Marktberichte

Venizelos droht mit der Klausel Dax schließt verunsichert

Kämpft auf seine Art um Zustimmung: Evangelos Venizelos.

Kämpft auf seine Art um Zustimmung: Evangelos Venizelos.

(Foto: REUTERS)

Nach einem schwachen Tag mit zähen Aufstiegsversuchen bricht am deutschen Aktienmarkt Nervosität aus: In die Debatte um das China-Wachstum und die Folgen für den deutschen Export platzt der griechische Finanzministers Venizelos mit Aussagen zum Schuldenschnitt. Ist das Kreditereignis unvermeidlich?

Im Büro des Finanzministers: Venizelos bekundet die Bereitschaft, die neu geschaffene Möglichkeit einer Zwangsumschuldung anzuwenden.

Im Büro des Finanzministers: Venizelos bekundet die Bereitschaft, die neu geschaffene Möglichkeit einer Zwangsumschuldung anzuwenden.

(Foto: REUTERS)

Nach schwachen Wachstumssignalen aus China hat der deutsche Aktienmarkt den ersten Tag der neuen Handelswoche mit beiden Beinen in der Verlustzone beendet. Der Leitindex bewegte sich die meiste Zeit klar unter der 6900-Punkte-Linie. Zum Handelsschluss stand beim Dax ein Minus von 0,79 Prozent auf 6866,46 Punkte auf der Kurstafel. Für den MDax ging es um 1,19 Prozent auf 10 384,78 Punkte nach unten. Der TecDax büßte 0,39 Prozent auf 772,64 Punkte ein.

Marktbeherrschende Nachricht war seit dem frühen Morgen die neue Wachstumsprognose aus Peking und die Folgen für den deutschen Export: Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao gab zum Auftakt der Tagung des Volkskongresses nur noch 7,5 Prozent Wachstum als diesjähriges Ziel vor. Dies ist die niedrigste Wachstumserwartung seit acht Jahren.

Dass sich in der Eurozone die im Februar stärker eingetrübt hatte als zunächst ermittelt, wirkte laut Händlern zusätzlich belastend. Der wichtige Frühindikator liegt nun wieder unter der Expansionsschwelle von 50 Zählern, die Wachstum von Kontraktion trennt. Die hohe Liquidität im Markt schütze die Börsen aber vor weiteren Rückschlägen, sagten Aktienexperten.

Im Nachmittagshandel kam plötzlich Nervosität auf: Aussagen des griechischen Finanzministers Evangelos Venizelos sorgten für Verunsicherung unter Marktteilnehmern. Die griechische Regierung will ihr Angebot an private Investoren für einen freiwilligen Schuldenschnitt nicht nachbessern. Wer darauf nicht eingehe und erwarte, seine gesamten Forderungen zurückzubekommen, irre sich, sagte Finanzminister Venizelos in einem Interview.

Die griechische Regierung erwarte, dass die privaten Gläubiger auf rund 100 Mrd. Euro ihrer Forderungen verzichteten, sagte der Minister. Griechenland werde sein Angebot nicht nachbessern. "Das ist das beste Angebot", unterstrich Venizelos. "Denn dies ist das einzig existierende Angebot."

"Es wäre die beste Lösung, wenn wir eine Aktivierung der Collective Action Clause vermeiden können", fügte Venizelos hinzu. "Sollte die Beteiligung nahezu vollständig sein, dann ist es nicht nötig. Aber diese Klausel existiert in unserer Gesetzgebung und wir sind zur Anwendung bereit, sollte es nötig werden."

Die Klausel für eine Zwangsumschuldung hatte Griechenland nachträglich ins Anleihegesetz eingefügt. Bei einer unzureichenden Beteiligung an einer Umschuldung können alle Investoren durch eine Gläubigerversammlung zu einem Schuldenerlass gezwungen werden. "Dass Griechenland bei einer fehlenden Zustimmung für den Schuldenschnitt die Umschuldungsklauseln aktivieren wird, ist keine Überraschung", meinte ein Händler. Er rechnete sogar fest damit, dass die rückwirkenden Klauseln zum Zwangsumtausch (Collective Action Clauses, CAC) gezogen werden und damit ein sogenanntes ausgelöst wird.

in Griechenland sorgte einem Börsianer zufolge zusammen mit dem Ende der Woche anstehenden Arbeitsmarktbericht aus den USA grundsätzlich für Zurückhaltung. Wenige Tage vor Ablauf der Tauschfrist ist der Erfolg des historischen Schuldenschnitts in Griechenland immer noch ungewiss: Am 8. März läuft die Tauschfrist für die privaten Gläubiger zum "freiwilligen" Verzicht auf 107 Mrd. Euro ihrer Forderungen an Griechenland aus. Analysten fürchten, dass nicht genug Investoren dazu bereit sind. Dann könnte die griechische Regierung die Investoren zur Teilnahme zwingen. Dies wiederum dürfte die Fälligkeit vieler Kreditversicherungen im Umfang mehrerer Milliarden Euro nach sich ziehen.

Positiv werteten Beobachter die jüngsten Konjunkturdaten aus den USA. Der ISM-Serviceindex liegt mit einem Wert von 57,3 weit im expansiven Bereich. "Die US-Wirtschaft wird auch im ersten Quartal wachsen", erwartet Ralf Umlauf, Aktienstratege bei der Helaba. Allerdings mahnten die Indikatoren im Hinblick auf den Arbeitsmarktbericht am Freitag zur Vorsicht. Sowohl in der Industrie als auch im Servicebereich sanken die Umfragewerte zur Beschäftigung.

In der Liga der deutschen Schwergewichte standen die Aktien der Commerzbank ganz oben auf der Verkaufsliste. Das Ergebnis des schien Investoren nicht zu überzeugen. Die Aktien gingen 3,3 Prozent tiefer bei 1,90 Euro aus dem Handel. Das Institut hat von seinen Anlegern Hybridpapiere mit einem Nominalvolumen von 965 Mio. Euro gekauft und wandelt diese in 361 Mio. neue Aktien mit einem Preis von 1,91 Euro je Stück. Das Kernkapital der Commerzbank erhöht sich damit deutlich.

Das Investoren-Interesse an dieser Aktion beschrieben Händler als "mäßig": Immerhin hatte das von der Commerzbank offerierte Ankaufsvolumen bei 3,16 Mrd. Euro gelegen. "Es ist ja nicht die erste Kapitalmaßnahme der Commerzbank, von daher ist ein geringer werdendes Interesse von Investorenseite durchaus nachvollziehbar", sagte ein Analyst. "Der Preis von 1,91 Euro je Aktie ist nicht sonderlich attraktiv, das gibt ja fast keine Prämie zum Börsenkurs, und auch von der Dividendenrendite her lohnt sich das nicht. Man muss ja auch den Verwässerungseffekt bedenken", sagte Marktanalyst Heino Ruland von Ruland Research.

Grundsätzlich sei das Rückkaufprogramm dennoch als Erfolg zu werten, schrieb Equinet-Analyst Philipp Häßler. Der Kapitalbedarf der Commerzbank sollte nun gedeckt werden können, und eine Zustimmung der EBA zu den Kapitalplänen der Commerzbank sei absehbar. Die Analysten von Cheuvreux setzten das Institut auf ihre sektorübergreifende Empfehlungsliste für Deutschland und Europa.

Ein negativer Analystenkommentar belastete Heidelbergcement-Aktien. Mit einem Minus von 3,5 Prozent auf 41,10 Euro blieben sie bis zum Abend der schwächste Titel im Dax. Die ING-Analysten begründeten ihre auf "hold" von "buy" gesenkte Anlageempfehlung mit der rund 50-prozentigen Rally seit September. "Bereinigt um Pensionsverpflichtungen und zusätzliche Belastungen durch die Kohlendioxid-Abgabe müsste das Vorsteuerergebnis organisch um 9,0 Prozent steigen, um die Konsens-Erwartungen für 2012 zu erfüllen. Das sollte sehr schwer werden", schrieben die Analysten in einem Kommentar. Sie sehen die Aktie auf dem aktuellen Niveau fair bewertet. Ihr Kursziel setzten sie auf 43,9 von zuvor 35,3 Euro.

Im MDax gingen Salzgitter auf Talfahrt und schlossen 5,3 Prozent im Minus. Dafür machten Händler vor allem den vagen des Stahlkonzerns verantwortlich. Das Fehlen konkreter Ergebnis-Ziele überschatte die vorgelegten Zahlen, die über den Markterwartungen lägen, schrieb Equinet-Analyst Stefan Freudenreich in einem Kommentar. ThyssenKrupp gaben im Dax um 1,8 Prozent nach. Beiersdorf verteidigten mit plus 1,3 Prozent ihre Position an der Dax-Spitze.

Unter den Nebenwerten machten Gagfah von sich reden. Die Einigung auf einen Vergleich im ließ die Papiere 26,6 Prozent fester bei 5,54 Euro schließen. Sie waren damit so teuer wie zuletzt Ende Mai. Der Vereinbarung zufolge zahlt der Wohnungskonzern 40 Mio. Euro an die Stadt und macht weitere Zugeständnisse. "Im Vergleich zu der milliardenschweren Vertragsstrafe, die eigentlich im Raum stand, ist Gagfah noch gut weggekommen. Damit ist einer Erholungsrally Tür und Tor geöffnet", sagte ein Händler. Vor Bekanntwerden der Klageabsicht der Stadt im März 2011 notierte die Aktie noch bei 8,50 Euro. Im vergangenen Jahr hat das Papier insgesamt rund 33 Prozent verloren. Ob der Vergleich in Kraft tritt, hängt allerdings noch von einer Zustimmung des Stadtrats und der zuständigen Rechtsaufsichtsbehörde ab.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen