Wirtschaft

Weitere Zinssenkungen und mehr EZB-Ökonom denkt laut nach

Der Devisenmarkt bleibt nervös: Was kommt da noch aus Frankfurt?

Der Devisenmarkt bleibt nervös: Was kommt da noch aus Frankfurt?

(Foto: dpa)

Die EZB ist laut ihrem Chefsvolkswirt Peter Praet durchaus willig, die Schleusen noch weiter zu öffnen. Neben Zinssenkungen kämen auch Wertpapierkäufe in Frage. Der Devisenmarkt reagiert empfindlich auf diese erneuten Gedankenspiele. Und lässt sich auch von Bundesbankpräsident Weidmann nicht trösten.

Die Europäische Zentralbank hat nach Aussagen ihres Chefvolkswirts Peter Praet noch einiges in ihrem geldpolitischen Arsenal, um die Inflationsrate wieder der Stabilitätsmarke der EZB zu nähern. Dafür kämen etwa Wertpapierkäufe oder eine weitere Senkung des Leitzinses in Frage, betonte Praet in einem Interview des "Wall Street Journal". Auch wenn der Leitzins mittlerweile auf 0,25 Prozent gesunken sei, habe die Zentralbank "noch Spielraum". So könne die EZB durchaus einen Strafzins auf Geld erheben, das die Finanzinstitute bei der Zentralbank parken. Damit wäre der sogenannte Einlagezins im negativen Bereich, womit die EZB Neuland betreten würde.

Auch der Umfang der Bilanzen der Notenbanken der Euro-Zone seien ein Ansatzpunkt, um den Preisauftrieb anzuregen. "Dazu gehören Wertpapierankäufe am Markt mit gehandelten Papieren, die jede Notenbank tätigen kann", sagte Praet. Die Äußerungen Praets drückten den Wechselkurs des Euro. Die Gemeinschaftswährung fiel unter die Marke von 1,34 Dollar.

EZB-Chef Mario Draghi hatte die jüngste Zinssenkung auf das Rekordtief von 0,25 Prozent unter anderem damit begründet, dass der Euro-Zone eine längere Phase niedriger Inflation bevorstehe. Auch Draghi hatte mehrmals betont, dass die EZB ihr Pulver noch nicht verschossen habe. Die EZB sieht stabile Preise bei einer Jahresteuerung von knapp zwei Prozent gewährleistet. Zuletzt war die Inflationsrate auf 0,7 Prozent gefallen.

Bundesbank-Präsident Jens Weidmann verteidigte derweil die historische Zinssenkung gegen Kritik gerade aus Deutschland. Nach den Exzessen der Vorkrisenzeit müssten viele Länder die hohen öffentlichen und privaten Schulden abbauen und wettbewerbsfähiger werden. Dies sei ein zäher Prozess, der das wirtschaftliche Wachstum noch lange dämpfen wird, sagte Weidmann beim Wirtschaftstag der Volks- und Raiffeisenbanken in Frankfurt: "Angesichts der auf mittlere Sicht zu erwartenden niedrigen Inflationsraten und der schwachen konjunkturellen Entwicklung ist eine expansive Ausrichtung der Geldpolitik im Euro-Raum gerechtfertigt."

Der Zinsschritt hatte zum Teil harsche Kritik insbesondere aus Deutschland provoziert. Bemängelt wurde etwa, die EZB nähme mit ihrer Zinspolitik mehr Rücksicht auf Krisenländer wie Spanien oder Italien, wo sich die Konjunktur viel schwächer als etwa in Deutschland entwickelt. Für Deutschland sei der Zins hingegen viel zu niedrig.

Geldpolitik für alle

Weidmann wies die Vorwürfe zurück. Der EZB-Rat müsse die Leitzinsen so festlegen, dass Preisstabilität im gesamten Euroraum gewährleistet ist. Zielmarke der Notenbank ist eine Inflationsrate von mittelfristig knapp zwei Prozent: "Der EZB-Rat macht Geldpolitik für den gesamten Euro-Raum und nicht für einzelne Länder." Zumal die Teuerung nicht nur in den Krisenländern niedrig sei, sondern auch in Deutschland. Eine Deflation erwarte der EZB-Rat aber nicht.

Die extrem niedrigen Zinsen hätten das Ziel, die Konjunktur zu beleben, sagte Weidmann. Gleichzeitig berge die Politik des ultrabilligen Geldes aber Gefahren: "Die Risiken und Nebenwirkungen nehmen vor allem dann zu, wenn das Medikament Niedrigzins zu einem Dauertherapeutikum wird, während die Wirksamkeit der extrem niedrigen Zinsen abnimmt, je länger sie anhalten."

Weidmann machte sich zudem eine Aussage des früheren Chefvolkswirts der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ), William White, zu eigen: "Eine ultralockere Geldpolitik kann die Gesundheit von Banken gefährden, die Funktionsweise der Finanzmärkte stören, die Unabhängigkeit der Notenbanken bedrohen und Regierungen zu unvorsichtigem Verhalten verleiten."

Gerade für Sparer sind die niedrigen Zinsen ärgerlich, weil die Inflation ihr Geld auffrisst. Er könne die Sorge vor einer "schleichenden Enteignung der deutschen Sparer" nachvollziehen, sagte Weidmann: "Für mich ist es daher wichtig, Sorge dafür zu tragen, dass negative Realzinsen kein Dauerzustand werden und die Geldpolitik nicht zur Gefangenen der Politik oder der Finanzmärkte wird."

Quelle: ntv.de, sla/dpa/rts

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