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Uwe Singer Sind Geldmarktfonds bald illiquide?

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Die Prognosen vieler Strategen aus Banken und Investmentgesellschaften klingen so, als sei nichts gewesen: Zehn Prozent Kurszuwachs an den Aktienmärkten sollen 2010 im Schnitt drin sein. Kaum thematisiert wird die Tatsache, dass das gerade zu Ende gegangene Jahrzehnt an den Börsen das zweitschlechteste der vergangenen 100 Jahre war. Desaströser war nur noch die Dekade nach 1930 – ein Jahrzehnt, eingerahmt von der Weltwirtschaftskrise zu Beginn und dem Start des Zweiten Weltkriegs am Ende.

Anders als die Strategen suggerieren, parken daher viele Privatanleger ihr Geld lieber in Geldmarktfonds. Zu drastisch und fundamental nicht nachvollziehbar erscheinen ihnen die Marktbewegungen. In der Tat sind Geldmarktfonds eine der wichtigsten Anlageklassen, in der bislang jederzeit abrufbare Gelder geparkt werden. Bei der US-amerikanischen Börsenaufsicht SEC sind 750 Geldmarktfonds registriert, deren Volumen sich auf 3,8 Billionen US-Dollar beläuft.

Erschreckender Vorschlag der Börsenaufsicht

Umso erschreckender wirkt da der Vorschlag der SEC, wonach die jederzeitige Rücknahme der bisher als sicher und liquide geltenden Geldmarktfonds-Anteile in Krisenfällen einfach ausgesetzt werden kann. Im Fall der Fälle würde das bedeuten, dass ein Verkauf der Fondsanteile nicht möglich ist, weil die Gelder eingefroren sind. Mit diesem Dekret will die SEC einen eventuellen Ansturm der Kunden auf ihre Bankkonten verhindern, indem sie diese Bank-Runs kurzerhand für illegal erklärt und im Bedarfsfall die Schließung der Geldmärkte anordnet.

Hintergrund dürfte der Bank-Run im September 2008 sein. Ein Zitat des US-Abgeordneten Kanjorski verdeutlicht die Dimension, in der sich die Geldmärkte damals befunden haben:  „Wir hatten an diesem Tag einen elektronischen Run auf die Bank. (...) 550 Milliarden Dollar wurden in einer Stunde von Geldmarktkonten abgezogen! Das US-Schatzamt schätzte damals, dass bis 14 Uhr 5500 Milliarden Dollar aus den Geldmarktfonds abgezogen worden wären. (...) Innerhalb von 24 Stunden wäre die Weltwirtschaft kollabiert und es wäre das Ende unseres Wirtschafts- und Finanzsystems gewesen“, so Kanjorski.

Bitteres Erwachen für Investoren?

Wenn Gesetze auf den Weg gebracht werden, wie die SEC sie vorschlägt, kann man Geldmarktfonds nicht mehr als liquide und sichere Anlageklasse bezeichnen. Vielmehr können sie dem Entwurf zufolge im „Ernstfall“ die Rückzahlung aussetzen, wie bisher nur bei Hedgefonds üblich. Die Investoren, die ihrer Meinung nach in eine der sichersten Anlageklassen überhaupt investiert haben, können dann wohl sehen, wie und wann sie ihr Geld bekommen.

Äußerst interessant ist die Frage, warum Institutionen wie die Börsenaufsicht an solche Regularien denken, wo derzeit angeblich wieder alles in bester Ordnung ist. Ebenso wäre es naiv anzunehmen, dass sich derartige Vorkehrungen auf die Vereinigten Staaten beschränken werden. Anleger sollten vielmehr davon ausgehen, dass auch in Deutschland und den anderen EU-Staaten entsprechende Pläne geschmiedet werden.

Der Autor Uwe Singer ist Portfolio-Manager der KSW Vermögensverwaltung und Experte des Internetportals Vermögensprofis.de.

Quelle: ntv.de

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