Wirtschaft

Aktien-Sommer bleibt heiß Anleger sind zu pessimistisch

imago74607370h.jpg

(Foto: imago/blickwinkel)

Trotz überraschend guter Unternehmensergebnisse ist die Stimmung an den internationalen Aktienbörsen schlecht. Mit steigenden Kursen rechnen derzeit die wenigsten Anleger - möglicherweise zu Unrecht.

Die Wall Street gibt den Takt vor - und da sieht es weiterhin ausgesprochen gut aus. Die Veröffentlichungen aus den USA für das zweite Quartal glänzen: Bislang liegen 81 Prozent der amerikanischen Unternehmen liegen beim Gewinn über den Prognosen. Im Durchschnitt ist der Gewinn je Aktie im Vergleich zum entsprechenden Vorjahreszeitraum um 21 Prozent gestiegen. Knapp die Hälfte des Gewinnwachstums ist auf die Steuerreform zurückzuführen. Aber auch operativ laufen die Geschäfte mehr als gut.

Beim Umsatz übertreffen immerhin 67 Prozent der Firmen die Erwartungen der Unternehmensanalysten. Kurz zusammengefasst: Der US-Konjunkturmotor brummt. Die Wirtschaft der Vereinigten Staaten ist im zweiten Quartal um vier Prozent gewachsen.

Und da sind wir schon bei einem Problem: Von hier ab kann es kaum noch besser werden. Die positiven Ergebnisse der Unternehmen sind in den entsprechenden Kursen bereits berücksichtigt. Vielmehr ist zu befürchten, dass weitere positive Überraschungen seltener werden oder ganz ausbleiben. Wenn der Schwung an den Aktienmärkten nachlässt, ist das für die Aktienmärkte immer eine schwierige Phase.

Tatsächlich ziehen an den Finanzmärkten die ersten dunklen Wolken am Himmel auf. So profitierten amerikanische Unternehmen im ersten Halbjahr vom vergleichsweise schwachen Dollar, was ihre preisliche Wettbewerbsfähigkeit erhöhte. Immerhin notierte der Greenback in der ersten Hälfte 2018 gegenüber dem Euro im Durchschnitt zwölf Prozent niedriger als ein Jahr zuvor. Dieser Effekt könnte in der zweiten Jahreshälfte verpuffen. Der Dollar wertet seit einigen Wochen wieder deutlich auf. Hinzu kommen jetzt noch schwächelnde Währungen der Schwellenländer. Das wird Spuren in den Ergebnissen der US-Unternehmen hinterlassen.

Handelskonflikte noch nicht gelöst

Auch die Handelsstreitigkeiten der USA mit Europa und China können immer wieder die Stimmung an den Aktienmärkten belasten. Ob der Konflikt mit der Europäischen Union (EU) tatsächlich abgewendet ist, muss sich in den kommenden Monaten erst noch zeigen. Größtes Problem hier ist, das die EU nicht mit einer Stimme spricht, sondern 28 Einzelinteressen unter einen Hut bringen muss.

Gleichzeitig droht der Handelsstreit zwischen den USA und China weiter zu eskalieren. Um seine Wähler bei der Stange zu halten, hat US-Präsident Donald Trump derweil den vom Handelskonflikt betroffenen Farmern zwölf Milliarden Dollar Soforthilfe versprochen.

Aber auch die Gegenseite in China bemüht sich, um die eigene Konjunktur zu stützen. Peking hat diverse Maßnahmen zur Förderung des Wirtschaftswachstums angekündigt. Unter anderem gibt es höhere Kreditlinien für lokale Infrastrukturprojekte, die Kreditbedingungen für Banken wurden gelockert. Zusätzlich hat die chinesische Notenbank umgerechnet 75 Milliarden Dollar in den Finanzsektor gepumpt und den Renminbi seit April kräftig um sieben Prozent abgewertet. Das sind alles Zeichen, dass keine Seite kurzfristig im Handelsstreit nachgeben möchte.

Je länger dieser Konflikt dauert, desto größer wird die Gefahr, dass die noch gute Konjunktur kippt. Die sehr flache US-Zinskurve signalisiert zumindest schon eine deutliche Abkühlung in den nächsten zwölf bis 18 Monaten. Die langfristigen Zinsen sind nur noch wenig höher als die kurzfristigen, was üblicherweise als Frühindikator für einen kommenden Abschwung gilt.

Trump bleibt unkalkulierbar

Unter dem Strich stehen dem guten fundamentalen Umfeld kaum absehbare Risiken gegenüber, die maßgeblich aus den unberechenbaren Entscheidungen Trumps resultieren. Würde der US-Präsident nicht so irrational handeln, müssten die Aktienkurse eigentlich ihre Rekordjagd fortsetzen.

Gemäß einer aktuellen Umfrage von Merrill Lynch unter Fondsmanagern sind diesen aber diese Risiken bereits sehr bewusst. Die aktuelle Kasse-Position in den Portfolios liegt mit durchschnittlich knapp fünf Prozent am oberen Ende der Bandbreite der zurückliegenden 15 Jahre. Daran gemessen ist die Stimmung der Profi-Anleger ausgesprochen schlecht - wahrscheinlich sind sie zu pessimistisch. Meistens braucht es bei einem solchen Stimmungstief nicht viel an neuen positiven Nachrichten, um die Kurse wieder nach oben zu hieven. Dann dürfte es heißen: "This summer the pain trade is up" - in diesem Sommer dürfte den meisten Anlegern aufgrund ihrer pessimistischen Positionierung eine Aufwärtsbewegung die meisten Schmerzen bereiten. Noch ist es nicht so weit, noch bleibt es heiß.

Marco Herrmann ist seit 1992 für renommierte Banken und Fondsgesellschaften tätig. Seit 2010 verantwortet er als Geschäftsführer die Anlagestrategie der Fiduka.

Disclaimer

Diese Publikation dient nur zu Informationszwecken und zur Nutzung durch den Empfänger. Sie stellt weder ein Angebot noch eine Aufforderung seitens oder im Auftrag der FIDUKA zum Kauf oder Verkauf von Wertpapieren oder Investmentfonds dar. Die in der vorliegenden Publikation enthaltenen Informationen wurden aus Quellen zusammengetragen, die als zuverlässig gelten. Die FIDUKA gibt jedoch keine Gewähr hinsichtlich deren Zuverlässigkeit und Vollständigkeit und lehnt jede Haftung für Verluste ab, die sich aus der Verwendung dieser Information ergeben. www.fiduka.com

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen