Wirtschaft

EZB bleibt im Krisenmodus Draghi sieht keine Zinswende

EZB-Präsident Mario Draghi in Paris. Dort tagt der Rat der Zentralbank.

EZB-Präsident Mario Draghi in Paris. Dort tagt der Rat der Zentralbank.

(Foto: REUTERS)

Die Banken im Euroraum werden weiter mit billigem Geld der EZB versorgen. Notenbank-Chef Draghi bekräftigte die Niedrigzinspolitik. In den Fokus rücken zudem die Refinanzierungsbedingungen der Banken und der Euro-Wechselkurs.

Wie erwartet lässt der Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) seine Geldpolitik unverändert. Der Hauptrefinanzierungssatz bleibt bei 0,5 Prozent, wo er seit Mai 2013 steht. Auch den Spitzenrefinanzierungssatz und den Einlagensatz änderte die EZB nicht. So wird sie die Banken im Euroraum weiterhin mit extrem billigem Geld versorgen. Experten rechnen mehrheitlich damit, dass die Notenbank ihre Leitzinsen bis Mitte nächsten Jahres nicht mehr ändern wird. Wie schon bei der vorigen Sitzung wurde auch bei dieser laut EZB-Präsident Mario Draghi wieder über Zinssenkungen diskutiert. Einige Ratsmitglieder hätten das für angemessen gehalten, andere nicht.

Ökonomen hatten mit dieser Zins-Entscheidung gerechnet. Da sich die Konjunktur allmählich erholt, gibt es keine Notwendigkeit, den rekordniedrigen Leitzins weiter zu senken. Allerdings wird er er auf absehbare Zeit auch nicht steigen - das bekräftigen Europas Währungshüter seit Juli bei jeder Gelegenheit.

Draghi bekräftigt Niedrigzinsausblick

Insgesamt bleibt die EZB - wie die US-Notenbank Fed - auf Krisenkurs: Die wirtschaftliche Lage in vielen Euroländern ist noch fragil, die Probleme im Bankensystem sind bei weitem nicht gelöst, und die Regierungskrise in Italien macht die Lage nicht einfacher. Diese aber dürfte sich nach Einschätzung von EZB-Präsident Draghi nicht negativ auf den Euroraum als Ganzes auswirken. "Die Eurozone und der Euro sind heute widerstandsfähiger als vor einigen Jahren", sagte er ohne aber detailliert auf die Entwicklung in seinem Heimatland einzugehen. Die insgesamt bessere Lage des Währungsraums erklärte Draghi unter anderem mit politischen Fortschritten und der Zusage der EZB, den Krisenstaaten unter Bedingungen notfalls durch unbegrenzten Kauf von Staatsanleihen unter die Arme zu greifen (OMT-Programm).

Insgesamt bekräftigte Draghi den Niedrigzinsausblick. Die Notenbank rechne damit, dass die Zinsen so niedrig wie derzeit blieben oder sogar noch weiter sinken würden, wiederholte er. Dieser Zinsausblick sei abhängig von einem anhaltend niedrigen mittelfristigen Inflationsdruck.

"Mit Blick auf den Geldmarkt werden wir besonders auf solche Entwicklungen achten, die sich auf die Ausrichtung unserer Geldpolitik auswirken können, und wir sind bereit, alle verfügbaren Instrumente einzusetzen", sagte Draghi. Dazu gehörten, falls erforderlich, auch weitere langfristige Refinanzierungsgeschäfte. Zuletzt hatten die Geldmarktsätze in Europa allerdings nachgegeben. Grund war die unerwartete Entscheidung der US-Notenbank, ihre milliardenschweren Anleihekäufe vorerst ungebremst fortzusetzen.

Seinen Angaben zufolge beobachtet die EZB die Refinanzierungsbedingungen der Banken und die Entwicklung des Euro-Wechselkurses genau. Letzterer hatte seit der Entscheidung der US-Notenbank zu unveränderten Anleihekäufen deutlich angezogen hat. Draghi sagte, der Euro-Wechselkurs sei bekanntermaßen keine Zielgröße der EZB-Politik. Allerdings sei er ein wichtiger Faktor für Wachstum und Preisstabilität, weshalb ihn die EZB auch aufmerksam beobachte.

Debatte über neue Banken-Nothilfen

Unterdessen wird über neue Nothilfen für Banken diskutiert. Zumindest signalisierte EZB-Präsident Mario Draghi, dass die Notenbank Geldhäusern - falls nötig - eine neue Finanzspritze geben könnte. Der Italiener konstatierte Anfang vergangener Woche im Europaparlament, die vorzeitige Rückzahlung alter Notkredite aus den Jahren 2011 und 2012 - damals hatten sich Banken bei der EZB insgesamt mehr als eine Billion Euro für die ungewöhnlich lange Frist von bis zu drei Jahren geborgt - zeige zwar, dass "die Banken weniger abhängig von der EZB sind". Allerdings treibe der Rückgang dieser Liquidität die Kreditraten am Markt für kurzfristige Geldleihen. Dies könnte die einsetzende wirtschaftliche Erholung abwürgen.

Unter Ökonomen ist umstritten, ob ein neuer Langfristkredit für Banken (LTRO) Sinn ergeben würde: Das drängendste Problem - die schleppende Kreditvergabe an Unternehmen - werde eine solche Maßnahme wohl kaum mildern, meint etwa Ralph Solveen von der Commerzbank. Schon bei den letzten beiden Geschäften dieser Art 2011/2012 ("Dicke Bertha") kam die Masse des billigen Geldes nicht - wie von den Währungshütern beabsichtigt - bei Unternehmen und Verbrauchern an. Stattdessen parkten Kreditinstitute das Geld bei der EZB.

Mit einer schnellen Entscheidung zu einem neuen Langfristkredit rechnen Volkswirte nicht, die EZB wolle vor allem Handlungsbereitschaft demonstrieren. Weichen stellen könnte die EZB dagegen schon bald in Sachen Transparenz: Bis zu diesem Herbst sollten Vorschläge erarbeitet werden, in welcher Form die Protokolle der Ratssitzungen veröffentlicht werden könnten. Bislang liegen die Protokolle 30 Jahre lang unter Verschluss.

Experten sehen wenig Neues

"Heute war wichtig, wie sich Draghi zu den Geldmarktzinsen äußert. Es gab die klare Ansage, dass die EZB alle ihre zur Verfügung stehenden Instrumente anwenden wird", sagte Alexander Krüger vom Bankhaus Lampe. Dies habe die Erwartungen steigender Geldmarktzinsen nochmals gedämpft.

Helaba-Experte Ralf Umlauf verwies darauf, dass sich Draghi alle Optionen offenhalte. "Die Tatsache, dass Draghi die geringe Teuerungsrate als unterstützend für die Realeinkommensentwicklung bewertete, spricht aber unseres Erachtens nicht für akuten Handlungsbedarf der Notenbanker. Zudem sieht er, dass die verbesserte Situation an den Finanzmärkten allmählich positive Wirkung in der Realwirtschaft entfaltet."

Für Rainer Sartoris von HSBC Trinkaus hat Draghi "im Großen und Ganzen wiederholt, was er vorher schon gesagt hat"

Quelle: ntv.de, jwu/rts/DJ/dpa

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