Wirtschaft

Nur was für böse Hedge Fonds? Leerverkäufer profitieren von der Krise

Leerverkäufer sind an der Börse die bärigen Zwillinge der Käufer

Leerverkäufer sind an der Börse die bärigen Zwillinge der Käufer

(Foto: picture alliance / dpa)

Die Aktienmärkte taumeln dem Crashmonat Oktober entgegen. Leerverkäufer sind die Gewinner. Eine Studie zeigt, wie Hedge Fonds diese Strategie erfolgreich nutzen. Und das Hedgefonds ängstlicher sind, als man meint.

Es gibt so Worte aus dem Finanzbereich, die Kritiker seit der Finanzkrise eher ausspuckt als ausspricht. "Hedge Fonds" etwa, also Investmentfonds, die teils mit hohem Risiko an den Märkten spekulieren und die Finanzkrise 2008 befeuert haben. "Leerverkäufe" ist auch so eine Vokabel. Die Strategie steht im Verdacht, Aktienkurse negativ zu beeinflussen, da man damit auf sinkende Kurse setzt. Ein Grund, wieso China nach dem jüngsten Börsencrash das Instrument verboten hat, genauso wie Griechenland in den Hochphasen der Euro-Krise.

Weil Leerverkäufe aber zum Werkzeugkasten jedes Hedge Fonds gehören, kommen diese beide Vokabeln immer wieder zusammen. Bislang wusste man nicht sonderlich viel über die intransparenten Hedge Fonds und die Rendite, die mit Leerverkäufen erzielt werden. Doch seit die EU die Finanzmärkte reguliert, sammelt die europäische Bankenaufsicht ESMA Daten über Leerverkäufe. Derzeit müssen nur Geschäfte veröffentlicht werden, bei denen mehr als 0,5 Prozent der insgesamt auf dem Markt vorhandenen Aktien eines Unternehmens "leer" verkauft werden, das trifft auf etwa ein Viertel dieser Transaktionen zu. Doch sie, so glaubt die EU, können die Kurse und damit ein Unternehmen beeinflussen.

Wieso überhaupt "Leer"-Verkauf? Der Verkauf wird deshalb als "leer" bezeichnet, weil eine von einem anderen Investor gegen eine Gebühr entliehene Aktie verkauft wird, um sie später, wenn die Kurse gefallen sind, zu einem günstigeren Preis zurück zu kaufen. Leerverkäufe sind also eine Short-Strategie, die Rendite wird durch die Differenz zwischen Verkaufskurs und (Rück-)kaufskurs bestimmt. Steigen die Kurse, erleiden Leerverkäufer Verluste.

Aktienverleih bringt Geld

Das Beleihen von Aktien ist umstritten. Der namhafte Börsianer Dirk Müller zum Beispiel tätigt keine Leerverkäufe in seinem Fonds, um keinen Druck auf die Kurse auszuüben, allerdings gehören Leerverkäufe zum alltäglichen Börsengeschäft. Zahlreiche Fonds erwirtschaften mit Leerverkäufen eine Zusatzrendite und wenn es nur Käufer an den Börsen gäbe, kämen keine Geschäfte zustande.

Zwei Wissenschaftler, Stephan Jank von der Frankfurt School of Finance & Management und Esad Smajlbegovic von der Universität Mannheim, haben sich die seit 2012 erhobenen Zahlen der ESMA genauer angeschaut. Ihr Ergebnis: Hedge Fonds nutzen negative Tendenzen am Markt wesentlich häufiger als andere Investoren, Broker oder Fonds. Sie halten 78 Prozent des Marktwertes aller Leerverkäufe, die von der ESMA publiziert werden. Black Rock Investment Management etwa tätigen an einem durchschnittlichen Tag mehr als 46 Transaktionen in der untersuchten Größenordnung. Auf Rang zwei der aktivsten Akteure in diesem risikoreichen Segment ist AQR Capital Management mit im Schnitt 35,12 Leerverkaufs-Transaktionen am Tag.  

Fakt ist, dass Hedge Fonds, die auf steigende und fallende Aktienkurse strategisch setzen, schon lange nicht mehr so erfolgreich agieren wie früher. Damals kursierten Renditeergebnisse von 30 oder gar 50 Prozent durch den Markt. Seit der Krise und den zunehmenden Regulierungen laufen die meisten Hedge Fonds mit dem Markt – oder machen gar Verluste. Am jüngsten schwarzen Montag, dem 24. August, liefen die meisten ins offene Messer, wie das Investmentblog Zerohedge schreibt: Nur wenige Hedge Fonds hätten sich vor dem Crash schützen können, obwohl sie mit Leerverkäufen auf dieses Szenario hätten setzen können. Mark Spitznagel, einer der bärischsten Hedge Fonds Manager der Wall Street und Chef von Universa Investments, war einer der Ausnahmen, die an diesem Montag Zahltag hatten, er machte 20 Prozent Gewinn.  

Value-Investing bringt mehr

Was lernt man daraus? Auch Hedge Fonds kochen nur mit Wasser. Wie Jank und Smajlbegovic herausgefunden haben, erzielen die Player eine risikoadjustierte Rendite von bis zu 6 Prozent, aber nur, wenn sie die Verkaufsentscheidung auf Basis von fundamentalen Kriterien wie zum Beispiel Eigenkapitalrendite oder Kurs-Buchwert-Verhältnis treffen anstatt von anderen Kursimpulsen– die Aktien also bezüglich ihres Unternehmenswertes analysiert und bewertet werden. Legt der Händler andere Kriterien zugrunde, schrumpft langfristig die Gewinnerwartung.

Als Erfolgskriterien identifizieren die beiden Finanzexperten zudem einen Heimvorteil, wenn sich also die Hedge Fonds an der regionalen Börse tummeln. Eine hohe Frequenz von Leerverkäufen und eine breite Diversifizierung bringen ebenfalls Vorteile. Leerverkäufe sind dann am erfolgreichsten, wenn der Hedge Fonds nicht der Herde folgt, sondern als erster auf den Kursrutsch von Vermögenswerten setzt. Und nicht die Zocker sind im Vorteil – wird die Verkaufsposition länger als zehn Tage gehalten sind die Renditeaussichten besser.

Fazit: Leerverkäufe gehören zum Markt dazu. Ein Erfolgsrezept allein ist diese Strategie aber nicht - auch wenn sie in der aktuellen Krisensituation voll aufgeht.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen