Migration

Markus Zschaber, V.M.Z. Die Lüge und der gesellschaftliche Schaden

Markus Zschaber, VMZ Vermögensverwaltung

Markus Zschaber, VMZ Vermögensverwaltung

Weltweit wurden in den Jahren 2008, 2009 und auch bereits 2010 hunderte, wenn nicht sogar tausende an Milliarden US–Dollar durch Staaten und Notenbanken in die Hand genommen, um die Bankenlandschaft vor einem Kollaps zu bewahren. Die Begründungen und Argumentationen für diese Rettungsmaßnahmen waren eigentlich von allen Politikern und Notenbankern rund um den Globus die gleichen: "Im Interesse der gesamten Gesellschaft müssen die Banken mit diesen Summen gerettet und finanziell gestützt werden, sonst würde die Wirtschaft in eine schwere Depression stürzen und die Finanzmärkte im Chaos enden."

"Die großen Investmentbanken müssen gerettet werden, um die Transfer, - Investitions-, Finanzierungs-, bzw. Kreditgeschäfte aufrecht zu erhalten“. Als Vermögensverwalter und Ökonom habe ich diesbezüglich zwei unterschiedliche Auffassungen: Als Vermögensverwalter, der sich tagtäglich in den Finanzmärkten aufhält und das anvertraute Kapital dort investiert und strukturiert, bin ich der Überzeugung, dass es nur durch eine gigantische Ausweitung der staatlich instrumentalisierten Geldmenge möglich war, dem Stress innerhalb des gesamten Finanzmarktes beizukommen und diesen auf ein erträgliches Niveau zu reduzieren. Wären die Notenbanken nicht eingeschritten, hätten die weltweiten Vermögensverluste wohl nicht bei 52 Tausendmilliarden US – Dollar gelegen, sondern bei einem Vielfachen davon. Als Ökonom allerdings erachte ich den Entschluss der weltweiten Notenbanken, aus gesamtwirtschaftlicher Perspektive, ein solch hohes Maß an Interventionen als gefährlich und ökonomisch nicht nachhaltig effizient. Genau hier gilt es auch die Aussagen bzw. die Argumente der Politik zu hinterfragen: Zum einen hat sich jetzt gezeigt, dass der Vorwand, dass die Banken unbedingt gerettet werden müssen, um den Kreditzyklus für die Privatpersonen bzw. die Unternehmen am Leben zu erhalten, der Unwahrheit entspricht. In den USA sowie in vielen Regionen Europas ist die Kreditvergabe seit den Liquiditätsspritzen deutlich rückläufig, da die Banken nicht im gemeinnützigen Interesse der Wirtschaft agieren, sondern ausschließlich im Interesse des „share-holder-value“.

Sie sind also lediglich an der eigenen Rentabilität bzw. an der eigenen Gewinnsituation interessiert. Ein weiteres Argument der Politik, das für eine Bankenrettung gegenüber der Öffentlichkeit ausgesprochen wurde, war, dass die Anlegerkonten stark bedroht gewesen wären, wenn eine Rettung nicht erfolgt wäre. Was die Bedrohung der Konten betrifft, kann ich zwar partiell zustimmen, der eigentlich deutlich entscheidendere Hintergrund wurde aber kleinlaut verschwiegen. Denn in erster Linie hätten die großen finanziellen Institutionen, deren Lobby als die Mächtigste der Welt gilt, darunter gelitten, dass die von Ihnen im Portefeuille gehaltenen Bankanleihen und Bankaktien noch stärker unter Druck gekommen, wenn nicht sogar wertlos geworden wären. Hätten die Staaten statt einer grundsätzlichen für alle Bankhäuser geltenden Bankengarantie nur eine Garantie für die Banken, die in der Vergangenheit ein gesundes und finanziell starkes Geschäftsmodell verfolgt haben, ausgesprochen, wäre zwar der Stress in den Finanzmärkten erstmal nicht begrenzt worden, aber nachhaltig hätte eine Bereinigung im Bankensektor stattgefunden.

Größe spricht gegen Rettung

Als Ökonom gilt es den Gesamteffekt und die daraus entstandenen und noch entstehenden Kosten, welche zukünftige Wohlstandsverluste für die gesamte Gesellschaft bedeuten werden, mit dem besagten abgemilderten Rettungsszenario im Vergleich zu bewerten. Aus dieser Sichtweise gilt es als empirisch erwiesen, dass ein Unternehmen bzw. eine Schlüsselindustrie immer nur auf Kosten eines anderen Wirtschaftsteils bzw. Gesellschaftszweigs künstlich gestützt werden kann. Aus makroökonomischer Sichtweise gilt: Je größer ein Unternehmen ist, desto weniger sollte man befürworten, dieses Unternehmen zu retten. Außerdem sollte nicht vergessen werden, dass bei einer Insolvenz das Unternehmen ja nicht von heute auf morgen einfach verschwindet, sondern es werden die effizienten und rentablen Unternehmensteile verkauft und die vorhandenen Ressourcen auf den Käufer übertragen.

Betrachtet man die gesamte Bankenlandschaft, kann festgehalten werden, dass das eigentliche Geschäftsmodell der großen Privatbanken durchaus sehr profitabel ist und als gesund eingestuft werden kann. Nur der Eigenhandel und die Neustrukturierung von immer neuen Produktalternativen führte im Zuge der Krise dazu, dass immer mehr Eigenkapital von Nöten war, welches die entstandenen Vermögensverluste kompensierte. Schlussendlich hätten abgemilderte Rettungsmaßnahmen dazu geführt, dass zwar einige Banken vom Markt verschwunden wären, auf der anderen Seite aber die gesunden Bereiche von anderen Marktteilnehmern aufgekauft geworden wären.

Das entspricht dem marktwirtschaftlichen Mechanismus und hätte womöglich kurzfristig den Stress an den Finanzmärkten erhöht, mittelfristig aber die ökonomischen und finanziellen Kosten für die Gesellschaft begrenzt. Es steht heute bereits fest, dass das Vermächtnis der jetzigen Generation an die vielen noch zukünftig entstehenden Generationen vor allem eins sein wird - Schulden. 

Ihr Markus Zschaber

Markus C. Zschaber ist leitender Fondsmanager der V.M.Z. Vermögensverwaltungsgesellschaft (www.zschaber.de) in Köln. Nach seinem BWL-Studium ließ er sich in den USA bei der Chase Manhattan Bank zum Fondsmanager ausbilden und kehrte danach wieder zurück in seine Wahlstadt Köln. Bereits mehrfach ausgezeichnet für sein Portfoliomanagement, zuletzt als "Bester Fondsverwalter 2008"durch den "Handelsblatt-Elite-Report", kennen ihn die n-tv-Zuschauer seit 1997 als Experte unter anderem in der Telebörse, dem Investment-Check, Börse@n-tv oder dem Geldanlagecheck. Zwei seiner Fachbücher konnten Leser bereits in den Bestseller-Listen finden, zuletzt das Buch "Der Börse voraus" als Gemeinschaftsproduktion mit dem Nachrichtensender n-tv.

Quelle: ntv.de

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen