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Per Saldo - die Wirtschaftskolumne Putin punktet im Opel-Streit

Bald ist es soweit. Dann ist das Gezerre um Opel endlich beendet und wir wissen, wer der künftige Eigner der Tochter von General Motors ist. Derzeit geht der zähe Poker weiter, die Amerikaner favorisieren den Investor RHJ, während sich die deutsche Seite vehement für den kanadisch-österreichischen Zulieferer Magna und die russische Sberbank ausspricht.

Warum nur sind Bundesregierung, Bundesländer und deutsche Arbeitnehmervertreter so wild entschlossen, Opel solle an Magna und die Sberbank gehen? Die Antwort liegt auf der Hand: Es geht schlicht und ergreifend um Arbeitnehmerrechte. Der Opel-Betriebsrat muss die "Magna Charta" mit sichtlicher Begeisterung gelesen haben, die angeblich in jedem Werk an die Wand genagelt ist. Diese Thesen von Magna-Gründer Frank Stronach handeln von Fairness und Harmonie sowie Rechten und Pflichten zwischen Arbeitgeber und Mitarbeitern. Das klingt prima, vor allem vor dem Hintergrund permanenter Querelen zwischen Opel-Belegschaft und GM-Management.

Putin macht Eindruck

Durch einen Zuschlag für Magna kommen dessen Partner ins Boot. Magna will 27,5 Prozent an Opel übernehmen, die Sberbank weitere 27,5 Prozent. Dritter in dem Konsortium ist der russische Hersteller GAZ, der jedoch keine Kapitalbeteiligung plant. GAZ gehört dem Oligarchen Oleg Deripaska. GM soll 35 Prozent behalten, zehn Prozent sollen an die Mitarbeiter gehen. Die Sberbank wird wie so vieles in Russland vom Kreml kontrolliert, von dort kommende Wünsche kann und will sie nicht zurückweisen. Das gilt übrigens auch für Oligarchen. Und nun zeigte sich, dass der eigentliche Kreml-Chef, Ministerpräsident Wladimir Putin, vorbildlich für Arbeitnehmerrechte streitet. Das hat hierzulande offenbar mächtig Eindruck hinterlassen.

Was war passiert? Russlands ehemals reichster Mann, Oleg Deripaska, besitzt eine Zementfabrik im fernen Sibirien. Jüngst machte er zwei unverzeihliche Fehler: Er kündigte an, die Fabrik zu schließen. Außerdem wurde den Arbeitern der Lohn nicht voll ausbezahlt. Statt eine Menschenkette zu bilden oder wie in Frankreich Manager als Geiseln zu nehmen, entschieden sich die wütenden Arbeiter für den kurzen Dienstweg und wandten sich an Putin.

"Unten rechts"

Das war wirklich Pech für den möglichen Opel-Partner Deripaska, denn der fleischgewordene Alptraum ignoranter Unternehmer reiste tatsächlich an, beorderte Eigentümer und Management in einen Konferenzraum und faltete den Oligarchen nach allen Regeln der Kunst zusammen. "Sie haben aus dem Werk eine Müllhalde gemacht", stellte Putin sachlich fest - und das war noch der höflichste Teil des Monologs. Am Ende, zuvor war noch der Begriff "Kakerlake" gefallen, hielt der Ministerpräsident einen Vertrag in die Höhe, der die Zukunft des Werks sowie die Auszahlung der Löhne garantieren soll.

Wie ein Schuljunge schlich Deripaska zu Putin und versuchte noch einen Rest von Würde zu bewahren, indem er so tat, als lese er den Vertrag. Doch dem "lupenreinen Demokraten" wurde es schnell zu bunt: "Unten rechts" schnauzte er und machte Deripaska unmissverständlich klar, wo er zu unterschreiben habe. Dieser tat wie ihm geheißen und schlich von dannen. Doch Putin kannte keine Gnade: "Meinen Kugelschreiber", knurrte er dem Oligarchen hinterher. Dieser machte kehrt und rückte reumütig das Schreibwerkzeug raus.

Sollte also die Sberbank bei Opel einsteigen, sollte sich das Management warm anziehen.

Quelle: ntv.de

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