Marktberichte

Ifo-Daten und der Terror in Brüssel US-Börsen schließen im Minus

Mehr als 30 Tote im Zentrum Europas: Die Terrornachrichten aus Brüssel erreichen den US-Aktienmarkt.

Mehr als 30 Tote im Zentrum Europas: Die Terrornachrichten aus Brüssel erreichen den US-Aktienmarkt.

(Foto: imago/UPI Photo)

Diesen Handelstag werden Anleger so schnell nicht vergessen: Die Brüsseler Terroranschläge lassen den Dax bis auf 9763 Punkte absacken. Danach kann sich der Markt stabilisieren. Auch in den USA geraten Reise- und Airline-Aktien unter Druck.

Der deutsche Aktienmarkt hat den Handel am Dienstag nach einer Berg- und Talfahrt mit Gewinnen beendet. Am Morgen hatten Analysten den Handelstag noch zum "Super Tuesday" erklärt - wegen diverser Einkaufsmanager-Daten, Ifo-Index und ZEW-Konjunkturerwartungen. Dann machten die Terroranschläge in Brüssel einen Strich durch die Rechnung: Einem verhaltenen Start folgte ein Kursrutsch bis auf ein Tagestief von 9763 Punkten. Am Mittag fing sich der Markt wieder, einem kurzen Abstecher in positives Terrain folgte erneut ein Abschlag. Erst zum Handelsende blieb das Plus.

Der Dax verabschiedete sich 0,4 Prozent fester bei 9990 Punkten und damit auf Tageshoch. Am Montag hatte der deutsche Börsenleitindex zwar eine Handelsspanne von rund 230 Punkten aufgewiesen, am Ende stand aber ein nahezu unveränderter Schlusskurs. Der MDax zog am Dienstag ebenfalls 0,4 Prozent auf 20.188  Zähler an. Der TecDax gewann 0,5 Prozent auf 1603 Stellen.

"2 Prozent wären drin gewesen ..."

Es sei zwar traurig, aber mit Anschlägen dieser Art müsse jederzeit in jeder europäischen Metropole gerechnet werden, sagte ein Händler. "Ohne die Anschläge in Brüssel wäre der Dax dann heute eher 2 Prozent im Plus gewesen", kommentierte ein weiterer Marktteilnehmer. Den Grund hierfür sah er in starken Konjunkturdaten.

Dabei fiel ein schwächerer Einkaufsmanager-Index des verarbeitenden Gewerbes in Deutschland nicht weiter ins Gewicht. Ein deutlich gestiegener Ifo-Geschäftsklimaindex März dann schon: Er steht bei 106,7 und damit über den prognostizierten 105,9. Ebenfalls einen deutlichen Anstieg verzeichnete der ZEW-Index der Konjunkturerwartungen: Er stieg im März auf 4,3 nach zuvor 1,0 Indexpunkten.

Dax: Lufthansa unter Beobachtung

Bei den Einzelwerten richtete sich der Fokus der Anleger nach den Anschlägen in Brüssel auf Touristikonzerne und Airlines. Lufthansa gaben 1,3 Prozent ab. Thomas Cook fielen um 4,6 Prozent. Tui büßten rund 1,8 Prozent ein.

Daneben stand einmal mehr der Bankensektor und dabei vor allem die Deutsche Bank im Blick: Bei ihr verläuft die Restrukturierung nach Aussagen des Finanzvorstand Marcus Schenck schleppender als erhofft. "Vor allem die Aussage, die ersten zwei Monate des Jahres seien die schlimmsten in seiner Bankkarriere gewesen, lassen Schlimmes für das Jahr erwarten", sagte ein Händler. Möglicherweise dürften Analysten darauf mit gesenkten Gewinnschätzungen für 2016 reagieren. Und die Ratingagentur Moody's droht zudem mit einer Herunterstufung. Deutsche-Bank-Titel sackten fast 2 Prozent ab.

Belastend für alle Banken darüber hinaus war ein Bericht des "Handelsblatts", wonach die deutsche Tochter der Citigroup gegenüber dem Finanzamt für Kapitalertragssteuern im Volumen von mehr als 700 Millionen Euro haften soll. Das gehe auf Dividenden-Stripping-Geschäfte zurück, hieß es. "Auch hier ist völlig unklar, was das eventuell für Commerzbank und Deutsche Bank für Folgen hätte", so ein Händler. Commerzbank verloren 0,3 Prozent.

MDax: Zahlen, Dividenden, Analysten

Als sehr konservativ bis leicht enttäuschend werteten Händler den Ausblick von Fuchs Petrolub. "Die jetzt präzisierte Prognose liegt doch deutlich unter den Markterwartungen", sagte ein Marktteilnehmer. Zwar sei Fuchs für eher konservative Jahresausblicke bekannt, jedoch sei die Abweichung hier deutlich. Die Titel verloren 0,1 Prozent.

Nach einem Gewinnsprung will der Roboter- und Anlagenbauer Kuka seinen Aktionären für 2015 mehr Geld zukommen lassen. Im vergangenen Jahr kletterte der Gewinn nach Steuern demnach trotz eines Zukaufs in der Schweiz um 27 Prozent auf 86,3 Millionen Euro. Die Dividende soll um 0,10 Euro steigen auf 0,50 Euro je Aktie. Die Erwartungen des Marktes seien nicht ganz erfüllt worden damit, hieß es im Handel. Die Papiere drehten im Handelsverlauf ins Plus und schlossen 0,5 Prozent fester.

Dürr dagegen zogen etwa 2 Prozent an. Grund hierfür war eine positive Analysteneinschätzung. Die Berenberg Bank nimmt den Lackieranlagenhersteller auf ihre Kaufliste. Auch Ströer gewannen 1,5 Prozent. Der endgültige Geschäftsbericht hielt so manche positive Überraschung für die Aktionäre bereit.

TecDax: Spin-off macht Laune

Klar positiv wertete der Handel den Spin.off bei Evotec: Evotec gründet Topas Therapeutics GmbH aus - ein Unternehmen spezialisiert auf Autoimmunerkrankungen. "In letzter Zeit ist es sehr ruhig bei Evotec geworden", so ein Aktienhändler. Die Ausgliederung wie auch die erste Finanzierungsrunde sorgten für Fantasie. Die Aktien sprangen 3 Prozent an.

Günstige Perspektiven sehen die Analysten der Bank RBC für Dialog Semiconductor. Er könnte vom neuen kleineren iPhone des Apple-Konzerns profitieren. Dialog ist einer der Zulieferer für die Apple-Smartphones, und Apple erhofft sich von dem kleineren und billigeren Gerät steigende Umsätze. Dialog schlossen 2,5 Prozent im Plus.

Wall Street: Dow schließt leicht im Minus

Die Anschlagsserie in Brüssel hat an der Wall Street nur kurzzeitig Verunsicherung ausgelöst. Vor allem Luftfahrt- und Reisewerte gerieten in New York zeitweise unter Druck. "Das maue Wirtschaftswachstum weltweit - auch in den USA - steigert die Anfälligkeit des Marktes für jede Art von Terrorangriffen", meinte der Investmentstratege James Abate vom Fondsverwalter Centre Funds.

Der Dow-Jones-Index hatte sich nach anfänglich leichten Verlusten ins Plus vorgearbeitet und sogar bei 17.648,94 Punkten ein Jahreshoch erreicht, bevor er wieder leicht ins Minus abbröckelte. Kurz vor Handelsschluss litt der Dow etwas unter Verlusten bei Finanzwerten und schloss schließlich 0,23 Prozent tiefer bei 17.582,57 Punkten. Der S&P-500-Index bewegte sich mit einem Minus von 0,09 Prozent auf 2049,80 Punkte letztlich kaum vom Fleck. Auch er war zwischenzeitlich auf den höchsten Stand des laufenden Jahres geklettert. Für den Technologiewerte-Index Nasdaq 100 ging es um 0,24 Prozent auf 4437,62 Zähler nach oben.

Als einziges Konjunktursignal von Rang wurde am Berichtstag der Markit-Einkaufsmanagerindex für die Industrie veröffentlicht. In der ersten Umfrage ergab sich für den März ein Indexstand von 51,4 Punkten. Volkswirte hatten mit 52,0 Punkten gerechnet.

Reise- und Freizeitwerte wurden von den Brüsseler Anschlägen gedrückt. Im Zentrum der Attacke standen der internationale Flughafen und eine U-Bahnstation in der Nähe der EU-Institutionen. Aktien der Fluglinien Delta Air Lines und American Airlines Group verloren 1,5 Prozent beziehungsweise 1,6 Prozent. Unter den Kreuzfahrtveranstaltern verbilligten sich Royal Caribbean Cruises um 2,9 Prozent und Carnival um 2,1Prozent.

Am Ende des Dow büßten die Papiere der Investmentbank Goldman Sachs mehr als 1 Prozent ein. Anteilsscheine des Kreditkarten-Anbieters American Express verloren ebenfalls rund 1 Prozent und die Aktien des Wettbewerbers Visa fielen um 1,10 Prozent.

Die Technologiewerte profitierten von Gewinnen bei den Aktien von Apple. Mit dem neuen günstigeren und kleineren iPhone SE hofft der Konzern auf einen Erfolg in Schwellenländern wie China und Indien. Auf der Aktie lastete kurzzeitig die Nachricht, dass die US-Bundespolizei FBI das iPhone eines Attentäters möglicherweise auch ohne Hilfe des Unternehmens knacken kann. Apple weigert sich bislang, das Gerät zu entschlüsseln.

Analysten hatten sich überwiegend positiv zu der Einführung eines neuen, kleineren iPhones mit aktueller Technik geäußert. Damit weicht der Konzern im Smartphone-Geschäft zwar seine langjährige Hochpreis-Strategie auf. Im Gegenzug aber erhofft sich das Unternehmen, neue Kunden zu gewinnen. Die Apple-Aktie gewann 0,8 Prozent.

Die Brüsseler Terroranschläge dämpften insgesamt die Stimmung, belasteten in der Folge aber vor allem die Tourismuswerte. Bei früheren Anschlägen sei es zu heftigeren Kursreaktionen gekommen, sagten Teilnehmer. Die Luft werde aber nach der jüngsten Gewinnserie zunehmend dünner, hieß es: Seit Anfang März gab es 13 Tage mit Aufschlägen und nur zwei mit Verlusten.

Nach Börsenschluss wird Sportartikelhersteller Nike über den Verlauf des dritten Geschäftsquartals berichten. Anleger waren offenbar verhalten optimistisch: Die Aktien gewannen 0,3 Prozent.

Rohstoffe: Gold gefragt

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 87,39

Die Terroranschläge in Brüssel trieben einige Anleger in Richtung "sicherer Häfen". Der Goldpreis profitierte davon. Eine Feinunze kostete am Abend 1252 Dollar nach rund 1240 Dollar am Montag.

Der Ölpreis zeigte sich uneinheitlich. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete 41,55 Dollar und damit in etwa so viel wie am Montagabend. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte West Texas Intermediate (WTI) fiel dagegen 0,8 Prozent auf 41,19 Dollar.

Starke Impulse fehlten am Ölmarkt. Stützend wirkte die Aussicht auf eine fallende Produktion in den USA und eine somit geringere Ölschwemme. Nach wie vor zeigt sich die Produktion der amerikanischen Schieferölproduzenten aber erstaunlich robust. Auch die Erwartung einer Förderbegrenzung durch mehrere Opec-Staaten und Russland stütze die Preise, hieß es im Handel.

Devisen: Euro taucht kurz ab

Euro / US-Dollar
Euro / US-Dollar 1,07

Die Brüsseler Terror-Serie drückte zeitweise auch den Euro deutlich. Im Handelsverlauf glich die Gemeinschaftswährung zwar einen großen Teil der Verluste wieder aus, lag aber am Abend mit 1,1232 Dollar etwa 0,1 Prozent unter dem Wert vom frühen Handel. Zwischenzeitlich war der Euro bis auf 1,1189 Dollar gefallen. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs gegen Mittag auf 1,1212 Dollar fest nach 1,1271 Dollar zu Wochenbeginn.

"Die schrecklichen Ereignisse in Brüssel verdeutlichen, dass die geopolitischen Krisen und Risiken die wirtschaftliche Entwicklung weiterhin beeinträchtigen können", sagte Jens Kramer, Experte bei der Landesbank Nord/LB.

In diesem Umfeld traten Konjunkturdaten klar in den Hintergrund: In den Führungsetagen europäischer Unternehmen war die Stimmung mit Blick auf die wirtschaftliche Lage gut. Der Markit-Stimmungsindikator überraschte positiv. "Die Eurozone hat im März wieder ein Lebenszeichen von sich gegeben", sagte Chris Williamson, Chef des Londoner Forschungsinstituts Markit.

Asien: uneinheitlich

Spekulationen über eine baldige Zinserhöhung in den USA beschäftigten dagegen den asiatischen Aktienhandel. Während die Kurse in Japan zulegten, gerieten sie an anderen Börsen unter Druck. Auslöser waren Äußerungen führender Vertreter der US-Notenbank Federal Reserve, wonach die nächste geldpolitische Straffung bereits im April erfolgen könnte.

Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans lag den Großteil der Handelszeit im Minus,  drehte dann aber hauchdünn ins Plus. In Tokio ermunterten Kursverluste des Yen die Anleger zu Aktienkäufen. Der Nikkei-Index stieg 1,9 Prozent auf 17.048 Punkte. Der breiter aufgestellte Topix-Index legte 1,9 Prozent auf 1369 Punkte zu. "Die Leute, die vergangene Woche Yen kauften und Aktien verkauften, haben anscheinend ihre Positionen gewechselt", sagte Takuya Takahashi von Daiwa Securities.

In China kehrte nach den Schlagzeilen des Vortages wieder etwas Ernüchterung ein. Der Shanghai-Composite verlor nach der Vortagesrally 0,4 Prozent auf 3007 Punkte. Zentralbanker Zhou Xiaochuan hatte eine beschleunigte Entwicklung der Kapitalmärkte angemahnt und eine Reduzierung der Verschuldung der Unternehmen gefordert. Marktbeobachter verstanden dies als Hinweis darauf, dass staatliche Stellen an steigenden Aktienkursen interessiert sein könnten.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

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