Marktberichte

Ein Crash geht um die Welt Dax-Anleger erleben "Schwarzen Montag"

Hunderte Punkte verliert der Dax binnen weniger Minuten. Das passiert am Nachmittag, nach Öffnung der Wall Street. Aber bereits davor sorgt das chinesische Börsenbeben für Panik auf dem Parkett. Am Ende steht ein Kursrutsch.

Crash, Panik, "Schwarzer Montag": Diese Börsen-Schlagworte fassen den Start in die neue Handelswoche am deutschen Aktienmarkt perfekt zusammen. Bereits zum Handelsstart war das Minus beträchtlich - ausschlaggebend dafür der größte Tagesverlust des Shanghai Composite seit acht Jahren und die Ausdehnung dieser Schockwelle auf andere asiatische Indizes. Der Nikke rauschte etwa unter die psychologisch wichtige 19.000er Marke, in Hongkong und Shenzhen gab es ebenfalls satte Verluste. In Deutschland ging es nach einer kurzen Zwischenerholung am Mittag dann mit den ersten US-Futures wieder abwärts. Als die US-Börsen in ihren Handel starteten, setzte ein regelrechter Ausverkauf bei Dax und Co. ein, der erst zum Ende der Sitzung nachließ.

Der Dax verabschiedete sich auf einem Siebeneinhalb-Monatstief mit 9648 Punkten und einem Abschlag von 4,7 Prozent aus dem Handel. Das Tagestief hatte er bei 9338 Zählern markiert, das Tageshoch bei 9936. Am Freitag war der Leitindex noch bei einem Stand jenseits der 10.100-Punkte-Marke aus dem Handel gegangen - allerdings bereits mit einem Minus von 3 Prozent und auf Tagestiefniveau. Auch der MDax verlor am Montag deutlich: 3,7 Prozent auf 18618 Stellen. Im Tief gab er seit Freitag rund 1250 Zähler ab. Der TecDax rutschte 3,1 Prozent ins Minus und schloss bei 1575 Punkten.

Sind das bereits Einstiegskurse?

Experten beschrieben die Situation am deutschen Aktienmarkt zum Montag folgendermaßen: "In China gab es eine richtige Blase", sagte n-tv-Börsenexperte Frank Meyer. "Die Jahresgewinne sind ausgelöscht, die Charttechnik sieht richtig grausig aus", führte er weiter aus: "Wenn alle gleichzeitig durch die Tür wollen, wird es halt sehr eng." Folker Hellmeyer, Chefanalyst der Bremer Landesbank, unterstrich gegenüber n-tv: "Von den Ausmaßen ist das definitiv ein Crash." "Da baut sich eine Panik auf", kommentierte auch n-tv-Wirtschaftschef Ulrich Reitz. "Es handelt sich um mehr als nur um eine Korrektur", sagte ein Börsianer."Nun heißt es hoffen auf den Turnaround-Tuesday", sagte n-tv-Börsenexpertin Sabrina Marggraf.

Die Börsianer sind sich aber uneins, ob der jahrelange Bullenmarkt nun zu Ende gegangen ist. Einige Experten - wie Hellmeyer beispielsweise  - sehen auf dem derzeitigen Niveau bereits Einstiegsmöglichkeiten. Auch Marco Bargel, Postbank-Chefvolkswirt, sah das ähnlich: "Die Dax-Reaktion halte ich für etwas übertrieben." Er erläuterte: "China ist wichtig für die deutsche Wirtschaft, gar keine Frage. Besonders für die Auto- und Maschinenbauer ist es ein wichtiger Absatzmarkt. Aber die chinesische Wirtschaft stürzt nicht ins Bodenlose. Die vielen Maßnahmen, die Regierung und Zentralbank gegen die Konjunkturabkühlung eingeleitet haben, werden mit zeitlicher Verzögerung wirken." Er betonte: "China hat zudem noch viel Pulver übrig."

Das sah auch Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank, so: "China hat riesige Reserven, kann wirtschaftlich handeln." Er gab gleichzeitig gegenüber n-tv zu Bedenken: "Aktienmärkte reagieren oft über. Wir haben eine Korrektur, die sicher noch nicht beendet ist."

"Wenn Panik an den Märkten regiert und Aktien reflexartig auf den Markt geworfen werden, war dies in der Vergangenheit nicht der schlechteste Zeitpunkt zum Einstieg", kommentierte Daniel Saurenz von Feingold Research. "Die Risiken am Markt liegen auf dem Tisch, anders als bei 12.000 Punkten im Frühjahr, und Anleger sollten nun mutig agieren. Qualitätswerte aus dem Dax mit schöner Dividendenrendite dürften aber schon bald Schnäppchenjäger anlocken", unterstrich der Marktexperte.

Auch in der Politik wurde man hellhörig: "Wir verfolgen die Entwicklung in China natürlich sehr aufmerksam", erklärte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums. "Die unmittelbaren Auswirkungen auf die deutsche Wirtschaft dürften allerdings gering sein zum jetzigen Zeitpunkt", heißt es weiter. Die Exporte nach China seien wichtig für Deutschland, hätten aber nur einen Anteil von 6,6 Prozent. Die Konjunktur in Deutschland sei weiterhin robust, vor allem getragen von der hohen Inlandsnachfrage und dem Rückgang der Ölpreise, so die Sprecherin.

Dax: Ein Wert schafft es ins Plus

Alle 30 Dax-Werte schlossen im Minus. Mit rund 1 Prozent fiel es bei Henkel noch am geringsten aus. n der Spitze der langen Verliererliste standen Versorger und Banken: RWE sackten rund 9 Prozent ab, Eon etwa 8 Prozent. Commerzbank gaben rund 6 Prozent und Deutsche Bank fast 7 Prozent ab.

Auch im MDax suchte man nennenswerte Gewinner vergebens. Die deutlichsten Abgaben gingen auf das Konto von Salzgitter: 7,7 Prozent. Auch Wincor kamen mit 6,1 Prozent deutlich unter die Räder. Zalando büßten 5,5 Prozent ein. Im TecDax schafften Compugroup ein Plus von 0,3 Prozent - die Titel waren damit die einziger Gewinner im deutschen Tech-Index. Nemetschek schlossen unverändert. Abwärts ging es dagegen mit GFT und Aixtron am deutlichsten: 8,3 und 6,4 Prozent.

Wall Street: Kursturbulenzen auch in New York

Der Crash an den chinesischen und europäischen Börsen heizte auch der Wall Street ein. Es wurde befürchtet, dass es um die chinesische Wirtschaft deutlich schlechter bestellt ist als bisher angenommen . Das könnte auch das Wachstum der Weltwirtschaft bremsen. Der Dow-Jones-Index lag am Vormittag (Ortszeit) mit 16.044 Punkten noch rund 2,5 Prozent tiefer, nachdem er zum Handelsstart etwa 6 Prozent eingebüßt und sein Tagestief bei 15.370 Stellen markiert hatte. Erstmals seit Februar war er damit unter die 16.000er-Marke gerutscht. Der breiter gefasste S&P-500 tendierte mit 1921 Zählern ebenfalls knapp 2,5 Prozent tiefer. Auch dieser Index hatte zum Start weitaus deutlichere Abschläge aufgewiesen. Der Nasdaq 100 stand bei 4099 Punkten 2,3 Prozent im Minus. Das Tagestief lag allerdings bei 3787.

Unter die Räder kamen bei den Einzelwerten unter anderem die Aktien von Apple mit einem Minus von zeitweise über 8 Prozent. Bei der Großbank JP Morgan ging es im Tagestief ebenfalls deutlich bergab: 6 Prozent. Der anhaltende Ölpreis-Verfall setzte zudem Anbietern wie Exxon und Chevron zu. Hier beliefen sich die Abschläge zeitweise auf rund 5 Prozent.

China sendet Schockwellen

Die Situation an den dortigen Aktienmarkten verunsicherte die Börsianer weltweit. In Shanghai brach das Börsenbaro meter um 8,5 Prozent. Der Composite hat damit sämtliche seit Jahresbeginn aufgelaufenen Gewinne wieder verloren. Auch der kleinere Shenzhen Component Index fiel um 7,8 Prozent. Zudem zog der Kursrutsch die Indizes an den Nachbarbörsen mit in den Keller. In Tokio rutschte der Nikkei-Index um über 3 Prozent ab, in Hongkong verlor der Börsenindex knapp 5 Prozent, in Sydney stürzten die Kurse um durchschnittlich gut 3 Prozent ab.

Die Anleger zeigten sich vor allem enttäuscht darüber, dass die chinesische Notenbank am Wochenende nicht die Geldpolitik gelockert oder mit anderen Maßnahmen versucht hatte, die Kurse zu stützen. Entsprechende Spekulationen hatten am Wochenende die Runde gemacht. Die Börsianer warteten nun darauf, wie Peking auf die dramatische Entwicklung an der Börse weiter reagieren wird, nachdem eine ganze Reihe von Stützungsmaßnahmen bislang offenbar nicht fruchteten. Dem "Wall Street Journal" zufolge bereitet die chinesische Notenbank eine Liquiditätsspritze für den Bankensektor vor, die die Kreditvergabe ankurbeln soll.

Rohstoffe: Preise purzeln

Für weiteres Ungemach sorgte zudem der anhaltende Kursverfall an den Rohstoffmärkten. Der Preis für das US-Öl WTI rutschte deutlich ab. Am Abend  kostete ein Barrel 38,57 Dollar, ein Minus von 4,4 Prozent zum Freitag. Das war zudem der tiefste Stand seit mehr als sechseinhalb Jahren. Das Nordseeöl Brent wurde mit 43,23 Dollar je Barrel 4,7 Prozent schwächer gehandelt. Es war damit ebenfalls so billig wie seit mehr als sechs Jahren nicht mehr.

Auch der Kupferpreis kannte kein Halten und fiel in der Spitze um 3 Prozent auf 4903 Dollar je Tonne. Hier belasteten vor allem die Sorgen, dass die chinesische Konjunktur in der Krise stecken könnte.

Gold zog nach einem kurzen Rücksetzer dagegen wieder an. Die Feinunze wurde am Abend bei 1161 Dollar gehandelt und damit 0,2 Prozent über dem am Freitag markierten Siebenwochenhoch. Gold gilt als sicherer Hafen in Krisenzeiten, aber auch als Profiteuer der neuen Dollar-Schwäche. Aus technischer Sicht verbessert sich die Lage stark, wenn die Feinunze das 2013er Tief bei 1180 Dollar überwinde, hieß es bei Wellenreiter-Invest.

Devisen: Euro im Höhenrausch

Der Euro setzte seinen Höhenflug der vergangenen Handelstage fort - und gewann dabei zeitweise sogar noch an Dynamik. Die Gemeinschaftswährung notierte am Abend um 1,16 Dollar. Im Tageshoch war der Euro aber schon knapp 1,17 Dollar wert gewesen. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte den Referenzkurs am Mittag noch auf 1,1497 Dollar festgesetzt. Das waren bereits mehr als 2 US-Cent über dem Referenzkurs vom Freitag.

Der Dollar leidet derzeit unter Befürchtung, dass die US-Notenbank Fed ihre Zinswende wegen der Turbulenzen in China abermals verschieben und den Zinsschritt erst im Dezember vollziehen könnte.

Quelle: ntv.de, bad/dpa/DJ

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