Wirtschaft

Mit Alleingängen ins Devisen-Chaos G20 droht Währungskrieg

Am Devisenmarkt wird es ernst. Mit Interventionen im Alleingang versuchen Staaten, unliebsam hohe Wechselkurse zu drücken, um so die heimische Exportwirtschaft zu stärken. Reißen sich die Staaten jetzt nicht zusammen, droht ihnen allen, dabei zu verlieren.

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(Foto: REUTERS)

Zahlungsmittel als Waffe, internationale Märkte als Kriegsschauplatz: Um einen drohenden Währungskrieg zu vermeiden, stehen die Staats- und Regierungschefs der 20 wichtigsten Staaten vor einer Herkulesaufgabe. Denn im Kampf um die immer noch fragile internationale Nachfrage versuchen immer mehr Länder, ihre Währungen billig zu halten oder wenigstens eine weitere Aufwertung zu verhindern. Der Internationale Währungsfonds (IWF) und andere warnen bereits vor einem Abwertungswettlauf. Viele Experten sehen in einem koordinierten Vorgehen der G20-Staaten die einzige Lösung für das Problem. Bricht dagegen ein offener Disput um die Währungen aus, drohen massive Auswirkungen auf den weltweiten Handel.

Ein wichtiger Grund für die Spannungen sind die globalen Ungleichgewichte, an denen sich auch drei Jahre nach Ausbruch der Finanzkrise kaum etwas geändert hat. Auf der einen Seite stehen die Konsumenten, allen voran die USA, aber auch Großbritannien und andere. Ihnen gegenüber befinden sich die Lieferanten wie China, Japan und Deutschland. Zugleich haben sich die Machtverhältnisse verschoben: Während die USA mit hoher Arbeitslosigkeit und mageren Wachstumsraten kämpfen, konnte sich China an die zweite Stelle in der Weltrangliste der größten Volkswirtschaften vorschieben. In den Wechselkursen spiegelt sich das jedoch nach Meinung vieler US-Politiker noch nicht wieder. Sie werfen der Regierung in Peking vor, ihre Währung künstlich niedrig zu halten und so den Exporteuren ungerechtfertigte Vorteile am Weltmarkt zu verschaffen.

Global vagabundierende Liquidität

Doch die Regierung in Peking weigert sich, auf die Forderungen aus den USA einzugehen. Das reizt zu Alleingängen: In den USA, Japan und möglicherweise auch Großbritannien werfen die Notenbanken frisches Geld auf den Markt oder bereiten sich auf einen derartigen Schritt vor, um ihre Wirtschaft zu stärken und den Kurs der Währungen zu drücken. Doch das billige Geld fließt nicht an die Firmen und Haushalte in den USA oder in Japan: Es geht vielmehr weltweit auf die Suche nach rentablen Investitionsmöglichkeiten. Im Kreuzfeuer gefangen sind Schwellenländer wie Brasilien, die ihre Währungen freigegeben haben. Sie ziehen mit ihren höheren Zinsen massenhaft Geld an, was den Devisenkurs nach oben treibt.

Nun verlieren sie die Geduld und schießen scharf zurück. So will Brasilien die Steuern für ausländische Investoren erhöhen, Südkorea droht mit Einschränkungen für den Devisenhandel. "Um die Schäden zu vermeiden, die mit fortgeführten Alleingängen verbunden sind, (...) muss sich eine Kerngruppe der wichtigsten Volkswirtschaften dringend auf ein koordiniertes und multilaterales Aktionspaket verständigen", sagte Charles Dallara, Direktor der Bankengruppe des Instituts für Internationale Finanzen (IIF).

Ausweg kontrollierte Aufwertung

Robert Johnson vom Institut für neues wirtschaftliches Denken, einem vom Investor George Soros finanzierten Think-Tank, sieht Abstimmungsbedarf innerhalb der G20 zwischen drei wichtigen Gruppen: Den Konsumenten, den Ausfuhrnationen und einer Gruppe von exportstarken Schwellenländern. Dabei müssten die Währungen der Schwellenländer kontrolliert aufwerten, um etwa 20 bis 25 Prozent im Verlauf von ein oder zwei Jahren, sagte er und sieht darin auch Vorteile für die aufstrebenden Volkswirtschaften: Zwar würden die Exporte unter Druck geraten, doch die Einfuhren würden billiger, was die Binnenwirtschaft in Schwung bringen könnte. Zugleich würde der Dollar günstiger, was es US-Firmen erleichtert, ihre Produkte abzusetzen.

Es bleibt die Aufgabe der Staats- und Regierungschefs, alle Beteiligten auf einen gemeinsamen Kurs einzuschwören und sowohl eine Kursexplosion am Devisenmarkt als auch Überreaktionen nationaler Regierungen zu vermeiden. Beides hätte möglicherweise dramatische Auswirkungen auf den Welthandel: Denn Exportfirmen können sich gegen schrittweise steigende Kurse absichern, etwa über Finanzderivate oder Zulieferer in Billigwährungsländern. Bewegen sich die Kurse aber zu schnell und zu stark, bricht die Planungsgrundlage weg, und das kann den gesamten Welthandel in Mitleidenschaft ziehen. Das ist den Verantwortlichen bewusst: "Wir riskieren einen Handelskrieg, und das ist die große Sorge", sagte Brasiliens Finanzminister Guido Mantega. "Ein gemeinsames Vorgehen ist daher Alleingängen vorzuziehen."

Quelle: ntv.de, rts

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