Wirtschaft

Minizinsen treiben die Preise Aktien und Immobilien vor Blasenbildung

Seit 1980 haben sich Immobilien in Australien im Schnitt um 1200 Prozent verteuert.

Seit 1980 haben sich Immobilien in Australien im Schnitt um 1200 Prozent verteuert.

(Foto: REUTERS)

Sowohl die US-Notenbank Fed als auch die EZB verschärfen allmählich ihre Geldpolitik. Geht die Hausse an den Börsen nun zu Ende?

Der Immobilienmarkt in Australien steht üblicherweise nicht gerade im Fokus der Investoren, auch wenn das Land im europäischen Winter gerne besucht wird. Doch in "Down Under" tut sich was. Nachdem in den vergangenen Jahren ein Rekordhoch nach dem anderen erklommen wurde, stagnieren die Preise nun, weshalb sich Anleger Sorgen machen, dass der Boom zu Ende gehen könnte, was die Wirtschaft deutlich belasten würde. Australien ist eines der Extrembeispiele für den Boom am weltweiten Immobilienmarkt und könnte ein Fingerzeig für den Rest der Welt werden. Gegenüber dem Jahr 1980 sind die Preise um 1200 Prozent nach oben geschossen, nur in Neuseeland war es mit knapp 2000 Prozent noch heftiger.

Hingegen steht in den USA ein Plus von "nur" rund 350 Prozent zu Buche. Dennoch sind auch die Immobilien in den USA so teuer und so unerschwinglich wie niemals zuvor. So beläuft sich der Häuserpreis gemessen am Median auf das 5,5-Fache des Einkommens eines privaten Haushalts - ein Spitzenwert. Der Median ist genau die Mitte einer Verteilung, die obere Seite ist also genau so groß wie die untere. Diese Kennzahl hat den Vorteil, dass er nicht durch die hohen Preise sehr teurer Immobilien nach oben verzerrt ist.

Trotz der rekordhohen Preise reißen sich Käufer um die Immobilien. Inzwischen ist ein Haus, das zum Verkauf steht, im Schnitt nur drei Wochen auf dem Markt, ehe es verkauft wird – eine Rekordtiefzeit.

Blasen in den USA?

Grund für die rekordhohe Bewertung am Immobilienmarkt ist das Niedrigzinsumfeld. Obwohl die US-Notenbank in diesem Jahr die Leitzinsen zwei Mal erhöht hat und im Oktober mit dem Abbau der Bilanzsumme begonnen hat, was für Aufwärtsdruck auf die Zinsen sorgen soll, liegen die Renditen für zehnjährige US-Anleihen bei lediglich 2,32 Prozent. Gleichzeitig befinden sich die Zinsen für Hypotheken mit einer Zinsbindung von 30 Jahren bei 3,9 Prozent und damit nah am Rekordtief von 3,3 Prozent von Ende 2012. Die Finanzierung ist günstig und verspricht einen anhaltenden Immobilienboom. Daher kaufen Investoren weiter kräftig Immobilien, auch in der Erwartung, sie später noch teurer weiterverkaufen zu können.

Das Niedrigzinsumfeld hat nicht nur die Bewertung des Immobilienmarkts, sondern auch diejenige des US-Aktienmarkts nach oben getrieben. Das Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) des S&P 500 liegt mit 18 auf einem sehr hohen Niveau, der langjährliche Durchschnitt beträgt nur bei elf bis zwölf und das entspricht auch dem durchschnittlichen Gewinnwachstum der Unternehmen aus dem S&P 500.

Sind das nun Blasen? Auf jeden Fall führt die Entwicklung bei Aktien und Immobilien dazu, dass das Nettovermögen der privaten Haushalte immer neue Rekordwerte erreicht. Zuletzt ist es auf rund 96 Billionen Dollar gestiegen. Das sind 670 Prozent des verfügbaren Einkommens der privaten Haushalte. Das ist ebenfalls ein Spitzenwert - der langfristige Schnitt liegt bei lediglich rund 500 Prozent. Die scheidende Fed-Chefin Janet Yellen und ihre Kollegen haben wiederholt signalisiert, was der eigentliche Grund für die Verschärfung der Geldpolitik ist: "die hohe Bewertung von Vermögenswerten." Diese Entwicklung hat auch dazu geführt, dass die Schwankungen niedrig und die Absicherungen günstig sind. "Anleger, die sich vor einem Preisverfall am amerikanischen Aktienmarkt schützen wollen, können derzeit vergleichsweise günstige Absicherungsinstrumente erwerben", meint daher Norbert Betz, Derivate-Experte und Leiter der Handelsüberwachung an der Börse gettex. "Die Schwankungsbreite und die daraus resultierende Risikobewertung am US-Aktienmarkt ist weiterhin niedrig, das verbilligt gleichzeitig die Put-Optionsscheine", ergänzt Betz. Puts auf den S&P 500 gewinnen in der Regel, wenn die Kurse fallen,

Verwerfungen in der Eurozone

Anzeichen einer Überbewertung zeigt auch der europäische Anleihenmarkt. Durch die kräftigen Anleihenkäufe ist die Bilanzsumme der EZB auf den Rekord von 4,37 Billionen Euro nach oben geschossen. Das sind 40,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung der Eurozone. Hingegen beläuft sich die Bilanzsumme der Fed auf "nur" 23,2 Prozent. Wegen der Käufe der EZB liegen die Zinsen für zehnjährige Bundesanleihen bei lediglich 0,37 Prozent. Gleichzeitig notieren die Zinsen für High Yield-Anleihen (Ramschanleihen) aus der Euro-Zone mit 2,18 Prozent in der Nähe des Rekordtiefs und damit unter der Verzinsung zehnjähriger US-Staatsanleihen. Dabei gelten sie als die sichersten Papiere der Welt. Ramschanleihen aus der Eurozone besitzen so gut wie keine Risikoprämie.

In diesem Niedrigzinsumfeld kaufen Sparer und Investoren kräftig Immobilien, wodurch die Preise gerade in den Ballungszentren nach oben schießen. Nach den Berechnungen des Finanzdienstleisters Dr. Klein waren Ein- und Zweifamilienhäuser in München im zweiten Quartal um 21,56 Prozent teurer als im Vorjahreszeitraum, Eigentumswohnungen um 8,92 Prozent. In anderen Städten sieht es ähnlich aus. Der Preisanstieg bei Häusern lag in Stuttgart bei 14,11 Prozent und in Frankfurt bei 14,62 Prozent.

Dax ist hoch bewertet

Das Nullzinsumfeld in der Euro-Zone treibt auch den Aktienmarkt deutlich nach oben, weshalb der Dax in diesem Jahr auf ein frisches Rekordhoch gestiegen ist, ehe er etwas korrigiert hat. Damit ist das KGV auf 13,9 geklettert. Damit liegt es zwar unter dem historischen Schnitt seit dem Jahr 1988 von 15. Allerdings ist er durch die Dot.com-Blase am Ende der 1990er-Jahre stark nach oben verzerrt worden, als das KGV jahrelang nach oben schoss und 2000 einen Spitzenwert von 33 erreicht hatte. Nach dem Platzen der 2000er-Blase sank die Bewertung immer weiter, ehe es auf dem Höhepunkt der Krise im Frühjahr 2009 bis auf sieben gesunken ist.

Der Schnitt für die vergangenen zehn Jahre liegt hingegen bei lediglich 11,6. Er ist der bessere Vergleichsmaßstab, weil sich das Umfeld in der Realwirtschaft und am Finanzmarkt nach der 2008er-Schuldenkrise stark verändert hat. Der Dax wird aktuell mit einem Aufschlag von 20 Prozent im Vergleich zum Schnitt der vergangenen zehn Jahre gehandelt. Beim EuroStoxx 50 ist der Aufschlag sogar noch etwas größer. Dort liegt das KGV mit 14,9 um 25 Prozent über dem Schnitt der vergangenen zehn Jahre.

Von umso größerer Bedeutung ist die Geldpolitik der Notenbanken. Da die US-Notenbank und die EZB die Geldpolitik im Gegensatz zu früheren Zinswenden nur allmählich verschärfen, dürfte die Weltwirtschaft weiter brummen. In dem Umfeld könnten Aktienkurse und Immobilienpreise diesseits und jenseits des Atlantiks weiter steigen. Eine Trendwende ist daher momentan nicht absehbar. Allerdings dürften die Investoren die Entwicklung in Australien genau im Auge behalten. Denn sie könnte aufzeigen, was möglicherweise irgendwann den USA und der Eurozone bevorstehen könnte.

Quelle: ntv.de

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