Marktberichte

"Konfrontationskurs zur EU" London und Rom machen Börsen nervös

Die Brexit-Gegner sind unermüdlich - aber im März soll Großbritannien aus der EU austreten.

Die Brexit-Gegner sind unermüdlich - aber im März soll Großbritannien aus der EU austreten.

(Foto: REUTERS)

Turbulent ging die alte Handelswoche zu Ende und es ist absehbar, dass die neue genauso startet. Denn der Haushaltsplan der italienischen Regierung ist eine Provokation für die EU. Doch auch in London ist man auf Konfrontationskurs.

Der Dax dürfte es auch in der neuen Woche nicht leicht haben: Die Haushaltspläne Italiens und die Angst vor einem ungeordneten Brexit werden den Anlegern wohl erneut zu schaffen machen. "Italien geht klar auf Konfrontationskurs zur EU", urteilten die Analysten der BayernLB. Das könne vor allem den Euro weiter drücken. Am Freitag fiel die Gemeinschaftswährung unter 1,16 Dollar auf den tiefsten Stand seit zwei Wochen. Der Dax verlor am Freitag 1,5 Prozent und schloss mit 12.246,73 Punkten.

Die italienische Regierungskoalition und der parteilose Wirtschafts- und Finanzminister Giovanni Tria haben sich auf ein Defizitziel für 2019 in Höhe von 2,4 Prozent des Bruttoinlandsproduktes verständigt - so wie es die populistische 5-Sterne-Bewegung und die rechte Lega gefordert hatten. "Das hat einen schlechten Beigeschmack, die 5-Sterne-Bewegung scheint der klare Gewinner zu sein, was deutlich macht, wie die Machtverhältnisse sind", sagte Commerzbank-Stratege Christoph Rieger.

"Ich habe etwas Vernünftigeres erwartet, aber das haben wir nicht bekommen", ergänzte Fondsmanager Roberto Lottici vom Vermögensverwalter Ifigest. "Ich dachte, Tria ist ein Bollwerk, aber er war es nicht und ist wahrscheinlich nur auf Bitte von (Präsident Sergio) Mattarella im Amt geblieben, um Marktturbulenzen zu vermeiden." Am Donnerstag hatten Gerüchte über einen Rücktritt Trias die Runde gemacht.

EU-Wirtschaftskommissar Pierre Moscovici bezeichnete die Schulden des südeuropäischen Landes als "explosiv" und mahnte zur Haushaltsdisziplin. Italien muss den Entwurf bis zum 15. Oktober bei der EU-Kommission und der Eurogruppe einreichen.

May ist "massiv unter Druck"

Auch Großbritanniens geplanter EU-Ausstieg bleibt an den Märkten ein Thema. Auf dem am Sonntag beginnenden Parteitag der Konservativen muss sich Regierungschefin Theresa May zahlreichen Kritikern stellen und ihre Brexit-Pläne verteidigen. "Die britische Premierministern ist massiv unter Druck, einen Deal mit der EU zu erzielen, der auch von ihrer eigenen Partei breit unterstützt wird", konstatierten die Analysten der Landesbank LBBW. Dies könne nur gelingen, wenn die Brexit-Hardliner zu deutlichen Kompromissen zu bewegen seien. "Dies wäre unserer Meinung nach aber nur dann der Fall, wenn als Alternative der Verbleib in der EU drohen würde."

Bei dem jüngsten EU-Gipfel in Salzburg hatte es keine Annäherung gegeben. Knackpunkte in den Verhandlungen zwischen Großbritannien und der EU sind unter anderem der Umgang mit der irisch-nordirischen Grenze und der Zugang zum europäischen Binnenmarkt. Der nächste EU-Gipfel ist für den 18. Oktober angesetzt, ein mögliches EU-Sondertreffen zum Brexit wurde für den 17. und 18. November vereinbart.

Diesel und Thyssenkrupp

In der neuen Woche dürften Dax-Anleger wegen des Diesel-Streits vor allem den Autosektor im Auge behalten. Bislang ist unklar, in welchem Umfang sich die Hersteller an einer Nachrüstung beteiligen müssen. In Paris findet außerdem die Autoshow statt. Zudem werden weitere Details zur geplanten Aufspaltung von Thyssenkrupp erwartet. Der Aufsichtsrat soll diese am Sonntag absegnen. Der Vorstand will den Mischkonzern neu sortieren und in zwei börsennotierte Gesellschaften teilen.

Auf der Konjunkturseite wird mit den US-Arbeitsmarktdaten das Wichtigste zum Wochenschluss kommen. Diese und die ebenfalls anstehenden Einkaufsmanager-Indizes dürften Experten zufolge bestätigen, dass die weltgrößte Volkswirtschaft brummt - trotz Handelskonflikten und schwächelnden Schwellenländern.

"Motor ist die lebhafte Binnennachfrage: Die Konsumenten zeigen sich ausgabefreudig, die Unternehmen investieren kräftig, und auch der Staat fährt seine Ausgaben hoch", sagte Commerzbank-Analyst Christoph Balz. Das dürfte auch die US-Notenbank (Fed) in ihrer Zinspolitik bestätigen. In der vergangenen Woche hatte die Fed die Zinsen weiter angehoben, bis Ende 2019 will sie noch vier Mal nachlegen.

Quelle: ntv.de, mli/rts

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