Marktberichte

Minuszeichen an der Wall Street Trump macht US-Börsianer nervös

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(Foto: REUTERS)

Mit einer knappen Zolldrohung katapultiert US-Präsident Trump die Aktienmärkte zurück in einen Zustand der Verunsicherung: Ratlos blicken Anleger auf einen Handelsstreit, der nach Einschätzung eines US-Notenbankers "generell keine gesunde Sache für die Wirtschaft" ist.

Aus Furcht vor einem Scheitern der Handelsgespräche zwischen China und den USA haben sich Anleger an der Wall Street zu Wochenbeginn in sichere Positionen zurückgezogen. Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab vergleichsweise moderate 0,3 Prozent auf 26.438 Punkte nach. Der breiter gefasste S&P-500 sank um 0,4 Prozent auf 2932 Zähler. Der Composite-Index der Technologiebörse Nasdaq verlor 0,5 Prozent auf 8123 Punkte.

Hinweis: Wie der Börsen-Tag in Europa lief, können Sie hier nachlesen.

Der wieder hochkochende Zollstreit habe die Investoren verunsichert, hieß es aus New York. Zuvor hatten bereits die Aktienmärkte in Asien und Europa teils deutlich kräftigere Kursverluste verzeichnet. Auslöser der neuen Unsicherheit sind Andeutungen von US-Präsident Donald Trump, der am Vortag mit der Ankündigung höherer Sonderzölle den Druck auf China erhöht und so die Sorge der Anleger vor einem Handelskrieg zurückgebracht hatte.

"Anleger haben bislang darauf gesetzt, dass es eine schnelle Einigung gibt in den Verhandlungen", erklärte Marktanalyst Mati Greenspan vom Onlinebroker eToro die Lage. "Mit nur zwei kleinen Tweets hat Donald Trump allerdings die Ruhe an den Märkten zerstört."

Trump hatte am Sonntag aus heiterem Himmel für diesen Freitag eine Anhebung der Importzölle für bestimmte chinesische Produkte von bislang 10 Prozent auf künftig 25 Prozent angekündigt und seine harte Haltung am Montag bekräftigt. Unklar war zunächst noch, wie die Regierung in Peking mit der Drohung umgeht.

Für Entlastung sorgte im Handelsverlauf ein Bericht, wonach eine chinesische Delegation noch in dieser Woche zu neuen Verhandlungen in die USA reisen soll. Der US-Leitindex konnte seinen anfänglichen Abschlag von 470 Punkten daraufhin auf letztlich nur noch 66 Punkte reduzieren. Am Markt wurde dabei diskutiert, ob es sich bei den Trumpschen Drohungen vielleicht doch nur um eine Art brachiale Verhandlungstaktik handeln könnte.

Der US-Notenbanker Patrick Harker warnte vor den Folgen einer Eskalation im Handelsstreit zwischen den USA und China. "Das ist generell keine gesunde Sache für die Wirtschaft", sagte der Chef der Notenbank von Philadelphia mit Blick auf Handelbeschränkungen und Zollerhebungen. Die Spannungen in den Handelsbeziehungen seien Teil eines ganzen Bündels von Ungewissheiten, die auf Geschäftsangelegenheiten und Märkten lasteten. Harker erklärte, er wisse nicht, wie der Handelsstreit gelöst werden könne, und legte damit nahe, eine abwartende Haltung einzunehmen.

Unter Druck standen an der Wall Street vor diesem Hintergrund besonders Aktien von Chipherstellern, die einen Großteil ihrer Umsätze in China erwirtschaften. Das Branchenbarometer Philadelphia Chip Index gab 1,7 Prozent nach. Auch Technologiefirmen waren unter den Verlierern. Die Aktien von Apple büßten 1,5 Prozent ein. Die Anteilsscheine von Boeing, dem größte US-Exporteur nach China, verloren 1,3 Prozent an Börsenwert. Der Flugzeugbauer musste allerdings zu Wochenbeginn auch einräumen, dass der Konzern bereits rund ein Jahr vor dem ersten Absturz einer 737-Max-Maschine von einem Softwareproblem der neuen Modellreihe Kenntnis hatte.

Spuren hinterließen die Handelssorgen auch bei Industrieaktien wie 3M, Caterpillar oder United Technologies sowie Technologiewerten wie Intel, die sich mit Einbußen zwischen 1 und 1,7 Prozent unter den Verlierern im Dow versammelten. Analystin Alexandra Walvis von Goldman Sachs erwartet aber vor allem die Textilbranche als besonders stark betroffen von einer möglichen Zollerhöhung, da die Unternehmen hier derzeit noch besonders viel aus China importierten. Namentlich erwähnte die Expertin vor allem das Textilunternehmen Yeti, dessen Aktien um mehr als 4 Prozent absackten. Im Dow waren Nike mit 2,5 Prozent Minus das Schlusslicht.

Ein Scheitern der Verhandlungen würde schwerwiegende Folgen für die weltweiten Börsen haben, kommentierte Marktanalyst Milan Cutkovic vom Brokerhaus AxiTrader die Lage. "Es ist zwar wahrscheinlich, dass Trump auch dieses Mal nur den Druck erhöhen möchte und keine neuen Strafzöllen folgen - zumindest nicht kurzfristig." China werde aber wohl kaum "mit der Pistole am Kopf" verhandeln wollen.

Dem Druck gänzlich entziehen konnten sich die Aktien von Chevron und Anadarko, die um 1,0 beziehungsweise 3,8 Prozent anzogen. Letztere profitierten davon, dass Occidental Petroleum im Bieterwettkampf um den Ölförderer sein 38 Milliarden Dollar schweres Angebot versüßte - und so die bereits besiegelte Übernahme durch Chevron noch ins Wanken bringt. Gemessen am Kursanstieg schienen die Anleger von Chevron dies mit Erleichterung zu sehen.

Am Markt ein zentrales Thema war außerdem der im Wochenverlauf erwartete Börsengang von Uber, der einer der größten in der bisherigen Finanzgeschichte werden dürfte. Es könnte die am höchste bewertete Börsenpremiere seit der von Alibaba im Jahr 2014 werden. Mit der Erstnotiz wird aber erst am Freitag gerechnet.

Im Devisenhandel sorgte die Entscheidung der türkischen Wahlkommission für Aufsehen: Die Behörde entschied - offensichtlich unter massivem politischen Druck -, die Kommunalwahl in Istanbul zu annullieren und eine Neuwahl anzusetzen. Die türkische Lira brach daraufhin zum Dollar kräftig ein.

Der Euro notierte am Abend bei 1,1210 Dollar und damit 0,3 Prozent fester. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs zwischenzeitlich auf 1,1199 (Freitag: 1,1155) Dollar festgesetzt. Der Dollar hatte damit 0,8929 (0,8965) Euro gekostet.

Trumps Zolldrohung bewegte neben den Aktien- auch die Anleihenmärkte. US-Rentenpapiere dienten vielen Anlegern als "sicherer Hafen". Richtungweisende zehnjährige Anleihen kletterten um 8/32 auf 101-2/32 Punkte. Ihre Rendite fiel auf 2,4998 Prozent. Der 30-jährige Bond erhöhte sich um 12/32 auf 101-27/32 und rentierte mit 2,9077 Prozent.

Quelle: ntv.de, mmo/dpa/rts

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