Marktberichte

Fed überrumpelt Dollar-Fans Euro profitiert

Lieber doch noch nicht drosseln: Bernanke und seine Kollegen halten die US-Wirtschaft noch für zu schwach.

Lieber doch noch nicht drosseln: Bernanke und seine Kollegen halten die US-Wirtschaft noch für zu schwach.

(Foto: REUTERS)

Der oberste Notenbanker der USA, Bernanke, löst mit seinen Worten am Devisenmarkt große Umschichtungen aus: Fondsmanager, Analysten und Investoren müssen ihre Einschätzungen nach dem überraschenden Fed-Entscheid schnell anpassen. Der Dollar fällt, der Euro steigt. In den Schwellenländern ziehen die Kurse an.

Die vorerst ungebremste Fortsetzung der ultralockeren US-Geldpolitik hat den Dollar ins Wanken gebracht. Der Euro stieg nach dem Fed-Entscheid am Mittwoch bis auf 1,3541 Dollar und war damit so teuer wie zuletzt Anfang Februar. Am Donnerstag kletterte die Gemeinschaftswährung mit 1,3550 Dollar noch einmal höher.

Zur großen Überraschung aller Finanzmarkteilnehmer hatte Fed-Chef Ben Bernanke am Vorabend deutlich gemacht, dass die Fed die Wirtschaft noch nicht für robust genug hält, um ihre monatlichen Wertpapierankäufe über 85 Milliarden Euro langsam zurückzufahren. Ob die Zentralbank noch in diesem Jahr damit beginnen könnte, ließ er offen.

Die US-Notenbank habe die Marktteilnehmer mehr als überrascht, urteilte Helaba-Analyst Ralf Umlauf in einem Kommentar. Michelle Girard, Volkswirtin bei der UBS, erklärte, die Entscheidung der Fed könnte die Tür für eine langanhaltende ultralockere Geldpolitik eröffnen. "Und das wiederum könnte auch bedeuten, dass die Zinsen erst später angehoben werden." 

An den Finanzmärkten profitierten nahezu alle Anlageklassen von dem Fed-Enscheid. Besonders heftig war die Reaktion in den Schwellenländern, die in den Monaten zuvor am stärksten unter der erwarteten geldpolitischen Wende in den USA gelitten hatten.

Anleger kalt erwischt

Die Fed habe viele Anleger auf dem falschen Fuß erwischt, die auf eine Drosselung gesetzt hätten, sagten Händler. Der Kurs der US-Währung fiel nach der Entscheidung auf den tiefsten Stand seit sieben Monaten und erreichte damit jenes Niveau, auf dem er bereits gelegen hatte, bevor Fed-Chef Ben Bernanke erstmalig den Einstieg in den Ausstieg aus dem Anleihe-Aufkaufprogramm in Erwägung gezogen hatte.

"Keine Drosselung!", kommentierte der Investmentstratege Brad McMillan von Commonwealth Financial den Paukenschlag. "Der Markt liebt das!" Es bleibe aber abzuwarten, ob die Begeisterung anhalte. Es gab aber auch Kopfschütteln: "Um die Wahrheit zu sagen, ich bin wirklich erschüttert", sagte Chef-Marktstratege Joseph Trevisani von WorldwideMarkets.

Im Rahmen ihres ersten Treffens im September hatten die Währungshüter der US-Notenbank Federal Reserve (Fed) den Ausstieg aus der Ära des billigen Geldes völlig überraschend aufgeschoben. "Wir waren mit Blick auf das Wirtschaftswachstum zu optimistisch", sagte Fed-Chef Ben Bernanke am Vorabend. Auch die hohe Zahl der Arbeitslosen sei ein Risiko für die Konjunktur. Daher werde die Notenbank die Wirtschaft weiter mit dem Aufkauf von Staatsanleihen im Volumen von 85 Milliarden Dollar pro Monat stützen.

"Die Fed versucht jetzt, den Geist wieder in die Flasche zu bekommen", sagte Philip Marey von der Rabobank. Die billionenschweren Hilfen der Notenbanken rund um den Globus haben die Aktienmärkte in den vergangenen Jahren gestützt. Kritiker monieren, sie seien aber mittlerweile abhängig von ihnen wie von einer Droge.

Währungen der Schwellenländer im Aufwind

Der Druck auf die indische Rupie lässt nach.

Der Druck auf die indische Rupie lässt nach.

(Foto: REUTERS)

Die in den vergangenen Wochen schwer belasteten Währungen der Schwellenländer wie Indonesien, Thailand, Malaysia und Indien reagieren mit teils kräftigen Erholungsbewegungen auf die überraschend ausgebliebene Drosselung der expansiven US-Geldpolitik. Händler sprechen von einer "Kapitulation in Dollarpositionen", die in Erwartung sinkender Anleihekäufe durch die Notenbank aufgebaut worden seien.

Die indische Rupie stieg am Donnerstag um 2,8 Prozent auf den höchsten Stand seit mehr als vier Wochen, die indonesische Rupie legte 1,5 Prozent zu. Die türkische Lira zog um drei Prozent an. Auch das thailändische Baht, der malaysische Ringgit und der philippinische Peso erfreuten sich einer regen Nachfrage von Finanzinvestoren.

Investoren hatten sich seit Wochen darauf eingestellt, dass die US-Notenbank Fed deutlich weniger Geld in den Markt pumpen und absehbar eine Zinswende einleiten wird. Höhere Zinsen würden auch eine höhere Rendite für den Dollar nach sich ziehen. Deswegen hatten sie Währungen der Schwellenländer massiv abgestoßen, die sie seit Beginn der lockeren Geldpolitik der globalen Notenbanken in der Hoffnung auf hohe Renditen gekauft hatten. Für die betroffenen Volkswirtschaften in Asien verschärften sich durch das plötzliche Desinteresse der Investoren hausgemachte Probleme erheblich. Analysten warnten bereits vor einer neuen "Asien-Krise".

Fed-Chef Ben Bernanke hatte im Zuge der überraschenden Maßnahme mit Hinweis auf die auf die Kursentwicklungen der Schwellenländerwährungen eingestanden, dass sich Probleme in den Schwellenländern auch negativ auf die USA auswirken könnten.

Jon-Marke ist keine "magische Zahl"

Bernanke sagte nach der Entscheidung, es gebe weiterhin Risiken für die Konjunktur: "Mit 7,3 Prozent liegt die Arbeitslosenquote weiter klar über einem akzeptablen Niveau." Wohin die Quote sinken müsse, ließ er offen. Auch die wiederholt kolportierten 7,0 Prozent, bei der die Fed handeln könne, sei keine "magische Zahl".

Am ultra-niedrigen Leitzins von null bis 0,25 Prozent will die Notenbank so lange festhalten, bis die Arbeitslosenquote "deutlich unter 6,5 Prozent" gefallen ist. Dies ist aber auch an die Bedingung geknüpft, dass die Inflation nicht über 2,5 Prozent zu steigen droht. Nach Ansicht von zwölf der 17 Fed-Notenbanker ist 2015 der richtige Zeitpunkt, um die Zinszügel wieder anzuziehen.

Die US-Notenbank blickt inzwischen wieder pessimistischer auf die Wirtschaft als noch vor drei Monaten: Die Fed erwartet für 2014 ein Wachstum von durchschnittlich 3,0 Prozent. Im Juni hatte sie noch 3,25 Prozent veranschlagt.

Schuldenberg wird zum Risiko

Dazu kommt: Die enorm angeschwollene US-Verschuldung ist der Fed zufolge ebenfalls ein Risiko. Den USA droht nach Einschätzung der Haushaltsbehörde des Kongresses zwischen Ende Oktober und Mitte November die Zahlungsunfähigkeit, sollte das Parlament keiner Erhöhung der Schuldenobergrenze zustimmen.

Anders als die Europäische Zentralbank, die für vor allem für Preisstabilität sorgen soll, hat die Fed auch einen Auftrag: Vollbeschäftigung zu erreichen. Mit den Bond-Käufen soll die Wirtschaft in Schwung gebracht werden. Unter anderem werden so die langfristigen Zinsen für Immobilien-Papiere und Staatsanleihen gedrückt. Damit werden etwa Hauskäufe lukrativer.

Bernankes Amtszeit endet Anfang 2014. Einige Beobachter rechnen nun damit, dass es vorher keine Drosselung der Hilfen mehr geben wird. Nachfolgerin Bernankes wird vermutlich die Fed-Vize-Präsidentin Janet Yellen, die eher für eine Fortsetzung der lockeren Geldpolitik steht.

Quelle: ntv.de, ddi/mmo/DJ/rts

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