Wirtschaft

Joachim Hunold im Porträt Abschied vom Lebenswerk

Leute wie Air-Berlin -Chef Hunold sind rar geworden in der deutschen Wirtschaft. In der Luftfahrt er einer der wenigen echten Unternehmer-Pioniere. Und noch vor einem Jahr konnten sich weder seine Mitstreiter noch er selbst vorstellen, dass der heute 61-Jährige so schnell alles hinwerfen würde.

Joachim Hunold.

Joachim Hunold.

(Foto: picture alliance / dpa)

Joachim Hunolds Lieblingsgeschichte handelt von einem hemdsärmeligen Rheinländer. Dieser jagte den Amerikanern nach der Wende die Lufthoheit über Berlin ab und übernahm deren Fluglinie Air Berlin. Es ist Hunolds eigene Geschichte. 20 Jahre ist das nun her. Mittlerweile ist der anfangs US-geführte Ferienflieger die deutsche Nummer 2 hinter der Lufthansa.

Joachim Hunold ist Air Berlin, die Fluggesellschaft ist sein Lebenswerk. "Flugzeuge im Bauch, im Blut Kerosin" - die Botschaft aus einem früheren Werbelied des Unternehmens schien der Chef durch alle Höhen und Tiefen zu verkörpern. Doch nun hört der Kämpfer auf, und das in schwierigen Zeiten.

Das kommt überraschend. "Die Firma ist noch nicht da, wo ich sie gerne hätte", hatte Hunold immer wieder betont.  Wenn ich auf die vergangenen Jahre zurückblicke, muss ich sagen: Man ist nie an dem Punkt, wo man alles erreicht hat, was man wollte." Am Donnerstag hörte sich das ganz anders an: "Ich habe immer gesagt, es muss auch eine Zeit nach mir geben", sagte er unmittelbar nach seinem Rücktrittsangebot. Ein neuer, unbelasteter Mann habe es leichter, das laufende Sparprogramm durchzusetzen. "Die Maßnahmen sind eingeleitet, wir sehen, dass sie greifen." Nun wolle er einen "klaren Cut" machen.

"Eine Kämpfernatur"

Klare Kante - das war schon immer Hunolds Markenzeichen. Was die Branche dachte, aber sich nie zu sagen traute, Hunold sprach es öffentlich aus. Er nimmt nie ein Blatt vor den Mund, zu keinem Thema. Das macht ihn zum Dauergast in Talkshows. Hunold scheint nur Freunde oder Feinde zu kennen: Sein Interims-Nachfolger Hartmut Mehdorn gehört zu ersteren, während er den Verkehrsminister persönlich auf die Liste seiner Feinde setzte, als dieser eine Flugsteuer ankündigte. So gern Hunold austeilt, so schwer kann er aber auch einstecken.

Der vierfache Vater ist ein Mann, der die Offensive liebt, deutliche Worte und die Rolling Stones. Der gebürtige Düsseldorfer trägt den Karnevalsorden "Wider den tierischen Ernst" und es konnte vorkommen, dass er im Bordmagazin politische Kommentare schreibt. "Eine Kämpfernatur", heißt es oft über ihn.

Sein Jura-Studium brachte Hunold nicht zu Ende, stattdessen kellnerte er in der Düsseldorfer Altstadt. Später heuerte er beim Be- und Entladen der Maschinen am örtlichen Flughafen an, wechselt in den Verkauf des Ferienfliegers LTU, wo er schnell aufstieg.

Kursziel Null

Air Berlin baute er später durch Zukäufe - darunter sein alter Arbeitgeber LTU - immer weiter aus, doch seit drei Jahren schon verdient das Unternehmen kein Geld. Der Börsengang von Air Berlin 2006, der ihm Millionen brachte, machte Hunold aber zum Getriebenen der Märkte. Nur ein Jahr später stand die Firma in den Augen vieler Analysten und Journalisten unter der Last eines hohen Schuldenbergs am Rand der Pleite. Schlagzeilen machte ein Analyst, der das Kursziel für die Aktie kurzerhand auf Null setzte. Hunold schäumte, doch er hielt durch.

Der für 2012 anvisierte Beitritt zur großen "Oneworld"-Allianz um American Airlines und British Airways sollte den Durchbruch bringen und die Abhängigkeit vom Gedränge am Himmel über Europa verringern. Doch das wird Hunold nicht mehr als Air-Berlin-Chef erleben.

Für Gewerkschafter ist der Manager ein rotes Tuch. Lange hielt er Betriebsräte aus dem Konzern heraus und lehnte Tarifverträge ab. Umweltschützer kürten ihn zum "Dinosaurier", weil sie bei ihm das ökologische Gewissen vermissten. So ganz Abschied will der 61-Jährige von seiner Air Berlin nicht nehmen, er sitzt künftig im Verwaltungsrat. "Mir liegt das Unternehmen am Herzen", sagt Hunold.

Quelle: ntv.de, dpa/rts

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