Wirtschaft

Neues Puzzleteilchen Preisrückgang bringt EZB in Not

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(Foto: REUTERS)

Zündet die EZB die zweite Stufe? Erneut schwache Inflationsdaten schüren bei Marktteilnehmern Hoffnungen auf weitere Geldspritzen der Notenbank. Verbraucher dürfen indes frohlocken - Energie wird immer billiger.

Erstmals seit gut einem halben Jahr sind die Verbraucherpreise in der Eurozone wieder gesunken. Im März - dem bislang letzten Monat mit einer negativen Rate - hatte die Europäische Zentralbank (EZB) ihr massives Kaufprogramm beschlossen, um die Inflation anzufachen. In der Zentralbank selbst verweist man gerne darauf, dass die für die künftige Inflation wichtigen Inflationserwartungen gerade dann abzurutschen drohen, wenn sich die aktuelle Inflation dem Nullpunkt nähert. Die aktuellen Zahlen geben den Spekulationen über eine weitere Lockerung der Geldpolitik zusätzlichen Auftrieb.

Im September ist die jährliche Inflationsrate auf minus 0,1 Prozent zurückgegangen, wie die Statistikbehörde Eurostat in einer ersten Schätzung mitteilte. Volkswirte hatten mit einer Nullinflation gerechnet. Im August waren die Lebenshaltungskosten mit einer Jahresrate 0,1 Prozent gestiegen.

Energiepreise sinken um fast ein Zehntel

"Fallende Inflationserwartungen, eine wieder negative Inflationsrate und ein zu schwacher unterliegender Preisauftrieb dürften der EZB die Sorgenfalten ins Gesicht treiben", sagte Commerzbank-Ökonom Christoph Weil. "Die wieder zunehmenden Deflationsrisiken stützen unsere Erwartung, dass die EZB ihr Anleihenkaufprogramm ausweiten wird." Seit März kauft die EZB Wertpapiere für rund 60 Milliarden Euro.

Die sogenannte Kernteuerung, die besonders volatile Preise außen vor lässt, blieb im September stabil. Die Kernrate (ohne die Preise von Energie, Nahrungsmittel, Alkohol und Tabak) verharrte im September bei 0,9 Prozent. Das entsprach den Erwartungen von Ökonomen.

Der Hauptgrund für den derzeit sehr schwachen Preisdruck ist der niedrige Ölpreis. So mussten die Verbraucher im September 8,9 Prozent weniger für Energie zahlen als vor einem Jahr. Wegen der Konjunkturabkühlung in China und anderen Schwellenländern sowie einer Förderschwemme in einer Reihe von Erdöl produzierenden Ländern sind die Ölpreise seit Juni um rund ein Drittel eingebrochen.

Warten auf 2016

Die gesunkenen Ölpreise sind zwar für Konsumenten und Unternehmen gut, zugleich wird aber die ohnehin schon niedrige Inflation weiter gedämpft. Die EZB, die eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent anstrebt, muss sich deshalb verstärkt Sorgen über die schwache Preisentwicklung in der Eurozone machen.

Am Vortag hatten die Inflationsdaten aus Deutschland und Spanien bereits einen schwachen Preisdruck vorgezeichnet. In Deutschland sank der für europäische Vergleichszwecke berechnete Harmonisierte Verbraucherpreisindex (HVPI) auf minus 0,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in Spanien sogar auf minus 1,2 Prozent.

"Das ist ein weiteres Puzzleteilchen, dass die EZB näher an eine zweite Stufe der quantitativen Lockerung rückt", sagte Alexander Krüger, Chefvolkswirt des Bankhauses Lampe. "Die Inflationsentwicklung hat mit Blick auf die vergangenen Monate nun zum zweiten Mal spürbar nach unten überrascht, und die Aussicht auf eine Rate mit einer Eins vor dem Komma schwindet."

Der Experte rechnet damit, dass die EZB erst im März 2016 zur Tat schreiten wird - zum einen, weil Wertpapierkäufe ein Politikum sind und es innerhalb der EZB Widerstände gibt, zum anderen, weil die EZB derzeit noch eine optimistische Wachstumsprognose hat, die erst revidiert werden muss.

Quelle: ntv.de, jwu/mmo/DJ

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