Wirtschaft

China kontert US-Zölle "Ab jetzt regiert die Unsicherheit"

Peking und Washington zündeln weiter. Der Handelsstreit gewinnt damit an Schärfe.

Peking und Washington zündeln weiter. Der Handelsstreit gewinnt damit an Schärfe.

(Foto: picture alliance/dpa)

Seit diesem Freitag sind die US-Strafzölle auf Importe aus China in Kraft. Peking rächt sich mit Gegenzöllen. "Es reicht", sagt Chefvolkswirt Schmieding n-tv.de. Der Schaden für die USA sollte ein Weckruf für Trumps Freunde im Big Business sein.

n-tv.de: US-Präsident Donald Trump schürt den Handelsstreit mit China weiter und hat nicht die erhoffte 180-Grad-Wende vollzogen. Die angedrohten Zölle greifen seit heute. Ist das bereits ein "Handelskrieg", wie Peking es nennt?

Holger Schmieding: Noch ist das Wort Handelskrieg etwas zu groß. Aber wenn Trump jetzt die chinesische Gegenwehr sofort wieder mit einem neuen Angriff beantwortet, dann wäre der Begriff angemessen.

Und wird Trump nachlegen?

Das ist die große Frage. Wenn er schlau ist, dann stellt er zwar neue Maßnahmen in Aussicht, gönnt sich und China aber erst einmal ein paar Monate für echte Verhandlungen.

Was bedeutet diese Entwicklung für Europa?

Direkt trifft sie die europäische Wirtschaft kaum. Der Spruch "Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte" passt allerdings ebenfalls nicht. Europäische Unternehmen, die in China oder den USA aktiv sind, können getroffen werden. Noch schwerer wiegt aber, dass Trump de facto das Regelwerk der Welthandelsorganisation WTO aushöhlt. Schwindendes Vertrauen in die Regeln wirkt wie Sand im Getriebe des Welthandels. Auf Dauer schadet das gerade den großen Welthandelsnationen wie Deutschland, auch wenn wir von den gerade heute verhängten Handelshemmnissen zwischen den USA und China direkt kaum betroffen sind.  

Welche Strategie verfolgt Trump? Denn wie es aussieht, schadet er ja der US-Industrie durch die von ihm provozierten Gegenzölle.

Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.

Eine echte Strategie ist kaum zu erkennen. Trump will China zwingen, einige unfaire Praktiken zu ändern. Damit hat er nicht ganz unrecht. China schützt geistiges Eigentum nicht hinreichend und diskriminiert oftmals systematisch ausländische Unternehmen. Aber leider geht Trumps Vorgehen weit über legitimen Druck hinaus. Um einem Teil seiner Wähler zu gefallen, will er Einfuhren aus China einschränken. Den Preis dafür müssen dann alle US-Verbraucher zahlen. Eine sinnvolle Strategie wäre es gewesen, gemeinsam mit Europa Druck auf China auszuüben. Aber das hat Trump leider abgelehnt. Stattdessen legt er sich lieber mit vielen Ländern gleichzeitig an. Seine Erfolgsaussichten erhöht das nicht.

Zumal die von Trump angefeindeten US-Handelspartner zusammenrücken und neue Handelsabkommen prüfen. Katapultiert Trump die USA ins Aus?

Ja, Trump isoliert die USA zumindest in Handelsfragen. Die USA sind zwar groß. Aber nicht groß genug, um dem Welthandel einseitig neue Regeln aufzudrücken. Im Außenhandel ist die ausfuhrstarke EU insgesamt sogar größer als die USA.

Der Zollkrieg verletzt eindeutig die Regeln der Welthandelsorganisation, China hat Beschwerde angekündigt. Kommt noch Hilfe von der WTO?

Hilfe von der WTO käme zu spät, um das aktuelle Problem zu beheben. Deshalb muss China selbst reagieren mit Gegenmaßnahmen im Rahmen der WTO-Regeln.

In Peking und Washington dürfte man jetzt innehalten und nachdenken. Rechnen Sie mit Zugeständnissen aus Peking?

Gegenüber China sitzen die USA letztlich am längeren Hebel. Als aufstrebende Industrienation braucht China den Zugang zum US-Markt und zu US-Technologie noch mehr als umgekehrt. Aber China kann durchaus einige Schmerzen verkraften. Es wird zwar einige Zugeständnisse anbieten. Aber einen ganz einseitigen "Deal" wird Trump auch gegen China nicht durchsetzen können.

Wann ist endlich genug?

Es ist längst mehr als genug. Hoffentlich werden Diskussionen um den Schaden, den die USA selbst erleiden, Trump noch vor den Nachwahlen zum Kongress im November auf einen weniger gefährlichen Kurs zwingen. Dass in den USA sehr über die EU-Gegenzölle auf Harley-Davidson Motorräder diskutiert wird, ist kein schlechtes Zeichen. Dort wächst die Einsicht, dass Trump letztlich hier erheblichen Schaden anrichtet.

Trump an den Streit angezettelt. Wird er ihn auch beenden?

Er wird ihn letztlich beenden müssen. Mit etwas Glück werden Republikaner im Kongress und Trumps Freunde im Big Business künftig mehr Druck auf ihn ausüben, als das bisher der Fall war, um ihn zur Vernunft zu bringen. Im Fall Nordkorea haben wir ja gesehen, dass Trump zu plötzlichen Volten durchaus in der Lage ist. Zunächst einmal regiert aber jetzt die Unsicherheit.

Mit Holger Schmieding sprach Diana Dittmer

Quelle: ntv.de

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