Wirtschaft

EZB-Zinssenkungen und ihre Wirkung "Geldpolitik ist langsam am Ende"

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sieht nun den Staat in der Pflicht, den Investitionsmotor anzuwerfen.

Der Wirtschaftsweise Peter Bofinger sieht nun den Staat in der Pflicht, den Investitionsmotor anzuwerfen.

(Foto: dapd)

Nur wer leidet, der ändert sich. So scheint das Kalkül der Europäischen Zentralbank. Doch Wirtschaftsweise Peter Bofinger sagt: "Die Geldpolitik ist mit ihren Mitteln so langsam am Ende" Im n-tv.de Interview macht er klar, dass endlich ein anderer seine Pflicht erkennen muss.

n-tv.de: Die EZB will erneut an den Zinsen schrauben. Dabei kratzt der Leitzins bereits an den null Prozent. Wird eine weitere Zinssenkung nicht einfach verpuffen?

Peter Bofinger: Verpuffen wird sie nicht, denn für Banken hat sie den Vorteil, dass sie sich günstiger refinanzieren können. Und das ist sicher ein Beitrag zur Stärkung ihrer Ertragslage - auch in Anbetracht der Probleme, die viele Banken derzeit haben. Der Effekt ist natürlich nicht groß, weil das Ende der Fahnenstange mehr oder weniger erreicht ist.

Was passiert denn, wenn die Zinsen unter 0,25 Prozent fallen?

Es wird sich auf die Spareinlagen auswirken. Aber auch hier wird der Effekt nicht groß sein. Klar ist aber: Für die Sparer bedeutet das jetzt noch niedrigere Niedrigzinsen als bisher.

Aber dafür investieren jetzt die Unternehmen?

Das Erstaunliche in Deutschland ist ja, dass obwohl wir schon lange niedrige Zinsen haben, die Investitionsneigung von Unternehmen eher schwach ist. Und dabei haben Deutschland und auch andere Länder riesige Geldersparnisse. Die Frage ist, wie sich die Situation auflöst. Wie lässt man den Investitionsmotor wieder anspringen, um aus der Null-Zins-Phase wieder herauszukommen?

Was für Möglichkeiten gäbe es denn?

Die Geldpolitik selbst ist da mit ihren Mitteln so langsam am Ende. Es ist jetzt eher eine Aufgabe der Fiskalpolitik, diesen Investitionsmotor wieder in Gang zu kriegen, um aus der Null-Zins-Falle herauszukommen. Die Staaten müssen überlegen, ob sie nicht diese Niedrigzins-Phase nutzen sollten, um selbst stärker als Investor aktiv zu werden. Das wäre dann ein Beitrag, um das Zinsniveau nach oben zu ziehen. Wir freuen uns alle über die schwarze Null. Aber die schwarze Null heißt eben auch, dass der Staat nicht als Kreditnehmer und Investor auftritt. Damit trägt er dazu bei, dass die Zinsen niedrig bleiben. Nebenbei muss es Deutschland schaffen, über staatliche Anreize die privaten Investoren stärker als Nachfrager für langfristige Kredite zu interessieren.

Momentan sind jedoch die Sparer die Opfer, weil ihre Ersparnisse zusammenschrumpfen, oder?

Wenn man jetzt sagt, dass diese Zinssenkung schlecht ist für die Sparer, dann ist es eigentlich genau das, was man mit Zinssenkungen bezwecken möchte: Man versucht, zu hohe Geldersparnisse in Investitionen umzulenken. Wenn man das der EZB vorwirft und sagt "Du schädigst die Sparer", dann wird dabei vergessen, dass Zinssenkungen eben genau dieses Geldsparen unattraktiver machen sollen, um stattdessen einen Anreiz zu schaffen, in Sachvermögen zu investieren.

Welchen Vorteil können Sparer aus den niedrigeren Zinsen ziehen?

Wir haben jetzt ein Umfeld, in dem es sehr günstig ist, Hypothekenkredite aufzunehmen, um als Häuslebauer aktiv zu werden. Das hat sich nun zu einem gewissen Teil natürlich schon auf die Immobilienpreise niedergeschlagen. Aber wir in Deutschland sind weit von dem entfernt, was wir in Italien, Irland, Spanien oder den USA zu Boom-Zeiten erlebt haben.

Wie sehr werden die Negativzinsen die Banken beeinträchtigen?

Die praktische Relevanz ist sehr gering, weil die Banken in der Regel bestrebt sind, überhaupt keine freiwilligen Einlagen bei der EZB zu halten. Zudem ist der Betrag dieser Einlagen massiv zusammengeschrumpft. Es ist eher ein symbolischer Akt, ökonomisch ist es aber ein vergleichsweise geringer Betrag, auf den die Negativzinsen angewandt werden würden.

Mit Peter Bofinger sprach Tom Garus

Quelle: ntv.de

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