Marktberichte

Damoklesschwert 12.000 Jahreshoch erfreut Dax-Anleger nicht

Der Dax legt los wie die Feuerwehr: Das neue Jahreshoch sackt der Leitindex im frühen Geschäft ein. Ab da geht es aber stetig abwärts. Die Wall Street kann daran auch nichts ändern. Dort bleibt man unter 21.000 Punkten.

"Deutlich im Plus gestartet - und dann kam nichts mehr."So hat n-tv-Börsenexperte Frank Meyer die Situation am deutschen Aktienmarkt am Donnerstag für den Dax zusammengefasst. Direkt nach dem Start schraubte der Leitindex sein Jahreshoch auf 12.056 Punkte - ein Aufschlag von etwa 140 Zählern. Rund 100 Punkte gab er danach wieder ab. Dass er oberhalb der 12.000er Marke geschlossen habe sei wichtig, so Meyer weiter, denn unterhalb wäre der Aufwärtstrend dahin gewesen.

Der Dax verabschiedete  sich mit einem Aufschlag von 0,6 Prozent und 12.083 Punkten aus dem Handel. Das bisherige Jahreshoch lag bei 12.083 Zählern. Am Mittwoch war der Leitindex mit einem leichten Aufschlag aus dem Handel gegangen. Der MDax verbesserte sich 0,6 Prozent auf 23.664 Stellen. Der TecDax gewann 0,6 Prozent auf 1988 Punkte.

Konjunktur Fed liefert Sicherheit

Am Mittwochabend hatte die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) die Zinsen um 25 Basispunkte erhöht - wie vom Markt erwartet. "Die Schätzungen der Fed für Wachstum und Inflation wurden nur moderat erhöht", sagte ein Händler. Zudem habe sich mit dem Fed-Gouverneur Neel Kashkari aus Minneapolis ein Fed-Mitglied gegen die Zinserhöhung ausgesprochen.

"Die Entscheidung der US-Notenbank ist ausgefallen wie erwartet", kommentierte Daniel Saurenz von Feingold Research. "Jetzt ist die harte Konjunkturwelt dran und nur wenn sich diese weiter verbessert, hätten Dax und Dow noch Luft nach oben."

Positiv werteten Händler darüber hinaus das schwache Abschneiden des Rechtspopulisten Geert Wilders bei der niederländischen Parlamentswahl. Hier setzte sich der rechtsliberale Ministerpräsident Mark Rutte laut Hochrechnungen klar durch.

Charttechnik: "Spinning Top" und "Absicherungs-Orgie"

Störfeier sendet nun die Charttechnik. Händler sehen hier eine "nicht unkritische" technische Lage. "Die Bewegung heute Morgen hat das Zeug zum Fehlausbruch", warnte ein Marktteilnehmer: "Das war ein typisches Abschießen von Buy-Stops, dem nichts nachgefolgt ist." Beim Jahreshoch über 12.150 Punkten sei das Orderbuch voll von Buy-Stops gewesen, wahrscheinlich von Marktteilnehmern wie Fonds, die ein Verpassen der Aufwärtsdynamik vermeiden wollten. "Danach waren alle Stops abgeräumt, das Orderbuch leer und nichts kam mehr nach", so der Händler.

Sollte der Markt weiter fallen, würde dies für die zahlreichen technischen Trader eine "Spinning Top"-Formation im Candlestick-Chart ergeben - ein starkes Verkaufssignal und Zeichen für ein Hoch an den Märkten: "Das dürfte für den Aufbau neuer Shorts sorgen." Gleichzeitg gerate aber auch der steile Aufwärtstrend seit Herbst in Gefahr, der schon bei knapp unter 12.000 liege. Ein Fall dürfte zu einer heftigen "Absicherungs-Orgie" führen und die Kurse weiter drücken.

Dax: Kursaufschläge auf breiter Front

Bei den Einzelwerten profitierten zinssensible Titel von den Aussagen der Fed. Hierzu zählten Aktien von Unternehmen mit hohem Investitionsbedarf wie Stahlproduzenten. Thyssenkrupp stiegen 0,5 Prozent, Salzgitter rund 1 Prozent

SAP verbesserten sich ebenfalls fast 1 Prozent - nach guten Ergebnissen des Software-Entwicklers und Hauptkonkurrenten Oracle. Oracle hatte im abgelaufenen Geschäftsquartal je Aktie 69 Cent verdient, erwartet worden waren 62 Cent. Besonders das Cloud-Geschäft war stark gewachsen.

Heidelbergcement schossen mehr als 2 Prozent leichter. Das Unternehmen hatte das Synergieziel nun um 70 auf 470 Millionen Euro erhöht. Auch insgesamt klinge der Ausblick etwas positiver als befürchtet, sagte ein Händler. Der Dividendenvorschlag von 1,60 Euro entsprach den Erwartungen.

Der Ausblick von Lufthansa trieb den Kurs 5,5 Prozent. Der Konzern plant nur mit einem leichten Rückgang des bereinigten Gewinns im laufenden Jahr. "Das gibt Spielraum", sagt ein Händler. Analysten gingen bisher von etwa 20 Prozent Minus aus. "Die Stimmung für die Aktie dürfte sich nach der Grundsatzeinigung mit den Piloten noch weiter verbessern", ergänzte ein anderer Marktteilnehmer.

MDax: K+S-Dividende bricht ein

K+S drehten am Ende 0,7 Prozent ins Minus. Mit Enttäuschung wurde am Markt die Dividende aufgenommen. Die Aktionäre sollen für 2016 nur 0,30 Euro je Aktie erhalten. Analysten hatten im Mittel mit 0,44 Euro gerechnet. Im Vorjahr flossen noch je 1,15 Euro. Auch der operative Gewinn war eher enttäuschend ausgefallen: Er lag nicht nur stark unter dem Vorjahr, sondern auch unter den Analystenschätzungen.

Europa: Renault unter Druck

Mehr als 3 Prozent abwärts ging es für die Aktien von Renault. "Auf der Aktie ist heftiger Druck, belastend wirkt vor allem die französische Presse, die stark darauf abzielt, dass es schon seit 25 Jahren konsequente Manipulationen geben solle", sagte ein Händler: "Dazu kommt die Sorge, dass es Carlos Ghosn persönlich betreffen könnte." Der Renault-Vorstand habe sich anders als das VW-Management nicht funktional von der Verantwortlichkeit abgeschirmt. Wie es in "Les Echos" hieß, sei nun eine Strafe von bis zu 3,6 Milliarden Euro möglich.

Als "sehr positiv" werteten Händler die Zahlen von Generali, die Anteilsscheine legten mehr als 3 Prozent zu. "Das liegt doch deutlich über den Markterwartungen", sagte ein Händler. Zudem sei die Dividende erhöht worden. "Generali zeigt eine bessere Kapitalausstattung, als zu befürchten war", so der Händler. Dazu liege die Eigenkapitalrendite (RoE) mit 13,5 Prozent am oberen Rand der Erwartungen von "über 13 Prozent". Die Dividende steigt auf 0,80 Euro nach 0,72 Euro.

USA: Gute Laune verfliegt

Die Wall Street gab einen Teil der Vortagesgewinne wieder ab. Hatten die Anleger am Mittwoch die sachte Tonlage der US-Notenbank noch freudig begrüßt, herrschte nun eher Ernüchterung. Einen Teil dazu trug der volatile Ölpreis bei, der leicht ins Minus rutschte. Größerer Verkaufsdruck kam nicht auf, zumal sich zu den Fed-Aussagen die Erleichterung über den ausgebliebenen Rechtsruck bei den niederländischen Parlamentswahlen gesellte.

Die Fed hatte zwar am Vorabend wie erwartet die Leitzinsen erhöht, aber gleichzeitig signalisiert, dass es 2017 bei insgesamt drei Zinserhöhungen bleiben wird, mithin keine Beschleunigung des Zinserhöhungszyklus zu befürchten ist. Die Sorge vor schneller steigenden Zinsen hatte zuletzt an den Märkten für Verunsicherung gesorgt.

Der Dow-Jones-Index fiel um 0,1 Prozent auf 20.935 Punkte. Der S&P-500 verlor 0,2 Prozent und der Nasdaq-Composite gewann 1 Punkt.

Auf der Aktienseite zogen Oracle nach gut ausgefallenen Geschäftszahlen kräftig an. Der Kurs legte um 6,2 Prozent zu. Der Nettogewinn von Oracle erreichte im dritten Geschäftsquartal 2,24 Milliarden Dollar und übertraf die Analystenerwartung deutlich. Der Spezialkamerahersteller Gopro will noch einmal Stellen streichen, um der Gewinnschwelle näher zu kommen. Weitere 270 Jobs sollen wegfallen. Zudem gab das Unternehmen einen optimistischen Ausblick. Die Gopro-Aktie stieg um 15,8 Prozent.

Tesla gewannen 2,4 Prozent. Der Hersteller von Elektrofahrzeugen ist nach eigenen Angaben auf dem besten Wege, noch in diesem Jahr ein für breitere Käuferschichten erschwingliches Modell auf den Markt zu bringen. Dazu benötigt das Unternehmen jedoch 1 Milliarde Dollar, die über die Ausgabe von neuen Aktien im Volumen von 250 Millionen Dollar und Wandelanleihen für 750 Millionen Dollar aufgebracht werden sollen.

Devisen: Euro über 1,07

Der Dollar war angesichts der geringeren Unterstützung von der Zinsseite der große Verlierer der US-Notenbanksitzung. Er setzte die Vortagesbewegung fort. Der Euro kostete 1,0766 Dollar - so viel wie zuletzt Anfang Februar.

Rohstoffe: Ölpreis doch schwächer

Die Ölpreise schwankten zwischen kleinen Aufschlägen und Verlusten. Die geldpolitischen Beschlüsse stützten etwas, denn die Aussicht auf nicht zu schnell steigende Zinsen bei einer gleichzeitig robusten Konjunktur befeuert die Spekulation über eine ungetrübt anziehende Ölnachfrage. Andererseits steht im Hintergrund stets die Sorge um ein Überangebot, vor allem wegen der US-Förderung. US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich zum Settlement um 0,2 Prozent auf 48,75 Dollar. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete 51,80 Dollar.

Gold profitierte nochmals von den Zinsaussichten in den USA, nachdem es schon am Vortag einen Satz nach oben gemacht hatte. Nicht so schnell steigende Zinsen machen das zinslose Edelmetall wieder etwas attraktiver für die Anleger. Die Feinunze stieg mit 1227,10 auf das höchste Settlement seit zwei Wochen. Am späten Mittwoch notierte Gold noch bei rund 1220 Dollar.

Asien: Aufschläge

Die Börsen in Fernost reagierten mit leichten Kursaufschlägen auf die gestiegenen US-Leitzinsen. In Tokio gewann der Nikkei-Index 0,1 Prozent auf 19.590 Punkte. Hier bremste vor allem der erstarkte Yen die Aufwärtsbewegung. Der Shanghai Composite kletterte 0,8 Prozent auf 3269 Zähler. Der HSI in Hongkong gewann ebenfalls deutlicher.

Die chinesische Notenbank (PBoC) hatte ebenfalls an der Zinsschraube gedreht. Den Leitzins ließ die PBoC zwar unangetastet, doch erhöhte sie die Zinsen für 7-, 14- und 28-tägige Repogeschäfte.

Im südkoreanischen Seoul stieg der Kospi 0,6 Prozent. Indexschwergewicht Samsung Electronics legte mehr als 1 Prozent zu. Das Unternehmen kündigte an, im Mai technische Details zu einem neuen Chip bekannt zu geben, der die Speicherkapazität digitaler Geräte deutlich verbessern soll.

Quelle: ntv.de, bad/rts/dpa/DJ

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