Marktberichte

Fast 500 Punkte runter Dax beginnt 2016 mit einem Crash

Steigende Kurse auch 2016: Am ersten Handelstag des Jahres kann der deutsche Aktienmarkt diesem guten Vorsatz nicht folgen. Die Notierungen brechen ein, auf breiter Front - auch an der Wall Street. Der Grund dafür ist schnell gefunden.

"Damit hat niemand gerechnet", sagt n-tv-Börsenexperte Frank Meyer: Bereits am ersten Handelstag 2016 hat der Dax einen Großteil seiner Jahresgewinne von 2015 wieder verloren. Der Leitindex sackte in der Spitze um 4,5 Prozent ab - der schwächste Börsenstart seit 1988. Der Grund für den Kursrutsch lag in China.

Der Dax ging mit einem Abschlag von 4,3 Prozent bei 10.283 Punkten aus dem Handel. Das war der größte Kursrutsch seit dem 24. August 2015, als ebenfalls die Sorge um Chinas Konjunktur den Dax zeitweise um fast 8 Prozent hatte einbrechen lassen. Das Tagestief heute markierte der Leitindex bei 10.249 Zählern. Am letzten Handelstag 2015 war er mit 10.743 Punkten aus dem Handel gegangen. Auch der MDax brach ein und schloss 2,5 Prozent leichter bei 20.256 Stellen. Der TecDax büßte 2,0 Prozent auf 1794 Zähler ein.

"Wachstumssorgen in China und damit Absatzsorgen für deutsche Exporteure drücken die Stimmung am ersten Handelstag nach Neujahr gleich mal in den Keller", so Marktexperte Daniel Saurenz vom Analysedienst Feingold Research: . "Ein Mini-Crash zum Jahresbeginn - der Dax hält sich 2016 nicht lange mit Geplänkel auf." Ein Händler sagte: "Ein Traumstart ins neue Jahr sieht anders aus."

Der negative Start des Dax ins neue Jahr könne noch verdaut werden, machte Analyst Stephen Schneider von der WGZ-Bank Hoffnung. Allerdings sollte der Index keine weiteren Verluste zeigen, um das mittelfristige Bild nicht nachhaltig negativ zu beeinflussen. Um etwa 10.200 Zähler verlaufe die Unterstützung eines möglichen Trendkanals, der aber nicht - vor allem auf Schlusskursbasis- unterboten werden sollte. Wahrscheinlich sei nun eine Zwischenerholung des Dax in Richtung der nach unten gerissenen Kurslücke ("Gap"), erläuterte er. Sollte der Index danach aber wieder nach unten abdrehen, stehe als nächstes Ziel 9600 Punkte auf dem Plan.

Asien: Chinas stoppt Aktienhandel

In China war der Leitindex Shanghai Composite um fast 7 Prozent eingebrochen. Der Handel wurde deswegen - den erst vor kurzem eingeführten neuen Regeln entsprechend - vorzeitig beendet, um weitere Verluste zu vermeiden. Ausschlaggebend für den Kursrutsch waren erneut Sorgen, dass das Wachstum der zweitgrößten Volkswirtschaft der Welt einen erheblichen Dämpfer versetzt bekommt: Der Caixin-Einkaufsmanagerindex war im Dezember zum zehnten Mal in Folge gesunken und liegt unter der Expansionschwelle von 50. Zudem fiel er schlechter aus als von Experten vorhergesagt. Investoren fürchteten nun, dass die Schwäche der Volksrepublik Auswirkungen auf die exportorientierten Unternehmen und die Weltwirtschaft haben könnte, erläuterte Jochen Stanzl vom Brokerhaus CMC Markets.

Eine Rolle spielte ferner der bevorstehende Ablauf eines Aktien-Verkaufsverbots für Großaktionäre, das im Zuge von Chinas Börsencrashs im Sommer eingeführt wurde. Viele Anleger trennten sich von ihren Papieren, weil sie davon ausgingen, dass die Großinvestoren dies nach Fristende ebenfalls tun.

Auch an anderen asiatischen Börsen ging es steil bergab: Der MSCI-Index asiatisch-pazifischer Aktien außerhalb Japans verlor 2,5 Prozent. Der japanische Nikkei-Index brach um 3,1 Prozent auf 18 451Zähler ein. Damit sackte er auf den tiefsten Stand seit fast zehn Wochen. Der breiter gefasste Topix büßte 2,4 Prozent auf 1510 Punkte ein. "Sichere Häfen sind gefragt", sagte n-tv-Börsenexpertin Sabrina Marggraf. Yen und Gold zählten dazu.

Dax: 30 Werte im Minus

Zu Handelsschloss lagen alle 30 Dax-Werte im Minus. Am deutlichsten ging es dabei für RWE nach unten. Die Titel verloren etwa 7 Prozent. Auch Eon büßen mit rund 6 Prozent überdurchschnittlich ein. Am letzten Handelstag 2015 waren die beiden Papiere noch die einzigen Gewinner im Leitindex gewesen. Auf Jahressicht wiesen sie jedoch die stärksten Verluste auf.

Die geringsten Abschläge hatte Lufthansa. Hier ging es etwa 0,5 Prozent abwärts. Die Papiere waren zwischenzeitlich auch einmal der einzige positive Dax-Wert gewesen. Die Airline hatte zuvor bekanntgegeben, dass sie 2016 mehr als 4000 neue Mitarbeiter einstellen will, vor allem bei der Billigtochter Eurowings. Einem Börsianer zufolge zeigt das die Zuversicht der Airline.

Interviews der Vorstände von Adidas und Continental zum Jahreswechsel verpufften angesichts des starken Abgabedrucks nahezu wirkungslos. "Unsere Orderbücher für das erste Halbjahr 2016 sind voll. Als Konzern planen wir wieder ein deutliches Plus bei Umsatz und Gewinn", sagte Adidas-Chef Herbert Hainer der "Süddeutschen Zeitung". Adidas waren mit mehr als 60 Prozent Kursgewinn der Dax-Topwert 2015, nun ging es etwa 3 Prozent nach unten.

Continental-Chef Elmar Degenhart erklärte der "Börsen-Zeitung", sollte VW wegen des Skandals Diesel-Marktanteile in Europa verlieren, so würde dies auch Umsatzeinbußen bei Continental zur Folge haben. Continental gaben mehr als 4 Prozent ab.

Auch die anderen Autowerte im Dax sackten ab: Daimler, VW und BMW verloren sogar jeweils mehr als 5 Prozent. Hier verwiesen Händler darauf, dass China der wichtigste Markt für die Autobauer sei, und Probleme dort sich letzten Endes auch in den Zahlen bemerkbar machten.

USA: Es geht abwärts

Der Börsencrash in China - ausgelöst von schwachen Industriedaten - sorgte auch in New York für schlechte Stimmung unter den Anlegern. Der Dow-Jones-Index verlor 1,6 Prozent auf 17.149 Punkte, hatte aber im Tagestief bei 16.958 Punkten gestanden. Für den S&P-500 und den Nasdaq-Composite ging es um 1,5 Prozent bzw 2,1 Prozent nach unten.

Am Aktienmarkt stiegen Baxalta um 5,5 Prozent. Am Mark machten Spekulationen die Runde, der irische Pharmakonzern Shire stehe kurz vor Abschluss einer Übernahme seines US-Wettbewerbers und habe sein Gebot erhöht. Tesla fielen dagegen um 6,9 Prozent. Zwar hat der Elektroautobauer in den letzten drei Monaten 2015 bei den Auslieferungen einen Quartalsrekord verbucht. Bei den eigenen Prognosen erreichte der Konzern damit aber nur den unteren Rand der zuvor genannten Spanne.

Acadia Healthcare verloren 2,9 Prozent. Das Unternehmen übernimmt das britische Branchenunternehmen Priory Group für 1,887 Milliarden US-Dollar.

Devisen: Euro taumelt, Yen im Aufwind

Der Euro sackte zeitweise auf 1,0781 Dollar ab nach einem Tageshoch bei 1,0947. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittag dann aber bereits auf 1,0898 Dollar festgesetzt nach 1,0887 Dollar am vergangenen Donnerstag, dem letzten Handelstag 2015.

Unter Druck geriet der Euro am Nachmittag, als das Statistische Bundesamt eine überraschend schwache Inflation in Deutschland für Dezember meldete. Mit 0,3 Prozent erhöhten sich die Verbraucherpreise zum Vorjahresmonat deutlich schwächer als Bankvolkswirte erwartet hatten. Nach europäischer Rechnung betrug die Inflationsrate nur 0,2 Prozent. Der anhaltend geringe Preisauftrieb, der sich in allen Euroländern zeigt, spricht für eine weiterhin lockere Geldpolitik der EZB. Deren Geldschwemme soll die schwache Inflation anfachen und belastet zugleich den Euro.

Gesucht war dagegen der Yen. Angesichts der Lage im Nahen Osten profitierte er von seinem Ruf als sicherer Hafen und legte auf 119,28 je Dollar zu. Auch zum Euro zog er an. Im Fokus stand aber auch der chinesische Yuan. Die Zentralbank in Peking hatte den Referenzkurs über der Marke von 6,50 Dollar festgesetzt. Damit war der Yuan so schwach wie zuletzt im Mai 2011.

Rohstoffe: Ölpreis auf Berg- und Talfahrt

Am Ölmarkt profitierten die Preise indessen nicht nachhaltig von der Eskalation zwischen Saudi-Arabien und Iran, die ihre diplomatischen Beziehungen abgebrochen haben. US-Leichtöl der Sorte WTI verbilligte sich zum Settlement um 0,8 Prozent bzw 0,28 Dollar auf 36,76 US-Dollar, der Preis für global stärker gehandeltes europäisches Referenzöl der Sorte Brent sank um 0,2 Prozent bzw 0,06 Dollar auf 37,22 Dollar. Sollte sich der saudisch-iranische Konflikt allerdings zuspitzen, könnte der Ölpreis einen enormen Satz nach oben machen, meinte Naeem Aslam, Analyst bei AvaTrade.

Die fundamentalen Aussichten für das Öl seien weiter negativ, hieß es weiter mit Blick unter anderem auf die neuerlich eher enttäuschenden Konjunkturdaten aus China. Der Sektor leidet unter Überkapazitäten und nur schwachen Wachstumsaussichten. Eine Eintrübung der ohnehin nur geringen Erwartungen an das globale Wachstum könnte einen erneuten Schub nach unten auslösen. Insgesamt verharrten die Ölpreise weiter auf einem sehr niedrigen Niveau. Ende vergangenen Jahres waren sie für beide Ölsorten um etwa ein Drittel abgesackt und hatten Elfjahrestiefs erreicht.

Gold gefragt, Industriemetalle nicht

Deutlich nach oben ging es dagegen für den Goldpreis. Eine Feinunze verteuerte sich um 1,7 Prozent auf 1078 Dollar. Da Edelmetall wird vor allem in Krisenzeiten gern als sicherer Hafen angesteuert. Für Silber ging es sogar um 2,6 Prozent auf 14,18 Dollar je Feinunze nach oben. Gründe gab es viele: So die jüngsten Spannungen zwischen Saudi-Arabien mit dem Iran, oder die vor einem Schwächeanfall stehende globale Wirtschaft.

Dagegen setzten die China-Probleme dem Kupferpreis deutlich zu, denn das Reich der Mitte ist der globale Top-Rohstoff-Konsument. Das Industriemetall verbilligte sich um etwa 2 Prozent auf 4597 Dollar je Tonne.

Solange die Anleger wegen der Sorgen um China vorsichtig blieben, dürfte der Druck auf die Metallpreise anhalten, sagte Dominic Schnider von UBS Wealth Management. Er sieht den Kupferpreis in drei Monaten nur noch bei 4200 Dollar je Tonne. Im vergangenen Jahr war der Preis um gut 25 Prozent eingebrochen.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/dpa/rts

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