Wirtschaft

Wer bläst wem den Marsch? Fed gibt den Takt vor

In dieser Woche stehen die Notenbanker im Rampenlicht: Die US-Fed dürfte den Startschuss für das lange erwartete Anleihekaufprogramm geben. Die Märkte warten nicht nur mit Spannung auf die Details, sondern auch auf die Reaktionen aus Brüssel, Tokio und London.

Großbritanniens Notenbankchef King, Fed-Chef Bernanke und der Präsident der EZB, Trichet.

Großbritanniens Notenbankchef King, Fed-Chef Bernanke und der Präsident der EZB, Trichet.

(Foto: REUTERS)

Das Publikum ist gespannt wie lange nicht mehr auf diesen Auftritt: Binnen 36 Stunden entscheiden kommende Woche die vier wichtigsten Zentralbanken über ihren weiteren Kurs. Zunächst blickt die Finanzwelt am Mittwochabend nach Washington, wo die US-Notenbank Federal Reserve wohl ziemlich spendabel mit neuen Milliarden für die Wirtschaft das Konzert eröffnen wird.

Weiter geht es über den Atlantik nach London: Dort zieht am Donnerstag zunächst die Bank of England im Fokus. Danach blicken die Märkte nach Frankfurt, bevor am Freitagmorgen die Augen auf Tokio gerichtet sind.

Das Thema wird im Westen die Fed mit einem echten Paukenschlag vorgeben: Mit der anhaltende Jobmisere in den USA wird Notenbankgouverneur Ben Bernanke wohl begründen, dass er abermals die Notenpresse anwirft und für viele Milliarden Dollar Staatsanleihen kauft.

Dieses Szenario gilt als so gut wie sicher. Alles andere wäre eine faustdicke Überraschung und würde die Märkte kräftig durchschütteln. Offen ist allerdings noch, wie tief Bernanke in die Tasche greift. Zuletzt deutete sich an, dass es wohl nicht das von manchen erhoffte Mega-Paket über erneut knapp zwei Billionen Dollar werden dürfte. Allgemein wird nunmehr mit einem Volumen um die 500 Milliarden Dollar gerechnet, wobei sich die Fed die Option für weitere Käufe ausdrücklich offen lassen wird".

Am Donnerstag war bekannt geworden, dass die Fed selbst in einer Umfrage unter Banken ein Szenario über Ankäufe von bis zu einer Billion Dollar in den Raum gestellt hatte. Ob die Fed über die Käufe hinaus beginnt, aus Angst vor dem Abrutschen in die Deflation gezielt die Inflationserwartungen anzuheizen und sich länger als nötig auf ultraniedrige Zinsen festlegt, ist unklar.

Schwierige Partitur

Großbritanniens Notenbankchef Mervyn King dürfte einen sehr ruhigen Takt anschlagen. Die Hüter des Pfundes entscheiden sich wohl dagegen, ihr Ankaufprogramm wieder aufzunehmen und damit der Vorgabe der Fed zu folgen. Ein überraschend starkes Wachstum im dritten Quartal und steigende Preise sprechen dagegen, die Schleusen erneut zu öffnen - vorerst. "Die Bank von England hat noch Zeit, weil die wirtschaftliche Lage nach wie vor robust ist", sagt ein Analyst. Aber in der Partitur der britischen Zentralbank wartet eine schwierige Passage: Der harte Sparkurs der britischen Regierung dürfte das Wachstum belasten. "Es ist zu wenig zum Leben und zu viel zum Sterben", ergänzt der Analyst. Viele Experten gehen daher davon aus, dass King im kommenden Frühjahr seine Notenbanker aus der Pause holt.

Nur eine dreiviertel Stunde nach der Zinsentscheidung in der britischen Hauptstadt tritt in Frankfurt Jean-Claude Trichet ans Dirigentenpult. Er ist für den vielstimmigsten Chor unter den Notenbanken verantwortlich - den EZB-Rat. Der wird den Leitzins, der seit Mai 2009 bei einem Prozent liegt, wohl nicht antasten - und im Gegensatz zu den anderen Konzertanten wohl Hoffnungszeichen senden. Immer mehr Notenbanker betonten zuletzt, dass sich die Lage am Geldmarkt inzwischen so weit entspannt habe, dass mit dem wegen der Krise in Griechenland im Frühjahr unterbrochenen Ausstieg fortgefahren werden könne.

"Über verbale Signale hinaus, dass der Ausstieg weitergeht, wird nichts kommen", sagt ein Analyst. Vorerst dürfte die EZB daher auch daran festhalten, den Banken unbegrenzt Geld zur Verfügung zu stellen. Erst im kommenden Jahr sei damit zu rechnen, dass die Vollzuteilung bei den Drei-Monats-Tendern aufgegeben wird; bis die Zinsen angehoben werden, könnte es sogar bis 2012 dauern. "Ohne die lockere Politik der anderen würde die EZB stärker bremsen", so der Analyst weiter.

In Fernost hat Masaaki Shirakawa ein paar Stunden Zeit, darauf zu reagieren. Dem Gouverneur der Bank von Japan (BoJ) wird es jedoch vor allem darum gehen, zu verhindern, dass der von der Fed gesetzte Ton den Yen weiter nach oben treibt.

Zwar behauptet er, die überraschende Vorverlegung der Sitzung von Mitte auf Anfang November habe nichts mit der zu erwartenden weiteren geldpolitischen Lockerung der Fed zu tun. Doch so recht glauben mag das kaum jemand: "Die BoJ wird versuchen, die negativen Auswirkungen einer weiter gelockerten US-Geldpolitik abzufedern", meint der Chefökonom von Dai-ichi Life Research, Hideo Kumano. Das könnte die BoJ mit neuen Devisenmarktinterventionen tun, aber auch, indem auch Japan die Geldpolitik weiter lockert und noch mehr Geld in die Wirtschaft pumpt. Das wäre die Variation des von der Fed gesetzten Themas.

Quelle: ntv.de, rts

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