Wirtschaft

Treibstoff in die Zukunft E-Fuel: Pack den Strom in den Tank!

Die deutsche Autoindustrie investiert Milliardensummen in die Elektromobilität - und damit auch in ihre Zukunft? Da gehen die Meinungen auseinander. Das neue Zauberwort heißt E-Fuel.

Die deutsche Autoindustrie steht unter Strom. 2019 soll der Durchbruch der Elektromobiliät endlich kommen. Gezogen vom Verkaufserfolg der Tesla-E-Autos im sonnigen Süden der USA und getrieben vom schlechten Image des Dieselautos und dem Damoklesschwert drohender Fahrverbote investieren alle Hersteller Milliarden in die E-Mobilität. Laut Branchenverband VDA verdreifachen sie in den kommenden drei Jahren ihr Angebot an E-Modellen auf 100. Sie investiert bis dahin 40 Milliarden Euro in alternative Antriebe, davon allein VW über 20 Milliarden.

Allein Volkswagen-Chef Herbert Diess hat bis zum Jahr 2025 50 neue Batterieautos angekündigt, 30 weitere mit einer Kombination als Elektro-und Benzinantrieb, also Plug-In-Hybride. 2026 soll bei VW der letzte neu konzipierte Verbrenner auf den Markt kommen.

Helmut Becker schreibt für n-tv.de eine monatliche Kolumne rund um den Automarkt. Becker war 24 Jahre Chefvolkswirt bei BMW und leitet das "Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK)". Er berät Unternehmen in automobilspezifischen Fragen.

Helmut Becker schreibt für n-tv.de eine monatliche Kolumne rund um den Automarkt. Becker war 24 Jahre Chefvolkswirt bei BMW und leitet das "Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK)". Er berät Unternehmen in automobilspezifischen Fragen.

  Bei Daimler soll eine milliardenschwere E-Auto-Offensive mit zehn Modellen bis 2025 15 bis 25 Prozent des gesamten Daimler-Pkw-Absatzes ausmachen. Dazu werden bei allen die Werke massiv auf E-Auto-Fertigung umgerüstet, bei Volkswagen in Emden und Zwickau, bei Daimler in Sindelfingen und bei BMW in München.

Düstere Zukunftsaussichten

Damit wird auch das Ende der deutschen Autoindustrie eingeläutet! Denn mit dieser E-Strategie droht die Branche doppelt unter die Räder zu kommen: Zum einen durch die hohen Investitionen in die E-Mobilität, die sich nur dann rechnen, wenn die Kunden mitspielen. Geschieht das nicht, drohen bei allen Herstellern und Verbrenner-Zulieferern massive Fehlinvestitionen und Verluste bis hin zur Existenzkrise.

Desweiteren drohen ohne Elektroautos zusätzlich Brüsseler Strafzahlungen, wenn die CO2-Grenzwerte von 57,5 Gramm CO2 pro Kilometer für die Flottendurchschnitte nicht eingehalten werden. Nur wenn 2030 jeder zweite Neuwagen in Deutschland elektrisch, also emmissionsfrei betrieben wird, können nach Berechnungen  der IG Metall die Hersteller im Durchschnitt die vorgeschriebenen Abgaswerte einhalten. Ansonsten drohen je Gramm CO2 Grenzwertüberschreitung im Durchschnitt EU-Strafzahlungen.

Die Zeit drängt

Die Politik und die mediale Gesellschaft sollten der Wahrheit einfach mal ins Auge sehen: E-Autos sind keine Lösung für den Massenmarkt! Batteriemobilität funktioniert wunderbar - solange sie die Ausnahme bleibt. Machen sich jedoch Massen von Stromautos auf den Weg, kommt das System schnell an seine Grenzen, es kollabiert. Es fehlt an allem: Ladepunkte, Durchfluss-  und Belastungskapazität des deutschen Stromnetzes bis hin in die letzte Wohnanlage.

Das bundesdeutsche Stromnetz wäre vom gleichzeitigen Laden einer größeren Anzahl von Fahrzeugen, vor allem wenn das über Schnell-Ladestationen erfolgen soll, völlig überfordert. Doch schon das Stromtanken an der konventionellen Steckdose ist nur möglich, wenn es wenige tun. Der Altbestand der Mehrfamilienhäuser respektive deren Immobilienverwaltungen lassen das nicht zu. Hinzu kommen die bleibenden Kostennachteile bei der Anschaffung eines E-Autos im Vergleich zum Verbrenner, gravierende Komforteinbußen in Sachen Reichweite und Ladedauer wie unüberwindbare Hindernisse und Genehmigungsvorschriften beim Aufbau einer privaten Ladeinfrastruktur.

Zwei Möglichkeiten  

Technisch versprechen nur zwei Antriebsformen eine nachhaltige Lösung:

  • der Wasserstoffantrieb mit Brennstoffzelle und E-Motor und
  • der Einsatz synthetischer Kraftstoffe, sogenannter E-Fuels, im Verbrenner-Motor

Zum Wasserstoffantrieb und der Brennstoffzelle an dieser Stelle nur so viel: Die Lösung hat sehr viel Charme, ist aber für den Einsatz im Pkw im Massenbetrieb und für die Kurzstrecke in der Stadt absolut ungeeignet. Die Gründe: hohe Anschaffungskosten, fehlende Infrastruktur mit Wasserstoff-Tankstellen, vor allem aber die geringe energetische Effizienz des Gesamtsystems. Bis aus Strom Wasserstoff und aus Wasserstoff via Brennstoffzelle wieder Strom gemacht ist, der dann den Elektromotor antreibt, bleibt am Ende an der "wheel" nur ein Drittel der eingesetzten Energie übrig.

  Bleibt als letzte Lösung der Einsatz von umweltfreundlichem, NOx-freiem, synthetischem Treibstoff im normalen Verbrennungsmotor, beim Otto wie beim Diesel. Das Prinzip ist einfach: E-Fuels sind synthetische  Kraftstoffe, die klimaneutral mittels Elektrolyse aus Strom, Wasser und Kohlendioxid (CO2) hergestellt werden. Soweit der Strom vollständig aus erneuerbaren Quellen (Wind und Sonne) stammt und das CO2 der Atmosphäre entnommen wird beziehungsweise aus Biomasse (nicht Nahrungsmitteln) kommt, können Verbrenner CO2-neutral und NOx-frei betrieben werden. Die Motoren werden also mit "sauberem" Sprit gefüttert! Notwendig ist eine Dekarbonisierung der Kraftstoffe. Denn ohne klimaneutralen, synthetisch erzeugten (Kunst-)Kraftstoff sind die Umweltziele nicht zu erreichen.

Wirtschaftlich machbar

Natürlich gibt es bei E-Fuels auch Nachteile: eine geringe Energieeffizienz und das unzureichende heutige Vorkommen an billiger erneuerbarer Energie, um E-Fuels, zum Beispiel Oxymethylenether, klimaneutral herzustellen. Verbrenner, die mit E-Fuel betrieben werden brauchen etwa doppelt so viel Strom wie Wasserstoffantriebe. Und im Vergleich zu batteriebetriebenen Elektroautos benötigen E-Fuel-Autos fünf Mal so viel Energie.

Die Probleme sind wirtschaftlich lösbar! Denn kostengünstige Sonnen- und Windenergie steht unbegrenzt zu Verfügung, Wasser (nicht Trinkwasser) ebenfalls - etwa an den Küsten. Auch an Investoren zur Erstellung der notwendigen Produktionsanlagen sowohl für Strom wie für das E-Fuel selber dürfte kein Mangel bestehen. Woran es bis dato mangelt, ist die richtige gesellschaftliche und politische Weichenstellung. Elektromobilität auf Batteriebasis ist eine Nische, keine massentaugliche Marktlösung für global 1,5 Milliarden Autos mit Verbrennermotoren. Die brauchen ein umweltfreundliches Futter!

Quelle: ntv.de

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