Wirtschaft

Todesfalle Roboterauto? Autonomes Fahren nur mit Tempolimit!

Auronomes Fahren: Sieht so die automobile Zukunft aus?

Auronomes Fahren: Sieht so die automobile Zukunft aus?

(Foto: picture alliance / Federico Gamb)

Roboterautos gehören die Zukunft. Das suggerieren Autoindustrie und Experten. Tödliche Unfälle zeigen jedoch, dass noch viele Baustellen zu umfahren und Probleme zu lösen sind. Ein Schlüssel dazu: das Tempolimit.

"Selbstfahrende Autos werden kommen, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche", sagt Ralf Lenninger, Manager bei Continental. Wenn er sich nur da nicht irrt! Das, was Skeptiker von Roboterautos und deren Einsatz im normalen Straßenverkehr schon immer befürchtet haben, ist in den USA eingetreten: Ein Roboterauto hat in Arizona einen Passanten getötet. In diesem Fall eine Frau, die bei Dunkelheit mit dem Fahrrad eine Straße überquerte und von den Laserscannern und Sensoren des selbstfahrenden Autos nicht registriert worden war. Der Test-Fahrer saß zwar am Steuer, doch das Geisterauto fuhr autonom ungebremst weiter.

Bisher sieht alles danach aus, als sei eindeutig ein Software-Fehler die Ursache für den tödlichen Unfall. Auch als die Frau klar im Scheinwerferlicht erkennbar war, fuhr das Roboterauto weiter. Nach Einschätzung der Polizei hätte ein menschlicher Fahrer den Unfall wohl nicht verhindern können. Das ändert aber nichts daran: Wenn die Technik richtig funktioniert hätte, wäre es nicht zu dem Unfall gekommen.

Der von Internetgiganten wie Google geschürte Glaube an eine quasi Taxi-Mobilität ohne Restrisiko hat damit einen schweren Schlag erlitten. Bislang waren die Computerboys aus dem Silicon Valley davon ausgegangen, die Mobilität der Zukunft bestehe darin, sich mit dem Smartphone eine führerlose Fahrkabine zu bestellen, dann einzusteigen und sich ans Ziel bringen zu lassen. Bei älteren Herrschaften würden daraus autonome Kaffeefahrten, bei Kneipenbesuchern Katerrückfahrten - gelegentlich könnte beides auch zusammenfallen.

Großes Risiko Mischverkehr

Von den Risiken dieser Geisterautos war allenfalls im Kleingedruckten die Rede. Gemeint sind damit nicht die "normalen" Verkehrsrisiken: die 46 Millionen Pkw hierzulande, die zwei Millionen Unfälle und mehr als 3000 Verkehrstoten pro Jahr. Gemeint sind die zusätzlichen Risiken, die durch den Betrieb von Roboterautos entstehen werden.

Das größte Risiko ist der Mischverkehr. Um Unfälle völlig auszuschließen, müssten sich die Roboterautos in einer abgeschotteten Infrastruktur bewegen, ohne Radfahrer und Fußgänger - und vor allem ohne nicht vernetzte Normalautos. Kollisionen und Missverständnisse ob der mangelnden Entscheidungsfähigkeit und vor allem -Befugnis der Fahrautomaten sind unvermeidlich. "Ein autonomes Auto darf niemals ein Opfer wählen!", konstatiert Ex-Verkehrsminister Alexander Dobrindt.

Sonntagsfahrer der schlimmsten Art

Helmut Becker schreibt für n-tv.de eine monatliche Kolumne rund um den Automarkt. Becker war 24 Jahre als Chefvolkswirt bei BMW tätig und leitet das "Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK)". Er berät Unternehmen in automobilspezifischen Fragen.

Helmut Becker schreibt für n-tv.de eine monatliche Kolumne rund um den Automarkt. Becker war 24 Jahre als Chefvolkswirt bei BMW tätig und leitet das "Institut für Wirtschaftsanalyse und Kommunikation (IWK)". Er berät Unternehmen in automobilspezifischen Fragen.

Nicht gemeint sind hier technische Defekte der Roboterautos, wie sie bei rund 60 Millionen Fahrzeugrückrufen der globalen Autohersteller 2016 tatsächlich notwendig wurden. Und von lebensgefährdenden technischen Defekten sollen Computerautos künftig gefeit sein? Zu erwarten, dass es mit autonomen Autos keinen einzigen Unfall mehr geben werde, sei Unsinn, so Andre Seek, Leiter Fahrzeugtechnik Bundesanstalt für Straßenwesen.

Hinzu kommt, dass Roboterautos sich im Normalverkehr aufführen wie Sonntagsfahrer der schlimmsten Art. Sie sind von Haus aus programmiert auf äußerst defensive Fahrweise und verhalten sich im Verkehr zurückhaltender als blutige Anfänger.

Nach Eingeständnissen von Experten aus der Branche halten Roboterfahrzeuge so viel Sicherheitsabstand, dass sich die Verkehrsleistung einer Straße im Berufsverkehr glatt halbiert. Sie warten lieber stundenlang an einer Autobahneinfahrt, als sich gekonnt und nach allgemeinem Usus in den dichten Verkehr einzufädeln.

Extrem wetterfühlig

Kurz: In Ballungsgebieten und auf deutschen Autobahnen käme damit der Verkehr komplett zum Erliegen. Erwiesen ist zudem, dass die Schönwetter-Automaten aus Kalifornien vor dem Wetter in nördlicheren Gefilden kapitulieren. Denn zwei ihrer drei Schlüsselsensoren - Kamera und Laser - sind extrem wetterfühlig. Regen, Nebel, Schneegestöber und vor allem Glatteis können sie völlig außer Gefecht setzen. Kein Wunder, dass bisher nur in den US-amerikanischen Südstaaten wie Kalifornien, Arizona oder Nevada autonome Autos eine Straßenzulassungen erhalten haben.

Auch verschmutze Verkehrsschilder und/oder unkenntliche Straßenmarkierungen und Hinweisschilder machen autonome Autos blind. GPS hilft da auch nicht weiter, weil es unpräzise ist und keine weiteren Verkehrsteilnehmer erkennt.

Tempo, Tempo

Die größten Gefahren für und von selbstfahrenden Autos sind jene, die es in den USA und in den meisten Ländern der Welt aufgrund der vorhandenen Tempolimits nicht gibt: die hohen Geschwindigkeiten auf deutschen Autobahnen. Das Problem sind die möglichen hohen Differenzgeschwindigkeiten zwischen langsam fahrenden Roboterautos und Normalautos mit hoher Geschwindigkeit.

Bei Überholvorgängen müsste das Roboterauto von hinten mit hoher Geschwindigkeit heranbrausende Autos mindestens auf eine Distanz von 250 bis 300 Metern erfassen können, um das Manöver gefahrlos zu starten. Dazu sind seine heutigen Sensoren präzise nicht in der Lage.

Man kann es drehen und wenden, wie man will: Autonomes Fahren mit selbstfahrenden Autos mag dazu beitragen, den Verkehr sicherer zu machen und Unfälle zu vermeiden. Was aber gerne verschwiegen wird: Mit dem autonomen Fahren in Roboterautos kommen für den Autofahrer auch neue, wesentliche größere Risiken für Blech, Leib und Leben hinzu.

Quelle: ntv.de

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