Marktberichte

Dow mit starkem Endspurt Dax stürzt nach EZB-Höhenflug ab

Nach zwischenzeitlich satten Gewinnen rauscht der Dax am Ende des Handelstages in die Tiefe.

Nach zwischenzeitlich satten Gewinnen rauscht der Dax am Ende des Handelstages in die Tiefe.

(Foto: imago/Ralph Peters)

Ein Desaster, anders ist dieser Börsentag nicht zu bezeichnen. Fast 500 Punkte stürzt der Dax von seinem Tageshoch nach unten. Zuvor hatte die drastische Geldpolitik der EZB den Leitindex noch kräftig angeschoben. Am Ende gibt es ein dickes Minus.

Was für ein bitteres Ende eines denkwürdigen Börsentages: Nachdem die Ausweitung der ohnehin schon historisch lockeren Geldpolitik der EZB den deutschen Aktienmarkt am frühen Nachmittag mehr als 270 Punkte nach oben katapultierte, ging es danach immer weiter bergab. Schließlich rutschte der Leitindex Dax nicht nur ins Minus, sondern die Verluste weiteten sich sogar aus. Am Ende kam der Dax fast 500 Punkte von seinem Tageshoch zurück und schloss mit einem Verlust von 2,3 Prozent auf 9498 Punkten.

Eine Ursache war der starke Euro, der nach dem EZB-Entscheid zunächst unter die Marke von 1,09 US-Dollar stürzte. Danach erholte sich die Gemeinschaftswährung aber wieder kräftig und notierte am späten Abend bei 1,1181 Dollar. Angesichts der Euro-Aufschläge sei es überraschend, dass der Dax nicht noch stärker im Minus notiere, hieß es am Markt.

"Mario Draghi hat geliefert, Janet Yellen wird noch liefern. Damit schlägt das Pendel der Währungsschwächefantasie wieder zugunsten des Dollars um und dies treibt paradoxerweise nach Draghi den Euro nach oben", kommentiert Daniel Saurenz von Feingold Research die Schwankung des Euro. Devisenmärkte und Märkte generell in Griff der Notenbanken seien paradox. "Primär wird negative Fantasie in die eine oder andere Richtung gehandelt, weil niemand wirklich stark ist", so Saurenz.

"Die EZB hat zunehmend ein Glaubwürdigkeitsproblem", sagte ein Händler zu den abrutschenden Börsenkursen. Nach der missglückten Dezember-Sitzung habe sich Mario Draghi erneut einen kommunikativen Fauxpas geleistet. Der EZB-Präsident hatte angedeutet, dass den aktuellen Zinssenkungen vermutlich keine weitere folgen werden. Zwar habe Draghi die Aussage relativiert, das Kind sei aber bereits in den Brunnen gefallen.

Was wurde überhaupt beschlossen? Die EZB weitet zum einen ihr milliardenschweres Kaufprogramm für Staatsanleihen und andere Wertpapiere aus. Statt 60 Milliarden Euro werde die Notenbank ab April 80 Milliarden Euro in den Markt pumpen, teilte die EZB mit. Zudem wird der Leitzins auf Null Prozent gesenkt. Auch verschärft die Zentralbank erneut den Strafzins für Bankeinlagen. Statt 0,3 Prozent müssen Banken nach Angaben der Notenbank künftig 0,4 Prozent Zinsen zahlen.

Andere versuchten den Maßnahmen etwas Gutes abzugewinnen: "Zinsen bleiben somit auf absehbare Zeit sehr niedrig, das gilt auch in besonderer Weise für sichere Staatsanleihen", sagte Ulrich Stephan, Chef-Anlagestratege für Privat- und Firmenkunden der Deutschen Bank gegenüber n-tv.de. Investoren sollten sich daher mit Unternehmensanleihen beschäftigen, so sein Rat.

Doch die EZB war heute aber nicht das einzige Thema: Zusätzlich gab es noch einen Schwung Unternehmenszahlen. K+S, Linde, Hannover Rück, Carrefour, Hugo Boss und die RTL Group gewährten Einblick in ihre Bücher. Dazu kamen starke Unternehmensnachrichten wie der überraschende Rücktritt von US-Volkswagen-Chef Michael Horn oder der milliardenschwere Deal der Deutschen Börse mit dem Rivalen Nasdaq.

Vergleichsweise günstig sahen laut Marktteilnehmern die Ergebnisse und der Ausblick von K+S aus. Der Konzern rechnet zwar mit "moderat" fallenden Umsätzen und mit einem deutlichen Gewinnrückgang. Dennoch sanken die Aktien deutlich ab und verloren am Ende mehr als zehn Prozent. "Das sind einfach ein paar Gewinnmitnahmen", sagte ein Händler. Der Kurs habe sich in den vergangenen beiden Wochen zeitweise um mehr als 20 Prozent erholt.

Überwiegend positiv werteten Händler die Zahlen der RTL Group. Vor allem in Deutschland habe sich das Werbungsgeschäft stark entwickelt und ähnlich wie bei Prosieben treibe auch hier das Digitalgeschäft. "Dass RTL Rekordzahlen liefert, hat man zwar erwartet, aber in den Details sehen sie noch besser aus", so ein Händler. Die Aktie musste dennoch 3,0 Prozent abgeben.

In Paris gaben Aktien von Carrefour um 6,7 Prozent nach. Der operative Gewinn des Handelskonzerns war 2015 um 13 Prozent zurückgegangen.

Frankfurt: K+S rutschten nach Zahlen ans Dax-Ende

K+S
K+S 13,83

Der Dax schloss am Ende 2,3 Prozent im Minus bei 9498 Punkten. Der Nebenwerte-Index MDax verlor "nur" 1,6 Prozent auf 19.156 Zähler. Verluste auch beim TecDax, der 2,0 Prozent auf 1567 Punkte abgab. In die Verlustzone rutschte am Ende auch der Euro-Stoxx-50, der sich um 1,2 Prozent auf 2981 Punkte verbilligte.

Größter Dax-Verlierer waren die Aktien von K+S mit einem Abschlag von 10,4 Prozent. Der Salz- und Düngemittelhersteller bereitet seine Investoren auf magere Zeiten vor. 2016 rechnet der Vorstand mit einem deutlichen Ergebnisrückgang. Volkswagen büßten nach dem Rücktritt von US-Volkswagen-Chef Michael Horn am Ende nach zwischenzeitlicher Erholung 3,9 Prozent ein.

Die satten Gewinne beim zwischenzeitlichen Spitzenreiter Deutsche Bank verpufften, es blieb ein Minus von 0,9 Prozent. Als einzige Gewinner konnten sich am Ende nur Adidas, Vonovia und Infineon halten: mit Aufschlägen zwischen 1,3 und 0,4 Prozent.

Ein überraschend hohes Gewinnplus gab im MDax Hannover Rück Auftrieb. Die Aktien des Rückversicherers stiegen um 1,1 Prozent. Am Ende des Nebenwerte-Index fielen hingegen Hochtief: Der Baudienstleister hat das vor einem Monat fortgesetzte Aktienrückkaufprogramm mit sofortiger Wirkung beendet. Anleger reagierten verschnupft, der Kurs verlor 7,6 Prozent.

Mit Erleichterung reagierten Anleger auf die nicht veränderte Dividende von Hugo Boss. Die Aktien des Modekonzerns steigen im MDax um 0,2 Prozent.

USA: Dow Jones nahezu unverändert

Auch an den New Yorker Börsen ging es mit den Kursen zunächst runter. Gegen Handelsende wurden die Verluste aber wieder abgebaut. Trotz einer neuen Welle billigen Geldes konnte EZB-Chef Draghi auch die US-Anleger nicht begeistern. "Die Hauptangst ist, dass es das erst einmal gewesen ist", sagte Credit-Agricole-Stratege David Keeble. "Die Äußerung Draghis, er gehe von keinen weiteren Zinssenkungen aus, wurde als die letzte Patrone interpretiert", sagte auch Marktstratege Andreas Paciorek von CMC Markets. "Er hat geliefert, aber die Frage ist jetzt, ob noch mehr kommen könnte - wohl eher nicht", ergänzte ein Börsianer.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte gab lediglich 5 Punkte ab und schloss bei 16.995 Zählern. Der breiter gefasste S&P-500 präsentiert sich mit 1990 Punkten auf Vortagesniveau. Der Nasdaq Composite verringerte sich um 0,3 Prozent auf 4662 Punkte.

Bei den Einzelwerten zählten Vericel zu den Gewinnern. Positive Testergebnisse bei einem Arzneimittel bescherten dem Pharmaunternehmen ein Kursplus von 86,8 Prozent. Im Zuge des Rückgangs der Ölpreise verbilligten sich Exxon-Papiere um 2,0 Prozent. Ein für den 20. März geplantes Treffen der Öl-Produzenten über eine Förderbremse wird Opec-Kreisen zufolge vermutlich nicht stattfinden. Gefragt waren dagegen Dollar General mit einem Kursaufschlag von 8,7 Prozent. Der Discounter hatte zuvor einen unerwartet hohen Umsatzzuwachs bekanntgegeben.

Besser als erwartet fielen die Daten vom US-Arbeitsmarkt aus. So sank die Zahl der Erstanträge auf Arbeitslosenhilfe in der vergangenen Woche auf den niedrigsten Stand seit Mitte Oktober.

Rohstoffe: Ölpreise geben nach

Rohöl (Brent)
Rohöl (Brent) 87,43

Lagen die Ölpreise kurz vor dem Börsenstart in den USA noch auf dem erhöhten Vortagesniveau, rutschten sie später ab. WTI-Öl verlor zu US-Handelsschluss zum Vortagessettlement 1,4 Prozent auf 39,53 Dollar. Brent verlor 2,2 Prozent auf 40,17 Dollar.

Der Goldpreis zog dagegen an auf 1273 Dollar je Feinunze, das waren 1,5 Prozent mehr als am Vorabend. Das Edelmetall, das keine Zinsen abwirft, profitiert zum einen von der Aussicht auf ultraniedrige Zinsen in der Eurozone. Zum anderen auch von Spekulationen über die Beweggründe der EZB für ihre derart drastischen Maßnahmen.

Asien: Nikkei steigt vor der EZB-Sitzung

Die Aussicht auf noch mehr billiges Geld von der Europäischen Zentralbank hat die Stimmung an vielen asiatischen Aktienmärkten beflügelt. Es sei damit zu rechnen, dass die EZB ihr Wertpapier-Ankaufprogramm erneut ausweitet und den Strafzins noch weiter verschärft, sagte Michael McCarthy, Chefstratege bei CMC Markets. Das sorge für Kauflaune. Allerdings gebe es auch Spekulationen, wonach die EZB Unmögliches versuche und jedwede Bemühung, die Konjunktur zu stimulieren, durch das Signal überdeckt werde, dass Europa in einer Krise stecke.

Der Tokioter Leitindex Nikkei der 225 führenden Werte schloss 1,3 Prozent fester bei 16.852 Punkten. Der breiter gefasste Topix legte 1,5 Prozent zu auf 1352 Zähler. Der MSCI-Index für asiatische Aktien außerhalb Japans tendierte 0,2 Prozent fester.

Manche Fachleute gehen davon aus, dass eine weitere Lockerung der EZB-Geldpolitik auch andere Notenbanken dazu bewegen könnte, ihre Schleusen zu öffnen. Überraschend senkte die Notenbank von Neuseeland ihren Leitzins auf ein Rekordtief von 2,25 Prozent. Sie begründete das mit Sorgen über die Konjunkturabkühlung in China und einen Verfall der chinesischen Landeswährung Yuan. "Wenn es in China eine sehr deutliche und anhaltende Abwertung gibt, dann würde das Deflation über die Welt bringen", sagte Notenbankchef Graeme Wheeler.

In der Volksrepublik ist das Wachstum derzeit so schwach wie seit einem Vierteljahrhundert nicht mehr. Zugleich zieht die Inflation an. Fachleute sehen das als negativ an, weil es die Kaufkraft der Bürger belastet und den Spielraum für die Notenbank reduziert, die Geldpolitik zu lockern. Die Börse in Shanghai schloss zwei Prozent tiefer, der Index für die wichtigsten Aktien in Shanghai und Shenzhen gab 1,9 Prozent nach.

Quelle: ntv.de, kst/mmo/DJ/dpa/rts

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