seit drei Jahren vielfach erwartete Wende bei den Renditen könnte auch 2018 ausfallen. Denn entgegen vieler Prognosen dürfte die Inflation weltweit eher stagnieren als steigen. Gründe hierfür sind die Effekte der Globalisierung, die nach wie vor insgesamt expansive Geldpolitik der großen Notenbanken und permanente Effizienzsteigerungen in den Produktions- und Handelsketten. Das alles übt einen dauerhaften Preisdruck aus. Und paradoxerweise ist es sogar die EZB, die mit ihrem Handeln für Preisdruck sorgt. Unternehmen, die ohne billiges Notenbankgeld bereits pleite wären, erhöhen mit quasi subventionierten Preisen die Konkurrenz.

Dazu kommt, dass das Geld vor allem internationaler institutioneller Investoren verstärkt in die vermeintlich langweiligen und unrentablen Staatsanleihen der USA, Deutschlands & Co. fließt, sobald die historisch einmalige Aktienrally endet. Dann steigen wieder die Kurse von US-Treasuries oder deutschen Bundesanleihen, und die Renditen sinken. Die schiere Größe dieser Kapitalströme könnte die Zinsen von sicheren Staatsanleihen sogar auf neue Tiefststände treiben.

Notenbanken in der Sackgasse

Schließlich haben die großen Notenbanken den "point of no return" erreicht - sie haben den Punkt überschritten, bis zu dem ein kontrollierter Ausstieg aus der expansiven Niedrigzinspolitik noch möglich gewesen wäre. Um einen Systemkollaps zu verhindern, müssen sie billigste Liquidität bereitstellen. Ansonsten droht Ländern wie Italien der Bankrott. Denn bei einem spürbaren Anstieg der Zinsen könnte die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone ihre Schulden nicht mehr bedienen – die italienische Staatsverschuldung ist mittlerweile auf rund 130 Prozent des Bruttoinlandsprodukts gestiegen. Der Maastricht-Vertrag erlaubt eigentlich nur eine Obergrenze von 60 Prozent.

Ohne extrem niedrige Zinsen, die möglichst unter der Inflationsrate liegen und somit real negativ sind, ist eine Teilentschuldung der hoch verschuldeten Staaten nicht mehr möglich. Die Notenbanken sind gewissermaßen gezwungen, gegen den eigentlich geltenden Zusammenhang von Inflation und steigenden Zinsen anzukämpfen. Für die Geldpolitiker gibt es aus dieser Sackgasse kaum einen Ausweg.

Die Konsequenz für die Investoren lautet: Anlagestrategien, die von einem sicheren Anstieg der Zinsen ausgehen, sollten sich auch gehörig für die Wahrscheinlichkeit wappnen, dass diese Annahme nicht eintritt. Nach einer Umfrage der "FAZ" erwarteten die meisten Analysten schon vor drei Jahren ein Ende der Renditetiefs - passiert ist bis heute so gut wie nichts.

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Quelle: ntv.de

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