Wirtschaft

Wall Street vor schweren Zeiten Anleger sollen gegen den Strom schwimmen

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(Foto: REUTERS)

US-Aktien sind fundamental zu hoch bewertet. Auch psychologische Komponenten sprechen jetzt für eine heftige Korrektur der Wall Street. Andere Märkte sind deutlich aussichtsreicher.

Der Erfolg langfristiger, strategischer Investitionen hängt maßgeblich von den Bewertungen ab. Bei kurzfristigen Spekulationen sind dagegen vor allem psychologische Aspekte entscheidend. Die besten Gewinnchancen bestehen generell nach extremen Marktkorrekturen und in Rezessionen.  Das belegen fast alle historischen Daten.

Nach einem Markteinbruch ist die Differenz zwischen dem Aktienkurs und dem inneren Wert der Unternehmen oft extrem groß. Das heißt, die Aktienkurse sind stärker gefallen als deren inneren Werte. Der innere oder faire Wert entspricht laut Warren Buffett der abgezinsten Menge Geld, die ein Unternehmen in seiner Lebenszeit erwirtschaftet.

Außerdem herrscht dann extremer Pessimismus, die Privatanleger verlassen in Scharen den Aktienmarkt und sind nur wenig investiert. Das ist die beste Voraussetzung für steigende Kurse, denn in solchen Phasen beginnt das "smarte" Geld der Profis die Liquidität zu investieren. Diese freien Mittel wurden vorher sukzessive, auch zu Lasten der Privatanleger aufgebaut. Von dieser interessanten Konstellation einer extremen Unterbewertung sind vor allem die Aktienmärkte in den USA derzeit jedoch weit entfernt.

Nahezu ausnahmslos zeigen alle weltweit anerkannten Indikatoren ein historisch extrem unattraktives Bewertungsniveau und somit eine geringe bis extrem niedrige Ertragserwartung für die Weltleitbörse in den USA. Ob "Buffett-Indikator", "Shiller-CAPE", "Tobin‘s Q", "Kurs-Buchwert", "Nichtfinanzieller-Unternehmenswert zu Bruttowertschöpfung", "Kurswert zu bereinigten künftigen Gewinnerwartungen" oder selbst das sogenannte "Fed-Model" - bei der aktuellen Bewertung der Wall Street signalisieren sie mehrheitlich den seltenen Fall einer negativen Renditeerwartung für die kommenden zehn Jahre. Die US-Aktienmarktbewertung ist schlichtweg zu hoch.

Kursgewinne mitnehmen

Die Gewinnexplosion der US-Unternehmen im ersten Quartal ist vielleicht vorerst eine der letzten Chancen zum profitablen Positionsabbau, also um Gewinne zu realisieren. Zur Erinnerung: Vor den letzten drei Rezessionen war die Nachrichtenlage ebenfalls fast makellos. Doch dann wurden die Anleger jedes Mal vom Einbruch der Konjunktur überrascht.

Auch im derzeit angeblich so positiven Umfeld werden die Risiken weitgehend ignoriert. Durch die Zinsmanipulationen der Notenbanken, die kreditfinanzierten Aktienrückkäufe vor allem amerikanischer Unternehmen und durch die Aktivitäten regierungsnaher Behörden wie dem Plunge Protection Team in den USA oder der China Securities Regulatory Commission in der Volksrepublik wurden die Anleger in den zurückliegenden Jahren regelrecht eingelullt: Aktien galten als alternativlos und Korrekturen von drei bis fünf Prozent als exzellente Kaufgelegenheiten. Die Gefahr steigender Zinsen, die die Unternehmensgewinne und die Aktienbewertungen unter Druck setzen, wird hartnäckig ausgeblendet.

Doch die Stimmung dreht. Das ist daran zu erkennen, dass Nachrichten wie die Steuersenkungen von US-Präsident Donald Trump oder gute Gewinnmeldungen von Unternehmen seit einigen Monaten kaum noch zu steigenden Kursnotierungen führen. Bisher wurden positive Meldungen honoriert und negative weitgehend ignoriert. Dieser Reflex kehrt sich gerade um.

Anleger dürfen davon ausgehen, dass auch nach dem Finale des aktuellen Zyklus das große, smarte Geld nicht längere Zeit in Liquidität gehalten wird. Diese Erkenntnis ist für Privatkunden von enormer Bedeutung. Versicherungen, Hedgefonds, Pensionskassen und andere professionelle Kapitalmarktakteure werden in aussichtsreiche und noch günstige Anlagen investieren. Dieser Prozess ist bereits in vollem Gang. Privatanleger sollten genauso handeln.

In der aktuellen reifen Börsenphase sollten auch Kleinanleger antizyklisch in die derzeit unpopulären Märkte umschichten, also in Anlageklassen, Regionen und Themen, die in den Medien und an den Finanzmärkten derzeit kaum eine Rolle spielen oder sogar negativ belegt sind. Dazu zählen unter anderem Rohstoffe, Edelmetalle, US-Staatsanleihen, der japanische Markt, mittelgroße Minenwerte oder etwa liquide Geldmarktanlagen. Gegen den Strom zu schwimmen wird wahrscheinlich schon bald viel Freude machen. Die Zeit ist reif, diszipliniert und rechtzeitig, aussichtsreiche, preiswerte Anlagen aufzubauen und teure Assets zu verkaufen. Zu letzteren zählen mit Sicherheit die großen US-Aktien-Indizes.

Uwe Günther ist Gründungsgesellschafter und Geschäftsführer der "BPM - Berlin Portfolio Management GmbH".

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Quelle: ntv.de

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