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Branchentöne in Moll Krise macht Klavierbauern zu schaffen

Klaviere sind zumeist Luxusgüter und in der Krise schwer zu verkaufen: Das bekommen die deutschen Klavierbauer zur Zeit zu spüren. "Die gesamte Branche ist betroffen", berichtet der Vorsitzende des Bundesverbandes Klavier Burkhard Stein. Vor allem durch den hohen Exportanteil von durchschnittlich 65 Prozent seien die Betriebe von der Krise stark in Mitleidenschaft gezogen. In Deutschland hingegen sei der Verkauf von Klavieren relativ stabil geblieben. Insgesamt habe die Branche Auftragsrückgänge von etwa 35 Prozent zu verschmerzen.
 
Deutschlands größter Klavierhersteller, die Traditionsfirma Wilhelm Schimmel Pianofortefabrik GmbH in Braunschweig, hat sogar Einbrüche von 40 Prozent. Ende Juli meldete Schimmel Insolvenz an. Schimmel hat vor allem den US-Markt bedient, zwei Drittel des USA- Geschäfts seien durch die Krise weggebrochen. Seit einigen Tagen sieht die Zukunft des Familienunternehmens nicht mehr ganz so düster aus. Der vorläufige Insolvenzverwalter Joachim Schmitz führt derzeit Gespräche mit Investoren, bereitet parallel aber auch den Insolvenzplan vor.
 
Ein kleiner Teil der 144 Beschäftigten muss wohl mit der Kündigung rechnen, die anderen mit Lohneinbußen. "Um die Kosten zu senken, wird die Arbeitszeit verlängert, im Gegenzug haben wir eine Arbeitsplatzgarantie verabredet", sagte Geschäftsführer Schimmel- Vogel. 2008 hatte das Familienunternehmen noch einen Umsatz von 23,8 Millionen Euro. Die Klavierbaufirma Schimmel wurde 1885 in Leipzig gegründet und 1929 nach Braunschweig verlegt.
 
Die Firma Seiler aus Kitzingen in Bayern hat dem Branchenverband zufolge bereits 2008 Insolvenz anmelden müssen, dort sei mittlerweile ein koreanisches Unternehmen eingestiegen. Die Leipziger Pianoforte GmbH habe ihre Produktion im August gar komplett eingestellt. Alle anderen Unternehmen, so hofft Stein, werden mit einem blauen Auge davon kommen.
 
Sehr groß ist die Branche nicht, gerade noch zwölf Unternehmen stellen in Deutschland Klaviere und Flügel her. Darunter klangvolle Namen wie Grotrian Steinweg aus Braunschweig, Bechstein aus Berlin oder Steinway aus Hamburg.
 
"Weltweit werden jährlich rund 450 000 Klaviere und Flügel hergestellt, davon mittlerweile 280 000 in China", berichtet Verbands-Vorsitzender Stein. Die Stückzahl der in Deutschland hergestellten Instrumente klingt dagegen sehr bescheiden - etwa 12 000 verlassen pro Jahr deutsche Werkstätten. "Allerdings sind die deutschen Instrumente sehr hochwertig, sie zählen in der ganzen Welt zur Spitzenklasse."
 
Stein ist zugleich Geschäftsführer von Grotrian Steinweg, neben Schimmel die zweite Braunschweiger Pianofabrik. Bei Grotrian Steinweg - dort arbeiten 60 Beschäftigte - sei der Umsatz im ersten Halbjahr um 15 Prozent zurückgegangen. "Wir bedienen weniger die USA, sondern Russland und Asien als Auslandsmärkte", begründet Stein den nicht ganz so herben Einbruch.
 
Große Hoffnungen setzt er auch auf den chinesischen Markt. Dort findet im Oktober in Schanghai die mittlerweile drittgrößte Musikmesse der Welt statt, die auch den deutschen Klavierbauern Aufträge bringen soll. Schimmel sei von der Stückzahl her der größte deutsche Klavierbauer. Er hoffe sehr, dass der Branchenprimus die Krise noch übersteht: "Wenn so jemand wegbricht, dann könnte es große Probleme bei den Zulieferern geben." Und davon wären wiederum alle Unternehmen der kleinen Branche betroffen.
 

Quelle: ntv.de

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