Marktberichte

Ufo, Schock-Angst und Gespenster Dax-Anleger zittern vor Trump

Das Brexit-Votum haben die Umfragen nicht vorhergesehen. Entsprechend geschockt reagierten die Märkte. Das gleiche könnte bei den US-Präsidentschaftswahlen passieren: Statt Sieg Clinton droht ein Erfolg Trumps. Die Angst geht um.

Der Beginn der neuen Handelswoche hat einen verunsicherten deutschen Aktienmarkt gezeigt. Befeuert wurde sie vom US-Präsidentschaftswahlkampf und neuen Ermittlungen im Fall der E-Mail-Affäre um die demokratische Kandidatin Hillary Clinton. Erinnerungen an den Brexit-Schock wurden wach – nicht nur bei den n-tv-Börsenexpertinnen Katja Dofel und Corinna Wohlfeil. Dementsprechend stand das Dax-Minus von Anfang bis Handelsende wie festgemeißelt. "Es kann knapp werden zwischen Donald Trump und Clinton, der Dax schaltet in den Rückwärtsgang", kommentierte Dofel. Den Brexit war einst überraschend gekommen, obwohl die Umfragen immer knapp ausgefallen waren.

Der Dax schloss am Montag mit einem Abschlag von 0,3 Prozent bei 10.665 Punkten. Am Freitag war er mit einem kleinen Minus aus dem Handel gegangen, hatte aber im Wochenverlauf ein neues Jahreshoch erzielt. Der MDax verabschiedete sich 0,1 Prozent tiefer bei 21.146 Zählern. Der TecDax büßte 0,4 Prozent auf 1724 Stellen ein.

Konjunktur: US-Wahl und US-Zins

"Die Clinton-E-Mails führen zu einer neuen Unsicherheit im US-Wahlkampf", sagte ein Marktteilnehmer. Die Wiederaufnahme der Untersuchungen durch das FBI ließen neue Unsicherheiten aufkommen. Bislang hatte US-Präsidentschaftskandidatin Clinton als wahrscheinliche Siegerin gegolten.

"Der Brexit-Schock sitzt tief", kommentierte ein anderer Händler. Auf den ohnehin nur noch geringen Vorsprung von Clinton vor Trump dürfe man nicht allzu viel geben. Die Anleger dürfte daher auch die kommenden Tage kein Risiko mehr eingehen. Denkbar sei vielmehr noch eine Abwärtsattacke vor dem 8. November.

"In allen Fällen eines Machtwechsels von Demokrat zu Republikaner neigen Aktien auf Sicht von 12 Monaten zur Schwäche", hieß es dazu von den Analysten der Helaba. Im Durchschnitt betrage das Minus 7,7 Prozent am Aktienmarkt. Wurde dagegen ein Demokrat im Amt bestätigt oder folgte ein Demokrat, legten Aktien im Mittel um 6,8 Prozent zu. Zudem wird mit einer US-Zinserhöhung im Dezember gerechnet. Die Wahrscheinlichkeit dafür wird mit rund 70 Prozent am Markt eingepreist.

Charttechnik: "Einladung für Gewinnmitnahmen"

Auch die technische Situation im deutschen Börsenleitindex spricht eher für Vorsicht: Nach dem erneuten Scheitern am 10.800er-Widerstandsbereich in der Vorwoche hatte der Index auch den kurzfristigen Aufwärtstrend gebrochen. "Das ist eine Einladung für Gewinnmitnahmen", sagte Holger Struck von HS-Livetrading.

Dax: Fahren und fliegen

Bei den Einzelwerten im Dax schauten die Anleger auf die Autowerte. Hier spielte die anstehende Elektroauto-Quote in China im Mittelpunkt. Die könnte vor allem bei den deutschen Autobauern für Kopfzerbrechen und Milliardeninvestitionen sorgen. Daimler-Chef Dieter Zetsche kündigte zudem flachere Strukturen im Konzern an. Daimler gaben 0,7 Prozent ab, BMW 0,8 Prozent ab, VW 0,3 Prozent.

Merck-Aktien schlossen nach den Abgaben vom Freitag erneut im Minus: 0,5 Prozent. Hintergrund war eine Kreise-Meldung von Reuters, der zufolge die Darmstädter das sogenannte Biosimilar-Geschäft verkaufen könnten. Dieses sei bis zu 1 Milliarde US-Dollar wert. "Analysten haben immer wieder mal einen Verkauf thematisiert, weil das nicht zum Kerngeschäft von Merck zählt", sagte ein Händler. Dem Bericht zufolge soll JP Morgan mit der Suche nach einem Käufer beauftragt worden sein.

Lufthansa verbilligten sich 0,5 Prozent ab, nachdem in den Verhandlungen mit der Flugbegleiter-Gewerkschaft Ufo zu den Beschäftigten bei Eurowings und Germanwings keine Einigung erzielt wurde. Neue Streiks wurden aber abgesagt.

MDax: Briten rüsten nach

Rheinmetall gewannen 0,1 Prozent. "Die Chance auf einen Rüstungsauftrag aus Großbritannien nimmt zu", sagte aber ein Händler. Laut "Telegraph" war neben Rheinmetall nur noch das Konsortium um BAE Systems im Rennen, und Rheinmetall habe gute Chancen für den Zuschlag. Großbritannien wolle für etwa 250 Millionen Pfund gepanzerte Transportfahrzeuge nachrüsten.

SDax: Container-Fusion

Hapag-Lloyd verabschiedeten sich 0,1 Prozent schwächer aus dem Handel. Die Konsolidierung in der Branche greift nun auch auf Japan über. Dort wollen die drei größten Unternehmen in der Container-Schifffahrt ihre Flotten zusammenlegen. Hapag-Lloyd ist selbst in Verhandlungen über einen Zusammenschluss mit der arabischen UASC.

TecDax: Rib on top

Rib Software positionierten sich nach Geschäftszahlen 3,7 Prozent im Plus. Die Zahlen hätten die Erwartungen deutlich übertroffen, hieß es im Handel. Die Ergebnisprognose wurde zudem erhöht.

Unter Druck standen dagegen Dialog Semiconductor. Hier hatten die Analysten vom Bankhaus Lampe laut Händlern ihre Kaufempfehlung zurückgezogen und die Aktien nur noch mit "Halten" eingestuft. Dialog büßten rund 2 Prozent ein.

USA: Nervosität an der Wall Street

Gut eine Woche vor der US-Präsidentenwahl ist die Anspannung an der Wall Street gestiegen. Viele Anleger hielten sich am Montag zurück, weil der Ausgang wieder ungewiss geworden ist. Die bisherige Favoritin Hillary Clinton von den Demokraten hat ihren Umfragevorsprung gegenüber Rivale Donald Trump von den Republikanern nahezu eingebüßt. Clinton geriet unter Druck, weil in ihrer E-Mail-Affäre die Bundespolizei FBI erneut ermittelt. Trump gilt wegen seiner Unberechenbarkeit als Investorenschreck.

Der Markt werde nun etwas nervös, nachdem er einen Sieg Clintons am Dienstag kommender Woche bereits eingepreist habe, sagte Anlagestratege Thomas Wilson von der Investmentfirma Brinker Capital. Die Börse hasse Unsicherheit. "Ich gehe davon aus, dass der Markt bis zur Wahl im Niemandsland festhängen wird", sagte Wilson.

Die bevorstehende Sitzung der US-Notenbank Federal Reserve, die am Dienstag beginnt, steht diesmal weniger stark im Fokus. Denn es wird nicht erwartet, dass die Fed so kurz vor der Wahl die Zinsschraube fester drehen wird.

Der Dow-Jones-Index der Standardwerte verlor 0,1 Prozent und schloss bei 18.142 Punkten. Der breiter gefasste S&P-500 trat auf der Stelle mit 2126 Zählern. Der Index der Technologiebörse Nasdaq lag ebenfalls kaum verändert auf 5189 Punkten.

Auftrieb erhielten die US-Börsen von mehreren Milliardenfusionen. So legt der Mischkonzern General Electric (GE) sein Öl- und Gasgeschäft mit dem Ölfeldausrüster Baker Hughes zusammen. GE-Aktien verloren 0,1 Prozent. Baker Hughes sackten um 5,9 Prozent ab.

Auch die Telekombranche steht vor einem weiteren Großdeal: Der Telefon- und Internetanbieter CenturyLink übernimmt für rund 24 Milliarden Dollar den Glasfaserspezialisten Level 3 Communications. Dessen Kurs gewann 4,2 Prozent. CenturyLink brachen dagegen um 12,7 Prozent ein.

Abwärts ging es hingegen bei Energiewerten, die im Zuge gesunkener Ölpreise im Schnitt um 0,9 Prozent nachgaben. Zu den Verlierern zählten ferner Nike mit einem Kursrückgang von 3,6 Prozent. Die Experten von BofA Merrill Lynch hatten den Sportartikelhersteller heruntergestuft.

Rohstoffe: Ölpreis sackt ab

Der Ölpreis brach deutlich ein. Ein Barrel (159 Liter) der Nordseesorte Brent kostete zu US-Handelsschluss 48,53 Dollar. Das waren 4,2 Prozent weniger als noch am Freitagabend. Der Preis für ein Fass der amerikanischen Sorte WTI sackte um 4,0 Prozent auf 46,76 Dollar ab.

Vertretern der Organisation erdölproduzierender Länder (Opec) war es am Wochenende nicht gelungen, sich auf eine Aufteilung der bereits beschlossenen Förderkürzung zu einigen. Ende November soll die Einigung stehen. An dem Treffen vom Wochenende hatten auch Produzenten außerhalb der Opec wie Russland teilgenommen. Im September hatte sich die Opec grundsätzlich auf eine Förderkürzung zwecks Preiskontrolle verständigt, jedoch nicht festgelegt, welche Anteile die Mitgliedsländer beisteuern sollen. Dieser Teil der Vereinbarung gilt wegen großer Meinungsunterschiede innerhalb der Opec als schwierige Aufgabe.

Eine hohe Nachfrage bei gleichzeitig knappem Angebot trieb indes den Preis für Eisenerz in China auf den höchsten Stand seit Sommer 2014. Der dortige Terminkontrakt stieg um mehr als 3 Prozent auf 502 Yuan (74 Dollar) je Tonne. Parallel dazu verteuerte sich die zur Eisenverhüttung benötigte Kokskohle um bis zu 4,7 Prozent auf 1322,50 Yuan (195 Dollar).

Die steigenden Rohstoffkosten drückten zwar auf die Margen der Stahlproduzenten, sagte Investment-Manager Xia Junyan vom Brokerhaus Hangzhou CIEC. Allerdings könne in den kommenden Wochen mit einer unverändert hohen Stahl-Nachfrage gerechnet werden. Stahl legte zeitweise um 2,7 Prozent

Devisen: Euro unter 1,10

Der Euro berappelte zum US-Handelsschluss etwas. Am späten Abend kostete die Gemeinschaftswährung 1,0982 US-Dollar und war damit auf dem Niveau vom Freitagabend. Die Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0946 Dollar fest nach 1,0922 Dollar am Freitag.

Hinweise auf eine weiter anziehende Inflation in den USA gaben dem Dollarkurs Auftrieb. Die Teuerung, gemessen an dem von der US-Notenbank Fed bevorzugten Inflationsmaß PCE, hatte angezogen. Im Jahresvergleich war das Preisniveau auf Verbraucherebene um 1,2 Prozent und damit so deutlich wie seit November 2014 nicht mehr gestiegen. Außerdem waren die US-Konsumausgaben im September etwas deutlicher gestiegen als erwartet. In diesem Umfeld konnte ein im Oktober stärker als erwartet eingetrübtes Geschäftsklima in der Region Chicago den Dollarkurs nicht belasten.

Deutliche Bewegung am Devisenmarkt gab es beim südafrikanischen Rand, der zum Dollar um über zwei Prozent zulegte. Auslöser war eine Erklärung des Leiters der südafrikanischen Staatsanwaltschaft, Shaun Abrahams, wonach der international angesehene Finanzminister Pravin Gordhan sich nicht wegen der Frühverrentung eines ranghohen Beamten vor Gericht verantworten muss. Gordhan hatte die Vorwürfe zuvor als politisch motiviert zurückgewiesen. Der Rand war nach Bekanntwerden der Vorwürfe erheblich unter Druck geraten.

Asien: "Trump-Gespenst" geht um

Auch an den ostasiatischen Aktienmärkten belasteten die erneuten Ermittlungen in der E-Mail-Affäre Clintons. "Das Trump-Gespenst geht um", kommentierte ein Marktteilnehmer. Der Tokioter Nikkei-Index büßt 0,1 Prozent auf 17.025 Punkte ein. Der Shanghai Composite gab 0,1 Prozent auf 3100 Zähler nach. In Sydney kletterte der Leitindex S&P/ASX-200 dagegen, getrieben von steigenden Rohstoffwerten - mit Ausnahme von Öltiteln - 0,6 Prozent.

"Die Politik stellt das beherrschende Thema im Moment. Die FBI-Ermittlungen sorgen ein wenig dafür, dass die Kapitalströme wieder verstärkt einen Trump-Sieg suggerieren. Anleger sind wirklich besorgt", sagt Marktstratege Chris Weston von IG. Ebenfalls nicht zur Kauflaune ermunternd wirkt die schwache Industrieproduktion in Japan.

Unter den Einzelaktien legten Hitachi in Tokio knapp 5 Prozent zu, nachdem der Elektronik-Konzern steigende Gewinne im ersten Halbjahr verkündet hatte. Titel der Reederei Mitsui O.S.K. schnellten etwa 7 Prozent nach oben, Mitsui will mit den Wettbewerbern Nippon Yusen und Kawasaki Kisen Kaisha die Container-Schifffahrt in einem Gemeinschaftsunternehmen bündeln. Nippon Yusen sprangen rund 6 und Kawasaki Kisen 2 Prozent an.

Quelle: ntv.de, bad/DJ/rts/dpa

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