Wirtschaft

"Unglaubliche soziale Katastrophe" Ausschreitungen in Athen

In Athen kommt es am Rande einer Demonstration von mehreren tausend Menschen gegen die strengen Sparmaßnahmen und die damit einhergehende "soziale Katastrophe" zu Ausschreitungen. Rund 200 vermummte Autonome schleudern mehrere Brandflaschen auf die Polizei, die setzt zur Gegenwehr Tränengas und Blendgranaten ein. Und die Regierung will das Reformtempo noch erhöhen.

Mit landesweiten Demonstrationen und einem 24-stündigen Generalstreik haben zehntausende Griechen gegen neue Sparmaßnahmen protestiert. In Athen gab es Zusammenstöße zwischen Polizei und mehreren hundert randalierenden Jugendlichen. Wie aus Kreisen des Finanzministeriums verlautete, wurde das neue Sparpaket in Höhe von über 11,5 Mrd. Euro abschließend ausgearbeitet.

Mehr als 34.000 Menschen nahmen laut Polizei an den Protesten in Athen teil, weitere 18.000 gingen in Thessaloniki auf die Straße. Die Sicherheitskräfte setzten Tränengas und Blendgranaten ein, um etwa 200 vermummte Demonstranten auseinanderzutreiben, die sich in der Nähe von Luxushotels am Athener Syntagma-Platz versammelt hatten. Zuvor hatten die Jugendlichen Brandbomben geworfen, Schaufenster eingeworfen und Mülleimer angezündet. Knapp 5000 Polizisten sicherten die Straßen. Ein Demonstrationszug ging zum Parlament, das von Metallabsperrungen blockiert wurde.

Kämpfen für die Zukunft

Tausende andere Demonstranten machen ihrem Unmut auf andere Weise Luft - ohne Gewalt, aber lautstark.

Tausende andere Demonstranten machen ihrem Unmut auf andere Weise Luft - ohne Gewalt, aber lautstark.

(Foto: dpa)

"Wir sind hier, um für unsere Zukunft zu kämpfen", sagte eine 20-jährige Jurastudentin, die an den Demonstrationen in Athen teilnahm. "Seit zwei bis drei Jahren leben wir in einer unglaublichen sozialen Katastrophe", sagte ein 56-jähriger Beamter. Die Demonstrationen begleiteten den dritten Generalstreik in diesem Jahr, zu dem die großen Gewerkschaften unter dem Motto "SOS - rettet das Land, aber zuerst seine Menschen" aufgerufen hatten.

Wegen der Arbeitsniederlegungen gab es massive Störungen im Nah- und Fernverkehr. Fährverbindungen zu den griechischen Inseln konnten nicht gewährleistet werden, wegen eines dreistündigen Fluglotsenstreiks mussten zwölf Flüge gestrichen werden. Es war der erste landesweite Generalstreik seit dem Antritt der Regierung unter Ministerpräsident Antonis Samaras im Juni.

Demonstranten draußen, Sparpläne innen

Während draußen die Bevölkerung ihrem Unmut Luft machte, arbeitete die Regierung in Athen nach zahlreichen Sparrunden an einem weiteren Sparpaket mit Streichungen im Umfang von 11,5 Milliarden Euro. Geplant sind weitere Kürzungen von Löhnen, Renten und Sozialleistungen. Die Landesführung steht dabei unter dem Druck der sogenannten Troika von Europäischer Zentralbank, Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds.

Wie aus dem Finanzministerium verlautete, steht das neue Sparpaket bereits. Samaras und Finanzminister Giannis Stournaras verständigten sich demnach bei einem unangekündigten Treffen am Dienstagabend darauf. Samaras soll die Vorschläge nun den Koalitionspartnern vorlegen. Bevor im Parlament darüber abgestimmt wird, muss auch die Troika zustimmen. Die Troika-Experten werden am Sonntag zurück in Athen erwartet.

Das neue Sparpaket ist die Voraussetzung für die Überweisung einer neuen Hilfstranche der internationalen Geldgeber in Höhe von 31,5 Mrd. Euro. Athen fordert eine Verlängerung der Frist zum Erreichen ihrer Reformziele um zwei Jahre. IWF-Chefin Christine Lagarde warnte am Dienstag für einen solchen Fall vor einer Finanzierungslücke. Das Finanzministerium in Athen bestätigte am Mittwoch, dass mit einer Finanzierungslücke von 13 bis 15 Milliarden Euro zu rechnen sei.

Ex-Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) sagte in Berlin zu einem möglichen Aufschub für Griechenland, es müsse darum gehen, "Griechenland innerhalb der Eurozone zu stabilisieren". Die politischen und ökonomischen Folgen eines Scheiterns seien "überhaupt nicht absehbar".

Quelle: ntv.de, sla/AFP

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