Wirtschaft

Negative Inflation in Euroland Kommt jetzt die Deflationsspirale?

Wird die Eurozone in der Deflation versinken? Wohl nicht.

Wird die Eurozone in der Deflation versinken? Wohl nicht.

(Foto: REUTERS)

Die Inflationsrate der Eurozone fällt in den negativen Bereich. Damit wächst die Angst vor einer hartnäckigen Deflation.

Für Europas Zentralbanker ist das eine sehr unerfreuliche Nachricht: Die jährliche Inflationsrate in den 19 Euro-Ländern liegt erstmals seit einem halben Jahr wieder im Minusbereich. Um 0,1 Prozent ist das Preisniveau im September gesunken. Damit entfernt sich die Teuerungsrate noch weiter von der Zielmarke der Europäischen Zentralbank – und die Eurozone nähert sich der gefährlichen Spirale aus fallenden Preisen. Oder etwa nicht?

Einiges spricht dafür, dass es so weit nicht kommt. Zunächst haben die sinkenden Energiepreise einen großen Anteil daran, dass das allgemeine Preisniveau zurückgegangen ist. Sie lagen im September um fast neun Prozent unter dem Niveau des Vorjahres. Rechnet man die Energiepreise heraus, beträgt die Inflation im September ein Prozent.

Bundesbankchef Jens Weidmann drückte es so aus: "Ich bin unverändert der Auffassung, dass die Geldpolitik durch die energiepreisbedingten Inflationsschwankungen hindurchschauen sollte, weil sie vorübergehend sind und die Konjunktur durch ein Mehr an Kaufkraft ohnehin stärken." Es sieht nicht zudem nicht so aus, als ob Europas Verbraucher und Unternehmen in Erwartung künftig fallender Preise Konsum und Investitionen herauszögern - und dadurch tendenziell für weiter fallende Preise sorgen.

Stabile Preise

Die Europäische Zentralbank ist verpflichtet, für stabile Preise zu sorgen. Preisstabilität definiert die EZB allerdings nicht bei null Prozent Inflation, sondern bei einer mittelfristigen Steigerung des Preisniveaus "unter, aber nahe" zwei Prozent.

Die EZB will damit vor allem einen Sicherheitsabstand zur Deflation einhalten, also einen länger anhaltenden Rückgang des Preisniveaus vermeiden. Sie berücksichtigt damit auch, dass es zu leichten Messfehlern kommen kann. Eine gemessene Inflationsrate von Null könnte auf einen leichten Rückgang des tatsächlichen Preisniveaus hinweisen.

Die Zielmarke von zwei Prozent verfolgt einen weiteren Zweck: In der Eurozone gibt es Länder mit höheren und Länder mit niedrigeren Inflationsraten. Würde die EZB eine durchschnittliche Preissteigerung von null Prozent anstreben, müssten einige Mitgliedsstaaten entsprechend negative Raten aufweisen, um die Preissteigerung in anderen Staaten auszugleichen.

So hat sich die Wirtschaftsstimmung in der Eurozone im September deutlich aufgehellt. Der von der Europäischen Kommission veröffentlichte Sammelindex zur Einschätzung der wirtschaftlichen Entwicklung stieg auf 105,6 Punkte und damit stärker als erwartet. Das Verbrauchervertrauen im Euroraum liegt zwar mit minus 7,1 deutlich im negativen Bereich, hält sich aber stabil.

Außerdem deutet derzeit wenig darauf hin, dass das rückläufige Preisniveau in der Eurozone zu allgemein sinkenden Löhnen führt – und damit eine gefährliche Deflationsspirale auslöst. So haben die Arbeitnehmer in Deutschland zuletzt deutliche Lohnsteigerungen verzeichnet. Im zweiten Quartal lagen die Tariflöhne im Durchschnitt inklusive Sonderzahlungen um 3,1 Prozent höher als vor einem Jahr, wie das Statistische Bundesamt berichtete. Im gleichen Zeitraum lag die Teuerung nur bei 0,5 Prozent, so dass die Beschäftigten netto mehr Geld in der Tasche haben.

Dazu kommt, dass der Euro durch die ultralockere Geldpolitik der EZB tendenziell unter Abwertungsdruck steht. Ein billiger Euro verteuert Importe und erhöht prinzipiell die Inflation. Im September war die für den Währungsraum wichtige Geldmenge M3 um 4,8 Prozent gewachsen. Sie umfasst unter anderem Einlagen auf Girokonten, kurzfristige Geldmarktpapiere sowie Schuldverschreibungen. Steigt diese Geldmenge stark an, gilt das als ein Signal für zunehmende Inflationsrisiken.

Viele Fachleute rechnen damit, dass die EZB bei anhaltend niedrigem Preisniveau die Geldpolitik noch weiter lockern wird. Die Notenbank versucht derzeit, die Konjunktur im Euroraum mit Wertpapierkäufen in großem Stil anzuschieben. Im Monat gibt sie dafür bis zu 60 Milliarden Euro aus. Allgemein wird erwartet, dass diese Geldspritze auf bis zu 80 Milliarden Euro erweitert wird.

Es deutet vor diesem Hintergrund wenig darauf hin, dass dem Euroraum eine ausgewachsene Deflation bevorsteht. Gefordert ist die EZB dennoch, schließlich strebt sie eine Inflationsrate von knapp zwei Prozent an.

Quelle: ntv.de

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