Kolumnen

Die Busch-Trommel Manna von der EZB

Nervöse Händler: Energiekosten, Kriegsgefahr und zwei große Notenbanken, die alles auf eine Karte setzen.

Nervöse Händler: Energiekosten, Kriegsgefahr und zwei große Notenbanken, die alles auf eine Karte setzen.

(Foto: AP)

Laufen die Börsen aus dem Ruder? Trotz erheblicher Risiken schweben die Märkte in neuen Höhen. Zeigt die überaus großzügige Geldpolitik der US-Notenbank nun ihre Wirkung? Das Vorgehen der Euro-Hüter nimmt sich dagegen bescheiden aus. "Noch!", sagt Friedhelm Busch.

Friedhelm Busch

Friedhelm Busch

Das verstehe, wer will! Der terrorisiert mit seiner Atompolitik die ganze Welt und treibt gleichzeitig mit seiner Drohung, die Öllieferungen aus dem mittleren Osten notfalls mit Gewalt zu stoppen, die Rohölpreise in die Höhe. Für die eh schon angeschlagene weltweite Wirtschaftskonjunktur könnte das der entscheidende Stoß in eine allgemeine Rezession sein. Das hätte uns noch gerade gefehlt: Neben den Problemen der europäischen Staatsschuldenkrise eine Explosion der Energiepreise!

Doch die Aktienmärkte zeigen sich völlig unbeeindruckt und schicken sich an, aus Vorkrisenzeiten zu knacken. Gerade so, als ob die geopolitischen Turbulenzen von Syrien über Iran bis nach Afghanistan nur regionale Störfälle wären, als ob die Beendigung der Eurokrise nach der Umschuldung Griechenlands vor der Tür stünde. Spanien und Italien haben in den letzten Tagen ihre Staatsanleihen zu günstigeren Konditionen platzieren können als noch vor einigen Monaten. Ist das nicht Beweis genug für das gestiegene Vertrauen der Finanzmärkte in die künftige Sparpolitik der schlimmsten Stabilitätssünder in Europa?

Weit gefehlt!

Mit hoher Wahrscheinlichkeit werden die europäischen Geberländer in nur wenigen Monaten über weitere Milliarden-Hilfen an Athen diskutieren, weil die Milliarden, die jetzt an das Land in Form von Krediten ausgezahlt werden, in erster Linie nur dazu dienen, . Lediglich ein geringer Teil des Geldes ist für den Aufbau einer wettbewerbsfähigen Exportwirtschaft vorgesehen.

Woher Brüssel und auch der IWF dennoch die Zuversicht nehmen, der griechische Pleitestaat könne schon ab 2014 seine Staatsschulden deutlich verringern und sich bald an den freien Kapitalmärkten wieder refinanzieren, ist mir unerfindlich. Im Gegenteil, die Schulden des Landes werden weiter steigen, weil auch das milliardenschwere Rettungspaket zurückgezahlt werden muss.

Was den Schwachen droht

Mit anderen Worten: bestehende Schulden werden durch neue Schulden erhöht. Die Umschuldung verpufft als heiße Luft. Aber nicht nur für Griechenland wird es in den kommenden Monaten noch dicker kommen. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit werden sich die internationalen Finanzmärkte an ihre erzwungenen Verluste bei griechischen Anleihen erinnern, wenn demnächst , oder auch neues Geld brauchen. Die Finanzminister dieser Länder können sich schon jetzt auf höhere Zinsforderungen einstellen, wenn sie eines Tages private Investoren um die Finanzierung ihrer Schulden bitten.

Die Börsen aber scheint das alles überhaupt nicht zu interessieren. Ihr Blick konzentriert sich auf die Geldpolitik der EZB. Wie die amerikanische Fed ist inzwischen auch die europäische Notenbank offenbar wild entschlossen, die Geldmärkte zu fluten. Seit 2008 hat die US-Notenbank für 2300 Mrd. US-Dollar amerikanische Hypothekenpapiere und US-Staatsanleihen aufgekauft und den Leitzins in Richtung 0 Prozent gedrückt, um in den USA nach der Immobilienkatastrophe das Verbrauchervertrauen wieder aufzurichten. Offenbar mit einigem Erfolg, wie die belegen. Die nimmt sich dagegen noch etwas bescheidener aus. Noch!

Vorgeblich sorgt sich die EZB um die schleppende Kreditvergabe der europäischen Banken an Unternehmen. Käme es aber wegen Kapitalmangels in der Wirtschaft zu geringeren Investitionen, könnte die Konjunktur noch stärker leiden, als dies ohnehin wegen der europaweit angekündigten Sparprogramme der Fall ist.

Zoff in der Zentralbank

Doch offensichtlich ist die Kreditnachfrage der Unternehmen gar nicht so hoch, wie von der EZB unterstellt. Kein Wunder bei der gegenwärtigen Konjunkturabkühlung. Zudem besorgen sich immer mehr Unternehmen angesichts der niedrigen Leitzinsen die benötigten Finanzmittel über die Emission eigener Anleihen zu äußerst günstigen Konditionen statt über teurere Bankkredite.

Nein, das Geld der EZB - seit Dezember des vergangenen Jahres sind es immerhin rund eine Billion Euro, auf drei Jahre und zu einem Zinssatz von nur einem Prozent - haben viele Banken gerne genommen, um damit selber an den Börsen zu investieren und um gezielt Anleihen angeschlagener Euro-Staaten mit einer Rendite von vier bis fünf Prozent zu kaufen. Dank der spendablen EZB , zumal diese angefressenen Papiere bei der EZB dann auch noch als Sicherheiten für die neuen Kredite abgeladen werden können.

Doch nicht nur für die Banken ist diese Manna vom Himmel. Auch die Regierungen Spaniens oder Italiens haben von diesem Geldsegen der EZB profitiert, denn bis vor kurzem hatten sie noch für neue Staatsanleihen Zinsen jenseits von 5 und 6 Prozent akzeptieren müssen. Die gesunkenen Renditen sind also weniger der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Staatsschuldenkrise geschuldet als vielmehr der überaus großzügigen EZB-Geldpolitik.

Die Kernfrage: Lohnt das Sparen?

Die EZB wird damit zum Mitschuldigen an der wuchernden Staatsverschuldung, denn mit ihrer Geldschwemme bietet sie allen Stabilitätssündern die wohlfeile Möglichkeit, sich auch in Zukunft immer wieder billiges Geld für immer neue Schulden beschaffen zu können.

Warum sollten die Regierungen in Europa ihren Bürgern drastische Sparprogramme zum Abbau ihrer Defizite auferlegen und damit ihre Wiederwahl gefährden, wenn sie dank der EZB zur Finanzierung ihrer Schulden gar nicht auf die freien Kapitalmärkte angewiesen sind?

Geld im Überfluss zu minimalen Zinsen und auf lange Sicht, das ist der Stoff aus dem Börsenträume entstehen, das ist für die Finanzmärkte wie Manna vom Himmel. Dass all dieses billige Geld von der europäischen Notenbank vollständig wieder eingesammelt werden wird, dass auch nur eine Regierung tatsächlich sparen, also jemals ihre Schulden zurückzahlen wird, das wird doch wohl kein Bürger ernsthaft glauben.

Mit anderen Worten: Die , weil die Politik es so will und die Notenbank ihre vollen Hände dazu reicht. Sei´s drum, wir können es doch nicht ändern, … weil wir als fordernde Staatsbürger es im Grunde selber auch gar nicht wollen!

Investieren wir halt unser Gespartes in Sachvermögen! Kaufen wir Aktien! Vielleicht kommen wir dann für ein paar Jahre mit einem blauen Auge davon. So unverständlich ist der gegenwärtige Börsenaufschwung also doch nicht.

Quelle: ntv.de

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