Wirtschaft

"Es gibt keine Atempause" Bundesanleihen stürzen ab

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(Foto: picture alliance / dpa)

Der Kursverfall deutscher Staatsanleihen beschleunigt sich. Analysten gehen fest davon aus, dass es noch weiter nach unten gehen wird.

"Wir müssen uns an die Zeiten mit erhöhter Volatilität gewöhnen", hatte EZB-Präsident Mario Draghi am Mittwoch mit Blick auf die Märkte gesagt. Und der Blick auf den Anleihemarkt gibt ihm Recht – die zehnjährige Bundesanleihe gibt kräftig nach.

Bundesanleihe 10 Y
10-jährige Bundesanleihen 110,40

Die zehnjährigen Bundesanleihen rentierten am Vormittag bei rund 0,9 Prozent – und damit um zwei Basispunkte höher als am Vortag. Wenn bei Anleihen die Kurse fallen, steigen die Renditen.

Im historischen Vergleich sind die Renditen zwar noch immer außerordentlich niedrig, doch der rasante Absturz ist ungewöhnlich. Draghi habe spekulativ eingestellte Investoren eingeladen, auf steigende Renditen beziehungsweise fallende Kurse zu setzen, sagte Benjamin Feingold von Feingold Research gegenüber n-tv.de. "Auch an anderen Anleihemärkten kommen die Kurse unter Druck. Das Sentiment für US-Bonds rauschte auf den tiefsten Stand seit neun Jahren. Einer Umfrage zufolge setzen nur noch neun Prozent der Marktteilnehmer auf steigende Notierungen. Der vermeintlich sichere Hafen erweist sich nun als Falle", so Feingold. Die Rendite zehnjähriger US-Titel stehe auf dem höchsten Stand seit November 2014.

Kurse von Anleihen

Anleger können Anleihen nicht nur zum Zeitpunkt ihrer Emission und für die gesamte Laufzeit erwerben. Sie können auch bereits im Umlauf befindliche Anleihen mit geringerer Restlaufzeit von anderen Anleiheinhabern kaufen. Während der Laufzeit kann der Preis (Kurs) einer Anleihe, der in Prozent (des Nennwertes) gemessen wird, schwanken.

Der variierende Marktzins lässt bereits umlaufende Anleihen mit früher festgelegtem, fixem Kupon (Verzinsung) für Anleger als Geldanlage entweder attraktiver (bei sinkendem Marktzins) oder unattraktiver (bei steigendem Marktzins) erscheinen: Da Anleger nun bspw. in einem Umfeld eines höheren Marktzinssatzes neu begebene Anleihen mit höherem Kupon erwerben können, müssen früher mit niedrigerem Kupon begebene Anleihen im Kurs (Wert) fallen, um noch von Anlegern gekauft zu werden.

Quelle: Finanzagentur

"Es gibt keine Atempause", sagte Piet Lammers von der KBC Bank der Finanznachrichtenagentur "Bloomberg". "Es ist klar, dass sich die Stimmung in Sachen Bundesanleihen gedreht hat". Im April war die Rendite auf ein Rekordtief von 0,05 Prozent gefallen. Für die Bundesregierung bedeutet die Entwicklung: Begibt sie neue Anleihen, muss sie den Investoren mehr zahlen als bisher.

Gross bläst zum Halali

Bundesanleihen gelten wegen der hohen Kreditwürdigkeit Deutschlands als "sicherer Hafen" für Investoren und sind vor allem in unsicheren Zeiten gesucht. Mit Misstrauen hat der Ausverkauf aber offenbar wenig zu tun: Angesichts der Krise in der Eurozone und der Geldschwemme der Europäischen Zentralbank ist so viel Kapital in Bundesanleihen geflossen, dass sie sich wegen ihrer mageren Rendite nicht mehr lohnen.

Wegen des jahrelangen Ansturms auf deutsche Staatsanleihen sehen einige Ökonomen und Investoren die Gefahr einer Blase. Zu ihnen gehören der Wirtschaftsnobelpreisträger Robert Shiller und der "Bond-König" Bill Gross.

Gross hatte bereits im April zum Großangriff geblasen: "German 10yr Bunds = The short of a lifetime", verkündete der Starinvestor via Twitter. "10yr Bunds" sind zehnjährige deutsche Anleihen, eine "Short"-Position ist eine Wette auf ihren Wertverlust. Seitdem sind die Kurse tatsächlich kräftig gesunken. Hedgefondsmanager Jeffrey Gundlach, ein ähnlich einflussreicher Anleiheinvestor wie Gross, hat für "Bunds" derzeit ebenfalls nur einen Rat: verkaufen und am besten noch zusätzlich auf den Kursverfall wetten.

Quelle: ntv.de, mit dpa

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