Marktberichte

1,19-Dollar-Marke unterschritten Euro erholt sich nach Absturz leicht

Es ist der tiefste Stand seit fast neun Jahren, den der Euro im Tagesverlauf markiert: Am Mittag fällt die 1,19-Dollar-Marke, nachdem zuvor bereits die 1,20 Dollar obsolet geworden waren. Den Abwärtstrend forcieren Sorgen um die Eurozone.

Der Euro taucht am Montagmittag weiter nach unten ab und durchbricht die 1,19er-Marke zum Dollar: Am Montag fiel die Gemeinschaftswährung mit bis zu 1,1864 US-Dollar auf den tiefsten Stand seit März 2006. Vor rund einem halben Jahr hatte sie mit knapp 1,40 Dollar noch mehr als zwanzig Cent mehr gekostet.

Euro / Dollar
Euro / Dollar 1,06

Bis zum späten Nachmittag erholte sich der Euro auf 1,1920 Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs gegen Mittag auf 1,1915 Dollar festgesetzt - am Freitag waren es noch 1,2043 Dollar.

Am Markt wurde die Euro-Talfahrt zum einen mit der Aussicht auf eine noch lockerere Geldpolitik der EZB begründet. Wegen der schwachen Konjunktur und der niedrigen Inflation könnten die Währungshüter um ihren Chef Mario Draghi noch im Januar in den massenhaften Ankauf von privaten und staatlichen Wertpapieren einsteigen.

Wie stark der Druck auf die Notenbank mittlerweile ist, zeigten neue Inflationszahlen: In europäischer Rechnung liegt die Teuerung selbst im robusten Deutschland mit 0,2 Prozent nur noch hauchdünn über der Nulllinie. Wichtigster Grund sind die seit Sommer eingebrochenen Rohölpreise.

Belastet wird der Euro auch durch die vor allem in Deutschland wieder aufflammende Debatte über ein Ausscheiden Griechenlands aus dem Währungsraum. Sollte das eurokritische Linksbündnis Syriza die Neuwahlen Ende Januar für sich entscheiden können, zeichnen sich harte Verhandlungen zwischen Athen und seinen Geldgebern ab. Ein Scheitern könnte dazu führen, dass Griechenland den Währungsverbund verlässt.

Euro hat weiteres Abwärtspotenzial

Analysten sehen EZB-Präsident Mario Draghi zudem unter Druck, weitere Maßnahmen wie etwa umfangreiche Käufe von Staatsanleihen zu ergreifen. Die als "Quantitative Easing" (QE) bekannte Politik könnte die bereits rund zwei Billionen Euro schwere Bilanz der Zentralbank um gut eine weitere Billion aufblähen. Das drückt die Renditen, was wiederum die Anleihenpreise steigen lässt und die Attraktivität des Euro verringert. Die nächste geldpolitische Sitzung des EZB-Rates ist für den 22. Januar angesetzt.

"Für die EZB läuft die Zeit ab", um weitere Lockerungsmaßnahmen anzukündigen, sagte Mitul Kotecha, Leider der Devisenstrategie für die Region Asien-Pazifik beim Finanzhaus Barclays in Singapur. Nach Prognosen seines Unternehmens dürfte der Eurokurs bis zum Ende des ersten Quartals auf 1,17 Dollar sinken und bis Ende des Jahres auf 1,07 Dollar.

Coba: Rückkehr in den 1,20er-Bereich wird schwierig

Auch die Commerzbank (CoBa) zeigt sich von den neuen "Grexit"-Sorgen als Erklärung für den jüngsten Rückfall des Euro indes nicht überzeugt. Für Coba-Experte Ulrich Leuchtmann ist vor allem eine allgemeine Dollar-Stärke zu erkennen und keine spezifische Euro-Schwäche. Eine Rückkehr in den 1,20er-Bereich dürfte dem Wechselkurs schwerfallen.

"Es gibt ein paar Bedenken wegen der politischen Entwicklungen in Griechenland, aber ich würde die Verluste des Euro heute Morgen nicht unbedingt darauf zurückführen, weil es keine neuen Nachrichten zu dem Thema gab", sagt auch Richard Grace, Global Head für Währungsstrategie bei der Commonwealth Bank. "Es sieht so aus, als seien Stopps bei 1,2000 Dollar in einem relativ dünnen Markt ausgelöst worden, was zu einem eher scharfen, rasanten Fall des Euro um mehr als 1,0 Prozent beigetragen hat".

Auch nach Einschätzung von Daniel Been, Währungsstratege bei ANZ, wurden die Verkäufe durch die dünnen Märkte übertrieben. Der Markt sei jedoch nervös angesichts des zunehmenden Geredes über die Einführung von QE-Maßnahmen durch die EZB.

Quelle: ntv.de, kst/jwu/rts/dpa/DJ

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