Wirtschaft

"Lücken in der Altersvorsorge" Fahrenschon schlägt Zinsalarm

"Die Niedrigzinsphase kostet die Sparkassen jährlich etwa 500 Millionen Euro": Der Sparkassenpräsident auf dem deutschen Sparkassentag im April (Archivbild).

"Die Niedrigzinsphase kostet die Sparkassen jährlich etwa 500 Millionen Euro": Der Sparkassenpräsident auf dem deutschen Sparkassentag im April (Archivbild).

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Nebenwirkungen der niedrigen Zinsen fressen sich wie ein Krebsgeschwür in das deutsche Spargewebe. Der Präsident des Sparkassenverbands ruft dazu auf, Kunden vor einem "realem Vermögensverlust" zu schützen. Den Geldhäusern selbst entgehen riesige Summen.

Im früheren Leben war er bayerischer Finanzminister: Georg Fahrenschon.

Im früheren Leben war er bayerischer Finanzminister: Georg Fahrenschon.

(Foto: picture alliance / dpa)

Dauerhaft niedrige Zinsen können nach Ansicht von Sparkassen-Präsident Georg Fahrenschon schmerzhafte Folgen für die Verbraucher in Deutschland haben. Sollte die Niedrigzinsphase noch länger anhalten, "wird es zu deutlichen Lücken in der Altersvorsorge kommen", sagte der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbands (DSGV) den "Stuttgarter Nachrichten". Auch die Sparkassen selbst bekämen die Folgen zu spüren: "Die Niedrigzinsphase kostet die Sparkassen jährlich etwa 500 Millionen Euro", so Fahrenschon weiter.

Der Verbandspräsident bekräftigte damit frühere Aussagen, die mit dem zinspolitischen Kurs der Europäischen Zentralbank (EZB) hart ins Gericht gehen: "Die Rettungspolitik der EZB ist an ihre praktischen und rechtlichen Grenzen gestoßen", hatte Fahrenschon zum Beispiel im Juni bei einer Veranstaltung der FDP-Fraktion betont. Der Niedrigzins schädige die Sparkultur, berge die Gefahr neuer Finanzblasen und drücke auf das stabile Geschäft von Banken und Versicherungen.

Mit dem Dilemma zwischen steigenden Preisen und mageren Renditen sehen sich zunehmend auch Sparer und Kleinanleger konfrontiert. Einen möglichen Ausweg sieht Fahrenschon auf dem Immobilienmarkt: Der Sparkassen-Präsident forderte die Politik dazu auf, mehr Menschen beim Kauf eines Eigenheims zu unterstützen.

Appell an die künftige Regierung

"Ich könnte mir eine Neugestaltung der Wohnungsbauförderung vorstellen", so Fahrenschon. Eine "langfristig angelegte Eigenheimförderung" müsste auf kinderreiche Familien und mittlere Einkommen zugeschnitten sein.

Hintergrund seiner Überlegungen sind die Auswirkungen der Krisenpolitik führender Notenbanken in Europa und den USA, mit denen die Geldpolitiker noch immer die Folgen der Finanz-, Banken- und Staatsschuldenkrise abzufedern versuchen. Sowohl im Euroraum als auch in den USA bemühen sich die Währungshüter, die konjunkturelle Entwicklung durch historisch niedrige Leitzinssätze anzukurbeln.

Die direkten und indirekten Negativ-Nebenwirkungen dieser Politik treten mittlerweile an verschiedenen Stellen offen zu Tage. In den klassisch-konservativen Geldanlagen des "kleinen Mannes" wie etwa Sparguthaben oder Tagesgeld liegt die Verzinsung ohnehin zum Teil längst unter den Teuerungsraten. Im Klartext heißt das: Selbst eine moderate Inflation droht die Ersparnisse der Bundesbürger mittelfristig aufzufressen.

Wenig Begeisterung für Aktien

Fahrenschon positioniert die Sparkassen als Lösung: Nach seinen Worten versuchen die Sparkassen, "über Alternativen zu klassischen Anlageformen unsere Kunden vor realem Vermögensverlust zu schützen". Er räumte aber ein, dass die Kunden für Wertpapieranlagen kaum zu gewinnen seien, obwohl diese eine wichtige Säule der Altersvorsorge seien.

Die Konsequenzen liegen für Fahrenschon auf der Hand: "Fast alle Bürger werden als Steuerzahler und Sparer zur Stabilisierung des Finanzsystems herangezogen. Aber von der Erholung der Aktienmärkte profitieren nur wenige."

Erst Anfang September hatte Fahrenschon in seiner Funktion als Sparkassenpräsident harsche Kritik an den Regulierungsbemühungen im Finanzmarkt geübt: Der geplante Mechanismus zur Abwicklung von Problembanken auf europäischer Ebene werde nicht funktionieren, sagte er. Der vorgesehene Ablauf sei viel zu kompliziert und höhle die demokratische Gewaltenteilung auf. "Bis das alles fertig ist, ist die Bank längst tot."

Quelle: ntv.de, mmo/dpa

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