Wirtschaft

Parteipolitische Sackgasse in Tokio Japan läuft finanziell trocken

Reich, mächtig - und bis zum Dachfirst verschuldet: Japan durchlebt schwere Zeiten.

Reich, mächtig - und bis zum Dachfirst verschuldet: Japan durchlebt schwere Zeiten.

(Foto: REUTERS)

In der japansichen Hauptstadt fleht Finanzminister Azumi um Zustimmung: Wenn die Opposition ihre Blockadehaltung nicht aufgebe, drohe dem Land binnen weniger Wochen die Zahlungsunfähigkeit. Gebannt blickt Japan dem nächsten Akt der Schuldenkrise entgegen.

Er kennt die Zahlen: Finanzminister Jun Azumi.

Er kennt die Zahlen: Finanzminister Jun Azumi.

(Foto: REUTERS)

Der japanischen Regierung droht wegen einer politischen Blockade ab Ende Oktober die technische Zahlungsunfähigkeit. Der Finanzminister des Landes, Jun Azumi, appellierte an die beiden größten Oppositionsparteien, einem für die Finanzierung des laufenden Haushalt wichtigen Gesetz zuzustimmen. Dieses würde der Regierung erlauben, nahezu die Hälfte des Etats über neue Staatsanleihen zu finanzieren. "Ohne dieses Gesetz fällt der Haushalt zusammen", sagte Azumi.

Insgesamt hat der Haushalt für das Finanzjahr 2012/13 ein Volumen von gut 90 Billionen Yen (rund 900 Mrd. Euro). 38,3 Billionen Yen sollen über Staatsanleihen eingenommen werden. Bis Ende September rechnet Azumi mit Ausgaben von 43,9 Billionen Yen.

Sollte das Gesetz nicht angenommen werden, stünden der Regierung nur 46,1 Billionen Yen zur Verfügung. Damit würde dem Staat mit hoher Wahrscheinlichkeit bis Ende Oktober das Geld ausgehen, erläuterte der Finanzminister.

Lokalregierung träfe es zuerst

Die regierende Demokratische Partei hat zwar im Unterhaus des Parlaments die Mehrheit. Gesetzesvorhaben können aber von der Opposition im Oberhaus blockiert werden, wo sie die Mehrheit hat. Einige Analysten sehen in einer vorgezogenen Parlamentswahl einen Ausweg aus der Situation. "Es gibt so viel Ungewissheit über die politische Entwicklung, dass man kaum sagen, wie groß das Risiko ist, dass der Regierung das Geld ausgeht", sagte Naoki Iizuka, leitender Volkwirt bei Mizuho Securities in Tokio.

Sollte die Zentralregierung kein Geld mehr haben, wären die lokalen Regierungen als erste davon betroffen, denn deren Ausgaben basieren zu fast 100 Prozent auf den Zuwendungen aus Tokio. Wenn es keine Anzeichen dafür gebe, dass das Haushaltsgesetz im Parlament angenommen werde, könnte die Regierung schon ab September ihre Zahlungen an die Lokalregierungen kürzen, sagte Finanzminister Azumi.

Ablenkung von der Schuldenkrise?

Nach Angaben von Mitarbeitern des Finanzministeriums würden bei den Ausgaben Renten und Arbeitslosengelder Priorität haben. Wenn das Geld aber ausgehe, bleibe nicht mehr viel, was die Regierung noch tun könne. Mit einem Schuldenberg von mehr als dem Doppelten des jährlichen Bruttoinlandsproduktes ist Japan das am stärksten verschuldete Industrieland.

Die sich abzeichnende Patt-Situation birgt nur auf den ersten Blick Erleichterung für den Euroraum: Zwar könnte sich ein Teil der Aufmerksamkeit der Kapitalmärkte mit der Gefahr politischer Zahlungsschwierigkeiten in Japan von den Problemen innerhalb der Eurozone abwenden.

Sollte es jedoch tatsächlich zu einer anhaltenden Blockade kommen, wäre die Weltwirtschaft um ein neues Stabilitätsrisiko reicher. Japan zählt zur Gruppe der hochverschuldeten Industriestaaten. Da aber ein Großteil der Verbindlichkeiten von japanischen Investoren gehalten wird, blieb das Land von schwerwiegenden bislang verschont.

Die Situation in Tokio erinnert an das politische Gezerre um eine Anhebung der Schuldenobergrenze in den USA. Vor nicht ganz zwölf Monaten stand Washington aufgrund parteipolitischer Blockaden .

Quelle: ntv.de, mmo/rts

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