Marktberichte

Infineon schert aus Dax trägt Rot

Mau begonnen, nichts dazugewonnen.

Mau begonnen, nichts dazugewonnen.

(Foto: Pixelio/Ruth Rudolph)

Ausverkaufsstimmung am deutschen Aktienmarkt: Die Unsicherheit über den weiteren geldpolitischen Kurs der US-Notenbank sorgt für Kursverluste. Zusätzliche Unruhe stiftet die Anhörung zu den Krisenmaßnahmen der EZB und zum europäischen Rettungsfonds ESM vor dem Bundesverfassungsgericht. Dem Abwärtstrend trotzen können Infineon. Die Titel profitieren von einer Kaufempfehlung.

Die Furcht vor einer weniger großzügigen Geldpolitik der großen Notenbanken hat sich einmal mehr bemerkbar gemacht. Der deutsche Aktienmarkt versackte genauso wie die anderen europäischen Märkte im roten Bereich. Nervös reagierten die Anleger zum einen auf die Ankündigung, dass die Bank of Japan ihr Anleihenkaufprogramm nicht weiter ausbaut, zum anderen darauf, dass das Bundesverfassungsgericht Kritik an der Krisenpolitik der EZB anklingen ließ.

Der Dax verlor am Ende 1,0 Prozent auf 8222 Punkte. Der MDax büßte 0,9 Prozent auf 13.812 Zähler ein. Der TecDax fiel 0,7 Prozent auf 955 Punkte.

Der Aktienmarkt folgte damit den Vorgaben des japanischen Leitindex Nikkei, der nach dem Verzicht der japanischen Notenbank auf eine weitere Lockerung der Geldpolitik um 1,5 Prozent fiel. "Das wirft ein Schlaglicht auf die hohe Abhängigkeit der Märkte von Impulsen der Notenbanken für weitere Kursgewinne", sagte Anlagestratege Ioan Smith von Knight Kapital.

Gebannt blickten viele Börsianer auch nach Karlsruhe: Hier sorgte die Anhörung vor

Das Bundesverfassungsgericht befasst sich erneut mit dem Kurs der Euro-Retter. Im Zentrum der Verhandlung in Karlsruhe steht die Frage, ob die EZB ihre Kompetenzen überschritten hat.

Das Bundesverfassungsgericht befasst sich erneut mit dem Kurs der Euro-Retter. Im Zentrum der Verhandlung in Karlsruhe steht die Frage, ob die EZB ihre Kompetenzen überschritten hat.

(Foto: picture alliance / dpa)

dem Bundesverfassungsgericht zu den Klagen gegen die Krisenmaßnahmen Europäischen Zentralbank (EZB) und den europäischen Rettungsfonds ESM bei den Investoren für Unruhe.  Beschwerdeführer und Sachverständige legten ihre Argumente vor. Andreas Voßkuhle, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, betonte zur Eröffnung der Anhörung: "Hier wird zu klären sein, inwieweit die Europäische Zentralbank Kompetenzen in Anspruch nimmt, die nicht übertragen worden sind und von Verfassungs wegen auch nicht übertragen werden durften." Keine Rolle spiele dagegen, ob die Maßnahmen der EZB in der Praxis sinnhaft oder erfolgreich waren. "Andernfalls würde der Zweck allein die Mittel rechtfertigen", ergänzte Voßkuhle.

Karlsruhe bremst den Aufschwung

Beobachtern zufolge sollte der "zu erwartende Schlagabtausch zwischen Gegnern und Befürwortern der Maßnahmen der EZB nicht überbewertet werden". Die Positionen der Kontrahenten seien hinreichend bekannt, schrieben die Analysten der Essener National-Bank in einem Kommentar. Ein Urteil der Karlsruher Richter ist zudem auch erst im Herbst zu erwarten.

Jörg Asmussen (l.) und Jens Weidmann.

Jörg Asmussen (l.) und Jens Weidmann.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Obwohl das Gericht im Endeffekt wohl nicht gegen die Anleihekäufe der Europäischen  Zentralbank entscheiden wird, könnten die Anhörungen aber viel Lärm auslösen", ergänzte Frederik Ducrozet, Analyst des Credit Agricole. Ihre Stellungnahmen vor dem höchsten deutschen Gericht gaben unter anderem die deutschen Zentralbankvertreter Jörg Asmussen und Jens Weidmann ab.

Bereits am Vortag hatte EZB-Präsident Mario Draghi versucht, die Debatte zu entschärfen, indem er betonte, die EZB werde kein Land vor einer Insolvenz retten. Auch strebe sie keine Inflation zum Lösen der Schuldenkrise an. An den Devisenmärkten setzte der Euro die Aufwärtsbewegung gegen den US-Dollar fort und stieg in der Spitze auf 11,3316 Dollar.

Der Yen zog nach der Entscheidung der Bank of Japan zum Volumen der Anleihekäufe gegen den Greenback ebenfalls an. Die Notenbank ist nach Einschätzung der Commerzbank in einer schwierigen Lage. "Bisher hat er (Kuroda) mit seinem Versprechen einer Reflationierung der japanischen Volkswirtschaft einen deutlichen Anstieg der Renditen befördert, aber noch nicht wirklich Inflation erzeugt", sagte Ulrich Leuchtmann. Dadurch steige die Last des Schuldendienstes. Ein Problem für Japan, der am höchsten verschuldeten Industrienation weltweit.

Infineon profitiert von Analystenstimme

Bei den Einzeltiteln waren konjunkturabhängige Werte wie HeidelbergCement und ThyssenKrupp die Schlusslichter. Die Papiere büßten 3,4 und 2,5 Prozent ein. Die Allianz sackten 3,0 Prozent. Der Versicherungsverband GDV geht davon aus, dass die Hochwasser-Schäden höher sein werden als bei der Elbe-Flut 2002. JP Morgan schätzt, dass auf die Allianz Forderungen deutscher Versicherter von über 350 Millionen Euro zukommen, was 20 Millionen mehr wären als 2002.

Gegen den Dax-Trend konnten Infineon zulegen. Die Titel verteuerten sich um 3,3 Prozent. Das Plus ging auf das Konto der Analysten der Citigroup, die die Aktien des Chip-Herstellers zum Kauf empfohlen hatten. Als sehr gut für Infineon werteten Händler die Prognose des niederländischen Halbleiterherstellers NXP. Die ehemalige Chipsparte von Philips rechnet mit einem Umsatzplus von 6 bis 12 Prozent gegenüber dem Vorquartal. Dies sagte NXP-Chef Clemmer gegenüber dem Handelsblatt. "Das wäre mehr, als bisher bei Infineon erwartet", sagte ein Händler. Die Stärke des US-Automobilgeschäfts sei noch nicht voll im Infineon-Kurs berücksichtigt.

Lufthansa macht den Überflieger

Kursplus bei Lufthansa: "Die fundamentalen Aussagen des Unternehmens in den letzten Wochen waren nur von Molltönen begleitet, das kann es nicht sein", sagt ein Händler.

Kursplus bei Lufthansa: "Die fundamentalen Aussagen des Unternehmens in den letzten Wochen waren nur von Molltönen begleitet, das kann es nicht sein", sagt ein Händler.

(Foto: picture alliance / dpa)

Für leichte Verwunderung im Handel sorgte das zwischenzeitliche Kursplus von Lufthansa. "In so einem schwachen Markt im Plus zu sein, ist schon etwas Besonderes", sagte ein Händler: "Und dazu noch, wenn man am Vortag von Goldman Sachs auf Sell genommen wurde". Dies deute auf einen Kurstreiber, der nicht allen Marktteilnehmern bekannt sei. "Die fundamentalen Aussagen des Unternehmens in den letzten Wochen waren nur von Molltönen begleitet, das kann es nicht sein", so ein anderer Händler.

Auffallend seien auch die Eurex-Positionen: Sie zeigten den Aufbau von rund 20 Prozent neuen Call-Positionen beim Open Interest. "Das sieht aus, als setze jemand auf einen Ausbruch nach oben", so der Händler. Die Aktien gaben ihre Gewinne am Ende aber wieder komplett ab und notierten zuletzt mit 0,2 Prozent plus nahezu unverändert.

Fantasie entwich aus der Aktie der Deutschen Telekom. Schuld war das erhöhte Softbank-Angebot für Sprint. "Das unterstreicht, dass sie Sprint haben wollen und T-Mobile US wirklich nur die zweite Wahl wäre", sagte ein Händler. Softbank hatte in der Nacht das Angebot für Sprint Nextel auf 21,6 Mrd. US-Dollar und damit um rund 1,5 Mrd. US-Dollar aufgestockt. Zu Wochenbeginn kamen Spekulationen auf, die Japaner könnten alternativ zu Spring an T-Mobile USA Interesse haben. Im Frankfurter Spezialistenhandel verloren die Titel der Telekom 0,9 Prozent.

An der TecDax-Spitze standen die Anteilsscheine von SMA Solar mit einem Plus von 2,9 Prozent. Die Analysten  der Citi nahmen die Titel des Solarkonzerns von ihrer Liste der "least preferred" Aktien, stuften sie aber weiter als sehr riskante Anlage ein. 

Im Kleinwerte-Index SDax rutschten Takkt um 9,5 Prozent ab. Mehrheitsaktionär Haniel will 13,4 Mio. Anteilsscheine des Versandhändlers verkaufen.

Loewe wurden mit 20,7 Prozent von Börsianern abgestraft. Die Verluste von Loewe haben die Hälfte des Grundkapitals aufgezehrt. Auf einer Hauptversammlung muss der traditionsreiche TV-Gerätehersteller nun die Aktionäre informieren. Die Zukunft des seit Jahren gebeutelten Konzerns ist offen.

Quelle: ntv.de, ddi/rts/DJ

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