Wirtschaft

"Moderat" und "vorübergehend" EZB öffnet Geldschleusen noch weiter

Selbst wenn der Sommer heiß wird: Über mangelnde Liquidität werden sich die Börsianer nicht beschweren.

Selbst wenn der Sommer heiß wird: Über mangelnde Liquidität werden sich die Börsianer nicht beschweren.

(Foto: AP)

Um die Finanzmärkte im Sommerloch in Schwung zu halten, legt die EZB noch mal einen Zahn zu beim Anleihenkauf. Sagt sie. Ein fadenscheiniger Grund, finden Analysten. EZB-Chef Mario Draghi habe ganz andere Gründe, den Dax anzuschieben.

Die Europäische Zentralbank will das Tempo ihrer großangelegten Anleihekäufe vorübergehend forcieren. Wegen der in der Urlaubssaison im Hochsommer üblicherweise dünnen Umsätze am Markt werde das Programm vorher intensiviert, kündigte EZB-Direktoriumsmitglied Benoit Coeure in London an. Es gehe um eine moderate Erhöhung in den Monaten Mai und Juni. Im Juli und August würden dann entsprechend weniger Papiere gekauft.

Dieses Vorgehen solle sicherstellen, dass die EZB ihr durchschnittliches Volumen von 60 Milliarden Euro pro Monat erreichen könne. Im September werde der Umfang bei Bedarf wieder hochgefahren.

"Das ist keine Änderung der Geldpolitik", sagte Commerzbank-Analyst Lutz Karpowitz. Es sei nur logisch, in Monaten mit geringeren Umsätzen eher weniger zu kaufen, um die Kursentwicklung nicht über Gebühr zu beeinflussen.

Marktanalyst Daniel Saurenz von Feingold Research ist von der Erklärung der EZB dagegen nicht überzeugt: „Steigende Zinsen sind das letzte, was die EZB sehen will und die letzten Wochen haben sie offenbar beunruhigt. Deshalb kündigt man mit der fadenscheinigen Begründung eines Sommerlochs höhere Käufe für Mai und Juni an. Für den Dax ist das der rein zinspolitisch getriebene Rückenwind, denn der Euro bricht im gleichen Atemzug ein. Nicht aus eigener Kraft klettert der Index, sondern weil Mario Draghi einmal mehr kräftig anschiebt. Profiteure sind natürlich Autoaktien und andere Exporteure", so Saurenz gegenüber n-tv.de

Euro runter, Dax rauf

Die Aussicht auf verstärkte Anleihekäufe in den kommenden Wochen schickte den Euro auf Talfahrt. Er sackte binnen Minuten um mehr als einen US-Cent auf 1,1197 Dollar ab. Der Bund-Future, ein auf der zehnjährigen Bundesanleihe basierender Terminkontrakt, stieg im Gegenzug um bis zu 126 Ticks auf 154,77 Punkte.

"Wenn Markt-Analysten in den kommenden Wochen womöglich ein etwas höheres Ankaufvolumen beobachten, hat dies nichts mit der jüngsten Phase der Marktschwankungen zu tun", erklärte Coeure.

In den vergangenen Wochen hatte ein Ausverkauf bei Anleihen eingesetzt. Dabei hatte der Bund-Future binnen weniger Tage den größten Kurssturz seiner Geschichte vollzogen, bevor er sich wieder stabilisierte. Coeure sagte, normalerweise seien Preiskorrekturen am Markt kein Grund zur Beunruhigung. Doch in diesem Fall sei es das Tempo, das ihm Sorge bereite.

Die EZB kauft seit März massenhaft Anleihen, um damit die aus ihrer Sicht unerwünscht niedrige Inflation anzuheizen und der lahmenden Wirtschaft auf die Sprünge zu helfen. Aktuell haben die Währungshüter bereits Wertpapiere für mehr als 122 Milliarden Euro erworben. Bis Herbst 2016 soll mehr als eine Billion Euro ins Finanzsystem gepumpt werden.

Quelle: ntv.de, sla/rts

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