Wirtschaft

Draghi droht Monte-Paschi-Verhör Leitzins bleibt im Dauertief

EZB-Chef Draghi drohen kritischen Fragen wegen seiner Rolle im Skandal um die Bank Monte Paschi.

EZB-Chef Draghi drohen kritischen Fragen wegen seiner Rolle im Skandal um die Bank Monte Paschi.

(Foto: picture alliance / dpa)

Die EZB hält ihr Pulver trocken: Die Währungshüter belassen den Leitzins für die Eurozone auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Die Eurokrise hat sich etwas entspannt. Dafür könnte es am Nachmittag umso kritischer für EZB-Chef Dragi werden: Er muss seine Rolle bei den Millionenverlusten der Skandalbank Monte Paschi in Italien erklären.

Die Europäische Zentralbank (EZB) hält den Leitzins im Euroraum auf dem Rekordtief von 0,75 Prozent. Die meisten Volkswirte hatten damit gerechnet, dass die Währungshüter von einer weiteren Zinssenkung absehen werden - obwohl der Euroraum in der Rezession steckt. Die EZB erwartet, dass sich die Konjunktur im Laufe des Jahres allmählich wieder erholen wird.

Zuletzt hatte sich die Lage an den Finanzmärkten entspannt, so dass sich Krisenländer wieder günstiger am Anleihenmarkt finanzieren können. Weil das Vertrauen in die Gemeinschaftswährung deutlich gestiegen ist, fließt zudem wieder Kapital in den Euroraum zurück. Allerdings kommen die Verbesserungen nur schleppend bei Unternehmen an. Stattdessen hat das zurückgewonnene Vertrauen den Euro gegenüber anderen Währungen gestärkt, was nun vor allem Exporteuren in den Krisenländern zu schaffen macht.

Zudem wertete der Euro wegen der extrem lockeren Geldpolitik in Japan und den USA stark auf. Ihre schärfste Waffe im Kampf gegen die Schuldenkrise hält die EZB noch immer zurück: Das 2012 angekündigte Programm zum notfalls unbegrenzten Kauf von Anleihen kriselnder Eurostaaten ist startklar, aber noch nicht aktiviert. Denn es setzt voraus, dass ein Land unter den europäischen Rettungsschirm schlüpft und somit Reformvorgaben einhalten muss. Als heißesten Kandidaten für das Programm sehen Ökonomen noch immer Spanien.

Hat Draghi bei Monte Paschi versagt?

EZB-Chef Draghi wird die Entscheidung der Währungshüter um 14.30 Uhr bei einer Pressekonferenz erklären. Dabei muss er mit noch mehr kritischen Fragen als sonst rechnen: Er war Chef der italienischen Notenbank in den Jahren, als Monte Paschi di Siena, die älteste Bank der Welt, nach riskanten Geschäften und einer zweifelhaften Finanzpolitik dringende Kapitalspritzen - zuletzt in Höhe von etwa 3,9 Mrd. Euro - zu ihrem Überleben benötigte.

Wirtschaftsminister Vittorio Grilli hatte zwar in Rom vor dem Parlament erklärt, die Zentralbank habe in der Affäre MPS korrekt gehandelt. Doch während mehrere Staatsanwaltschaften ermitteln und es erste Vernehmungen um spekulative Geschäfte der drittgrößten Bank in Italien gibt, zeigte Adusbef, der Verband der Finanzkunden, auch auf Mario Draghi: Ein "Milliarden-Crack" auf Kosten der Mitarbeiter, der Kontoinhaber und der Sparer, da müsse man fragen, warum Draghi, der damalige Chef der Banca d'Italia den sich ab 2006 abzeichnenden Skandal nicht blockiert habe.

730 Millionen Euro Verlust

Adusbef-Chef Elio Lannutti meint dabei "den verrückten Ankauf der Antonveneta-Bank für neun Milliarden Euro". Damit hatte Monte Paschi ihre Stellung als Großbank festigen wollen. Die spanische Santander hatte die italienische Regionalbank zunächst für 6,6 Mrd. Euro erworben, bevor Monte Paschi dann zwei Monate später Milliarden mehr für den "Rückkauf" hinlegte. Die derzeit laufenden Ermittlungen öffnen wie in solchen Fällen in Italien üblich wilden (und unbestätigten) Spekulationen Tür und Tor, über Milliarden nach San Marino gebrachten MPS-Geldern sowie einer - vom Heiligen Stuhl sofort dementierten - Spur zu Bankkonten bei der Vatikan-Bank IOR.

Draghi steht aber bisher nur am Rande im Fokus der Diskussion. In Italien nahm man eine positive Einschätzung des Internationalen Währungsfonds (IWF) zur Überwachung der MPS durch die Banca d'Italia zur Kenntnis. Begleitet von einer Reihe waghalsiger Spekulationen  haben die Staatsanwälte begonnen, prominente Banker zu vernehmen - allen voran den Ex-Chef des Abi-Bankenverbandes Giuseppe Mussari.

Mussari war abgetreten, nachdem über spekulative Derivategeschäfte in seiner Zeit als Monte-Paschi-Chef berichtet worden war. Die vom MPS-Verwaltungsrat nach einer Krisensitzung jetzt genannten zusätzlichen Verluste durch diese Geschäfte: 730 Mio. Euro. Geheime Finanztransaktionen sollen Berichten zufolge auch dazu gedient haben, tiefrote Zahlen des angeschlagenen Hauses auf später zu verschieben. Damalige führende Manager sollen ihre Praktiken so vor den Kontrolleuren wie Draghi und auch den Anteilseignern verborgen haben.

Quelle: ntv.de, rts/dpa

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