Wirtschaft

Überraschung beim Rettungsfonds Deutschland rettet Banken mit Gewinn

Vorsitzender im Soffin-Leitungsausschuss: Christopher Pleister.

Vorsitzender im Soffin-Leitungsausschuss: Christopher Pleister.

(Foto: REUTERS)

Die dunklen Wolken der Finanzkrise scheinen sich zu lichten: Soffin-Chef Pleister - im Namen Deutschlands zuständig für dreistellige Milliardenbeträge und unter anderem in der Commerzbank investiert - schreibt zur Verblüffung skeptischer Beobachter satt-schwarze Zahlen.

Gute Nachrichten aus dem Sonderfonds: Das Risiko für den Steuerzahler schwindet.

Gute Nachrichten aus dem Sonderfonds: Das Risiko für den Steuerzahler schwindet.

(Foto: picture alliance / dpa)

Deutschland macht mit der Rettung seiner Banken erstmals Gewinn: Der Rettungsfonds Soffin hat das Geschäftsjahr 2012 mit einem Überschuss von 580 Mio. Euro abgeschlossen. Damit schreibt der Fonds zum ersten Mal seit seiner Gründung im Herbst 2008 schwarze Zahlen.

Noch im Jahr 2011 hatte der Soffin über 13 Mrd. Euro Verlust verbuchen müssen. In den vergangenen Monaten hatte es Spekulationen gegeben, der Bankenrettungsfonds könne auch 2012 erneut mit einem Milliardenminus abschließen.

"Die Entspannung der Liquiditätslage der deutschen Banken hat maßgeblich zu einem Rückgang der vom Steuerzahler zu tragenden Risiken geführt", erklärte Soffin-Chef Christopher Pleister in einer Mitteilung der Bundesanstalt für Finanzmarktstabilisierung (FMSA).

Rückstellungen, etwa für Altlasten der Hypo Real Estate (HRE) konnten teilweise aufgelöst werden. Zudem gaben Banken binnen Jahresfrist einen Großteil ihrer staatlichen Garantien zurück. Die vom Soffin gewährten Garantien verringerten sich im Vergleich zum 31. Dezember 2011 um fast 87 Prozent auf 3,7 Mrd. Euro.

Dazu kommen 18,8 Mrd. Euro Eigenkapitalhilfen, die sich auf HRE (9,8 Mrd. Euro), Commerzbank (derzeit noch 6,7 Mrd. Euro), die WestLB-Nachfolgerin Portigon (2,0 Mrd. Euro) und die Aareal Bank (300 Mio. Euro) verteilen. Die Commerzbank will die restliche direkte Staatshilfe über eine Kapitalerhöhung noch in diesem Jahr zurückzuzahlen. Der Wert der Beteiligungen des Soffin - stille Einlagen und Aktien - an gestützten Instituten wie der Commerzbank verringerte sich im vergangenen Jahr um 1,7 Mrd. Euro auf 6,3 Mrd. Euro.

Trotz der Verbesserung bleibt die Bankenrettung vorerst ein Risiko für die Steuerzahler: Seit seiner Gründung Ende Oktober 2008 häufte der Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (Soffin) einen kumulierten Verlust von 21,5 Mrd. Euro an. Eine Endabrechnung wird erst in einigen Jahren möglich sein, wenn alle Geschäfte abgewickelt sind. Der Bund hatte den Fonds nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers eingerichtet. Der Staat haftet mit Steuergeld für potenzielle Risiken.

Erst am Wochenende hatte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble festgestellt, dass die Schuldenkrise in Europa seiner Ansicht nach längst nicht mehr der größte Krisenherd der Weltwirtschaft sei. "Die Eurozone ist nicht mehr eine wesentliche Ursache für globale Besorgnis", sagte Schäuble wörtlich.

Schick kritisiert das Zahlenwerk

Der finanzpolitische Sprecher von Bündnis 90/Die Grünen im Bundestag, Gerhard Schick, kritisierte die veröffentlichten Zahlen dagegen als zu wenig transparent: "Weder der Haushaltsgesetzgeber noch die Steuerzahler können sich ein der tatsächlichen Vermögens- und Risikolage entsprechendes Bild machen und damit einschätzen, ob Risiken realistisch bewertet oder potenzielle Verluste in die Zukunft geschoben wurden", ließ Schick mitteilen.

Der Soffin war Ende 2008 auf dem bisherigen Höhepunkt der weltweiten Finanzkrise aus der Taufe gehoben worden. Seitdem fuhr der Bankenrettungsfonds Verluste von insgesamt rund 23 Mrd. Euro ein. Mit Hilfe des Soffin rettete der Bund unter anderem die Immobilienbank Hypo Real Estate und die Commerzbank.

Ende November vergangenen Jahres beschloss der Bundestag eine Verlängerung für den Soffin um weitere zwei Jahre. Allerdings sollen künftig nicht mehr die Steuerzahler für Fehlentwicklungen auf den Finanzmärkten haften, sondern die Banken selbst.

Als Signal einer allgemeinen Entspannung dürfte der Überschuss des Rettungsfonds dabei nicht nur in den Reihen der Bundesregierung hochwillkommen sein. Deutschland kämpft wie die meisten Industriestaaten mit einem hochentwickelten Bankensystem seit 2008 gegen die Auswirkungen der Finanzkrise. Im Kreis der europäischen Nachbarländer hatten instabile Geldhäuser im Anschluss an die Turbulenzen am Finanzmarkt gleich reihenweise für erhebliche Probleme in den Staatshaushalten gesorgt. Auch in Deutschland musste letztendlich Geld der Steuerzahler in Milliardenhöhe aufgewendet werden, um eine katastrophale Eskalation im Bankensystem abzuwenden.

Marktprofis zweifeln an der Ruhe

Der Bankensturm mündete direkt in die europäische Schuldenkrise: Um einen unkontrollierten Zusammenbruch zu verhindern mussten unter anderem Irland, Spanien, Griechenland und Zypern Milliarden an Steuergeldern in die Rettung der Banken investieren - und damit ihre ohnehin längst stark verschuldeten Etats weiter belasten.

Grundlegend gelöst sind diese Schuldenprobleme noch nicht: Mehr als die Hälfte der Finanzmarkt-Investoren hält einer Umfrage zufolge deshalb auch eine neuerliche Verschärfung der Schuldenkrise in der Eurozone zumindest für möglich. Nach Angaben der Ratingagentur Fitch bewerteten 29 Prozent der befragten Portfolio-Manager die jüngste Entspannung nur als kurze Ruhephase.

Irrationale Übertreibung?

Weitere 30 Prozent seien der Auffassung, die Märkte würden auf irrationale Weise übertreiben und die anhaltende konjunkturelle Schwäche der Eurozone ignorieren, erklärte Fitch. Es gebe einen starken Kontrast zwischen der hartnäckigen Rezession in vielen Euro-Ländern mit rekordhoher Arbeitslosigkeit und der Rally an den Aktienmärkten, die vielfach die Kurse auf historische Höhen getrieben hat.

Wenn sich die Wirtschaft aber nicht stabilisiere, sei wieder mit stärkeren Schwankungen an den Märkten zu rechnen, hieß es im Fazit der Fitch-Studie weiter. Die Analysten der Agentur hatten im Rahmen der Studie eigenen Angaben zufolge eine Auswahl an Portfolio-Managern befragt, die zusammen für ein Anlagevolumen von 8,6 Billionen Euro stehen.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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