Marktberichte

Nach neuen Zöllen gegen China Angst vor Handelskrieg belastet US-Börsen

Dieser Broker wischt sich erstmal den Schweiß ab.

Dieser Broker wischt sich erstmal den Schweiß ab.

(Foto: AP)

Kommt jetzt ein Handelskrieg? Nach der Einführung neuerliche Zölle auf chinesische Waren werden die Broker an der Wall Street vorsichtig. Die großen Indizes geben allesamt leicht nach.

Der eskalierende Handelsstreit zwischen den USA und China belastet die Wall Street. US-Präsident Donald Trump verhängte wie angekündigt Zölle auf Importe aus China im Volumen von 50 Milliarden Dollar. Berichte in den USA legten nahe, dass die US-Regierung bereits an Zöllen im Umfang von 100 Milliarden Dollar arbeite, hieß es. Peking reagierte prompt mit Zöllen auf US-Waren in vergleichbarer Höhe. Die Zeit der Rhetorik scheint vorbei, stellte ein Börsianer ernüchtert fest.

Der Dow-Jones-Index verlor 0,3 Prozent auf 25.091 Punkte, S&P-500 und Nasdaq-Composite büßten 0,1 bzw. 0,2 Prozent ein. Umgesetzt an der Nyse wurden 2.360 (Donnerstag: 930) Millionen Aktien. Auf 1.403 (1.675) Kursgewinner entfielen 1.545 (1.264) -verlierer, unverändert schlossen 122 (133) Titel.

Im späten Handel erholten sich die Kurse etwas von den Tagestiefs, was Händler aber nicht erklären konnten. Vielleicht war der Präsident der Dallas-Fed, Robert Kaplan, verantwortlich, denn er ging weiterhin davon aus, dass die US-Notenbank im laufenden Jahr nur drei und nicht wie seit Mittwoch mehrheitlich veranschlagt vier Zinsschritte vornehmen werde.

Angst vor Handelskrieg

"Das Handelsproblem hat sich zu etwas Größerem ausgeweitet. Es ist nicht mehr nur Rhetorik; Trump will diese Tarife einführen und es sieht so aus, als passierte es auch. Wieder einmal stellt sich die Frage, welche Vergeltungsmaßnahmen wir aus anderen Ländern sehen und ob dies ein echter Handelskrieg wird, was wirklich schlimm wäre. Historisch gesehen verlangsamen Zölle das Handelsvolumen, erhöhen die Kosten und treffen die Margen. Es ist eine No-Win-Situation auf der ganzen Linie, und es könnte zu einem deutlichen Rückgang des BIP auf globaler Ebene führen, je nachdem, wie schlimm es wird", sagte Michael Mullaney, Direktor für globale Marktforschung bei Boston Partners.

US-Konjunkturdaten fanden in dieser Gemengelage kaum Beachtung, zumal die Daten auch keine klare Tendenz erkennen ließen. So überraschten Empire State Manufacturing Index für Juni sowie das Verbrauchervertrauen für den selben Monat positiv, während die Industrieproduktion für Mai ebenso überraschend schwächelte. Zuvor war sie drei Monate in Folge gestiegen.

Handelsstreit bremst Dollar

Geldpolitische Entscheidungen spielten aufgrund des Handelsstreits eine eher untergeordnete Rolle am Devisenmarkt. Nachdem sich die Europäische Zentralbank (EZB) am Vortag taubenhafter als erwartet geäußert hatte, hat auch die Bank of Japan am Freitag ihre lockere Geldpolitik bestätigt. Das belastete den Yen aber nur kurz, denn die Furcht vor einer Eskalation des Handelskonflikts sorgte für eine Erholung des als vermeintlich sicherer Hafen angesehenen Yen. Der Euro erholte sich minimal von seinem EZB-bedingten Vortagesabsturz auf 1,1609 Dollar nach Wechselkursen um 1,1581 am Vorabend. Nach seinem Siebenmonatshoch am Vortag bewegte sich der ICE-Dollarindex kaum.

Gold gab trotz der drohenden Verschärfung des Handelskonflikts nach. Der noch immer vergleichsweise feste Dollar dämpfte das Interesse an dem Edelmetall. Händler berichteten auch von Gewinnmitnahmen nach dem Anstieg der vergangenen Tage auf den höchsten Stand seit einem Monat. Zudem sei die physische Nachfrage nach dem Edelmetall in asiatischen Ländern wie Indien derzeit äußerst mau, hieß es. Der Preis für eine Feinunze ermäßigte sich im späten Handel um 1,7 Prozent auf 1.280 Dollar und damit auf den tiefsten Stand des Jahres.

Den Nutznießer der Krisenstimmung stellten US-Renten. Steigende Notierungen drückten die Rendite zehnjähriger US-Staatsanleihen um einen Basispunkt auf 2,92 Prozent. Am Ölmarkt gerieten die Preise deutlich unter Druck. Ein hoher Dollarkurs in Verbindung mit einem die Nachfrage dämpfenden möglichen Handelskrieg belastete den Ölmarkt. Dazu gesellte sich die näherrückende Opec-Konferenz. Es wurde weithin erwartet, dass das Erdölkartell am 22. Juni höhere Fördermengen beschließen werde.

Saudi-Arabien wolle die Förderung um 500.000 bis 1 Million Barrel pro Tag erhöhen, Russland um 1,5 Millionen Fass, sagte Rohstoffanalyst Eugen Weinberg von der Commerzbank. In die Opec-Diskussion platzte die Nachricht, dass die Anzahl der in den USA aktiven Ölförderanlagen die vierte Woche in Folge gestiegen war. Der Preis für ein Barrel Rohöl der US-Sorte WTI sank um 2,7 Prozent auf 65,06 Dollar und damit auf das tiefste Niveau seit über einer Woche, europäisches Refenzöl der Sorte Brent verbilligte sich um 3,3 Prozent auf 73,44 Dollar.

Mit dem Absturz der Ölpreise gerieten an der Wall Street die entsprechenden Sektorwerte unter Abgabedruck. Der Energiesektor büßte als Schlusslicht 2,1 Prozent ein. Occidental Petroleum, Exxon Mobil und Chevron fielen zwischen 1,2 und 2,0 Prozent. Ansonsten wurden vor allem konjunkturzyklische Werte mit dem Handelskonflikt verkauft.

Adobe sanken trotz guter Geschäftszahlen und eines positiven Ausblicks um 2,4 Prozent. Marktbeobachter vermuteten hinter der negativen Kursreaktion Gewinnmitnahmen nach dem Motto, bei guten Nachrichten zu verkaufen. Die Aktie hatte im laufenden Jahr bereits um fast 50 Prozent zugelegt.

Quelle: ntv.de, vpe/DJ

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