Marktberichte

Ungewissheit nach der Italien-Wahl Dax schließt breit im Plus

Ein starker Tag - mit einem überraschenden Ende: Der Dax bleibt in Reichweite der 7800er-Marke.

Ein starker Tag - mit einem überraschenden Ende: Der Dax bleibt in Reichweite der 7800er-Marke.

(Foto: REUTERS)

Die Richtungswahl in Italien hält den deutschen Aktienmarkt zu Wochenbeginn fest im Griff: Noch vor der Schließung der Wahllokale lassen sich Anleger auf eine riskante Wette ein. Börsianer setzen auf einen klaren Sieg der Berlusconi-Gegner - und eine Fortsetzung der Reformpolitik. Am Nachmittag zeichnet sich eine überraschende Wende ab.

Nach den ersten Hochrechnungen aus Italien sehen sich die Optimisten am deutschen Aktienmarkt in ihrer Zuversicht zunächst noch bestätigt: Unterstützt durch starke Vorgaben und die Aussicht auf eine anhaltend großzügige Geldpolitik in Japan und den USA klettert der Leitindex Dax über die Marke von 7800 Punkten. Doch am Nachmittag bricht plötzlich Nervosität aus: Neue Hochrechnungen aus Rom deuten einen möglichen Erfolg des Berlusconi-Lagers im Senat an.

Die Reaktionen an den Märkten sind deutlich: Der deutsche Leitindex Dax büßte nach Veröffentlichung der Prognosen einen Teil seiner zuvor erzielten kräftigen Gewinne ein und ging am Abend nur noch 1,45 Prozent fester bei 7773,19 Punkten aus dem Handel. Das Tageshoch aus dem Verlauf liegt bei 7860,57 Punkten, das Tagestief bei 7726,40 Punkten. Der MDax zeigte sich insgesamt deutlich weniger euphorisch und beendet den Handelstag mit 0,17 Prozent nur knapp im Plus bei 13.141,64 Punkten. Der TecDax schließt 0,68 Prozent im Plus bei 912,91 Punkten.

Auslöser der unvermittelt unterkühlten Stimmung waren Händlern zufolge auf die jüngsten Projektion zur Italien-Wahl, nach denen das Mitte-Rechts-Bündnis von Ex-Ministerpräsident Silvio Berlusconi im Senat vor dem Mitte-Links-Lager Pier Luigi Bersanis lag. Ein solches Ergebnis könnte - so die Befürchtung der Investoren - unter Umständen zu einer politischen Pattsituation führen.

Auch der EuroStoxx50 gab einen Teil seiner sehr kräftigen Gewinne ab. Nachdem er zeitweise wieder bis knapp unter 2700 Punkte gestiegen war, notierte er am Abend nur noch um 0,83 Prozent im Plus bei 2651,86 Punkten. Der italienische Index MIB, der zuvor um bis zu 5 Prozent zugelegt hatte, fiel kurzzeitig bis ins Minus. Am Abend ging das wichtigste Börsenbarometer Italiens 0,73 Prozent fester bei 16.352 Punkten aus dem Handel.

Am Nachmittag begründeten Händler kurz nach den ersten Prognosen die freudigen Reaktionen an Europas Börsen noch damit, dass es zunächst schien, mit Bersani als Wahlsieger würde das "Best-Case-Szenario" der Investoren eintreten. Hochrechnungen des TV-Senders RAI brachten dann jedoch eine mögliche überraschende Wende ins Spiel: Silvio Berlusconi liegt demnach im Senat mit 31 Prozent der Stimmen vorne. Das Mitte-Links-Bündnis unter Pier Luigi Bersani komme nur auf 29,5 Prozent. In den ersten Hochrechnungen lag Bersani noch klar vorne, sowohl im Abgeordnetenhaus als auch im Senat. Bei einem Sieg Berlusconis im Senat droht ein politischer Stillstand - ein für die Märkte sehr negativer Wahlausgang.

Seit dem frühen Morgen dominieren die Parlamentswahlen in Italien das Geschehen an den europäischen Märkten: Nach dem zweitägigen Urnengang schlossen die Wahllokale um 15.00 Uhr (MEZ) - zu diesem Zeitpunkt hatte der deutsche Leitindex bereits die Marken von 7700 und 7800 Punkte übersprungen. Erste Prognosen schienen die Entscheidung der Anleger nachträglich zu bestätigen: Das Mitte-Links-Bündnis unter Pier Luigi Bersani lag demnach zunächst deutlich vorn. Im Abgeordnetenhaus kann die Linke demnach mit 35 bis 37 Prozent der Stimmen rechnen. Dahinter folgt das Mitte-Rechts-Bündnis Silvio Berlusonis mit 29 bis 31 Prozent. Ein klarer Sieg Bersanis gilt unter Börsianer als bestmöglicher Wahlausgang.

Seit dem Auftakt am Morgen schienen Anleger auf einen europafreundlichen Wahlausgang zu wetten: "Der Markt nimmt einen Wahlausgang vorweg, bei dem Berlusconi politisch nichts mehr zu sagen hat", hatte ein Händler die zuversichtliche Stimmung an den europäischen Börsen beschrieben. Das allein wäre, ungeachtet aller Unwägbarkeiten bei der Regierungsbildung, ein für die Finanzmärkte positives Resultat.

Die Fortsetzung der Reformpolitik Mario Montis werde als wesentlicher Baustein für die Sanierung von Etat und Wirtschaft gesehen, schrieb LBBW-Analyst Thomas Hollenbach in einem Kommentar. Das südeuropäische Gründungsmitglied der EU steckt seit Jahren in der Rezession und leidet an einem nur noch von Griechenland übertroffenen Schuldenstand. Sollten Berlusconi und seine Verbündeten triumphieren, könnte der Euro  angesichts der teuren Wahlversprechen ins Wanken geraten, prognostizierten auch die Analysten vom Bankhaus Metzler. Am Nachmittag notiert die Gemeinschaftswährung bei 1,3294 Dollar.

Breite Kursgewinne im Dax

Auch abgesehen von der Italien-Wahl sahen sich die Anleger am deutschen Aktienmarkt mit einem turbulenten Handelstag konfrontiert: Fusionsgerüchte lösten bei den Aktien der Deutschen Börse sprunghafte Kursausschläge aus. Zeitweilig zogen die Titel des Börsenbetreibers mehr als 10 Prozent an. Am frühen Nachmittag kam das Papier allerdings von seinem Tageshoch wieder zurück. Anleger mussten das klare Dementi zur Kenntnis nehmen, in dem die Deutsche Börse allen Fusionsspekulationen mit der Chicagoer Derivatebörse CME eine Absage erteilt. Die Deutsche Börse befindet sich diesen Angaben zufolge nicht in Verhandlungen über einen Zusammenschluss. Im Handel hatte es bereits zuvor skeptische Stimmen gegeben. Ein Zusammenschluss sei zwar durchaus sinnvoll, die politischen Hindernisse aber enorm, meinte ein Händler. Die Aktie beendete den Handelstag trotz allem 5,6 Prozent fester.

Mit etwas Abstand dahinter tauchten die von ihren jüngsten Kursverlusten erholten Finanzwerte in der Spitzengruppe des Dax auf: Aktien der Commerzbank zogen 2,4 Prozent an. Deutsche Bank gewannen 2,02 Prozent.

Autoaktien waren ebenfalls gefragt. BMW verteuerten sich um 2,6 Prozent, und die Vorzüge von Volkswagen (VW) erholten sich mit plus 1,47 Prozent ein Stück weit von ihrem Kursrutsch vom Freitag.

Ein positiver Analystenkommentar bescherte den Papieren des Kali- und Düngemittelherstellers K+S einen Kurszuwachs von 2,6 Prozent. Die Titel des Chemie- und Pharmakonzerns Merck KGaA notierten nach einem Rückschlag beim Krebsmittel Cilengitid zeitweise im Minus, zum Handelsschluss verbuchten sie aber ein Plus von 0,80 Prozent.

Größter Verlierer im Dax waren die um 1,51 Prozent schwächeren Aktien des Dialysespezialisten Fresenius Medical Care (FMC). Am Markt wurde dies mit dem Rückruf eines Anämiepräparats der Firmen Takeda und Affymax begründet. Der Fresenius-Ableger hat für Dienstag seine Ergebnispräsentation angekündigt.

Am Rentenmarkt sank die durchschnittliche Rendite börsennotierter Bundeswertpapiere von 1,29 Prozent am Freitag auf 1,26 Prozent. Der Rentenindex Rex stieg um 0,18 Prozent auf 134,10 Punkte. Der Bund-Future stieg um 0,07 Prozent auf 143,70 Punkte.

Der Kurs des Euro fiel zuletzt unter 1,32 Dollar, nachdem die Europäische Zentralbank (EZB) den Referenzkurs am Nachmittag auf 1,3304 (Freitag: 1,3186) Dollar festgesetzt hatte. Der Dollar kostete damit 0,7517 (0,7584) Euro.

Quelle: ntv.de, mmo/DJ/dpa/rts

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